Dr. Grctel Satow : Das Bodeneis in der Arktis. Tatsachen und Hypothesen.
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Zweitens die gesetzmäßige Verteilung des marinen Quartärs und des Steineises in Sibirien. Wo
marine Tone gefunden wurden, trat kein Steineis auf.
So hält Toll sie für verschiedene Faciesbildungen derselben geologischen Periode und faßt seine
Altersbestimmung in folgender Tabelle zusammen: (79. S. 76).
Jenisseitundra
Anabaratundra
Neusibirische Inseln
Süßwasser,sch ¡eilten
m. Wassermoosen, Sa-
lixrest. und Mammut
Süß wasserschichten
Sii ßwasserschichten mit Cyclas.
Valvala, Alnus fruticosa, Salix
sp. Betula nana, Mammut u. a.
Säugetiere
Marine Tone mit Gla
zialgeschieben
nicht mächtiges
Steineis
mächtiges Steineis
Moräne abradiert
Moräne
Moräne unbekannt
t
Die Tabelle besagt: der Vereisung folgte eiue marine Trausgression. Die erhaltenen Bodeneis
vorkommen auf den Neusibirischen Inseln stammen aus einer Zeit, als die Vergletscherung schon im
Abnehmen begriffen war. Die im Verhältnis zur heutigen Meeresausdehnung größere und wärmere
Wasserfläche erzeugte einerseits noch soviel Niederschläge, daß die riesigen Firnschneefelder ent
stehen konnten, andererseits schuf sie bald anschließend ein milderes Klima, dessen Zeugen die See
ablagerungen mit Cyclas und Ainusresten darstellen. In diese Postglazialzeit fällt das Auftreten der
Mammuts, für die günstige I.ebensbedingungen herrschten. Sie konnten damals trotz vorhandener
Gletscher ein weites Land, das nicht arm an Weideplätzen war, durchstreifen, zumal die Inseln noch
mit dem Festland zusammenhingen und dieses sich „über den Pol bis zum amerikanischen Konti
nent“ erstreckte. Die Zerstückelung des Landes und der Eintritt kälterer Meeresströmungen verur
sachte eine Veränderung des Klimas. Gleichzeitig mit der Senkung des Landes verringerte sich, wäh
rend die Kälte zunahm, die Anhäufung der Schneemassen. Die Flora verkümmerte, und die Tierwelt
starb allmählich aus. da sich ihre W ohngebiete sehr verkleinerten. Die Leichen der Tiere wurden
auf Flußterrassen oder an Ufern von Seen und vom Inlandeis abgelagert und überschlemmt. Sie
sowohl wie das Eis konnten sich dank der dauernden oder sogar zunehmenden Kälte bis heute er
halten.
Außerdem meint Toll, spricht gegen Bunges Spaltentheorie, daß an den Neusibirischen Eispro
filen trotz eines jährlichen Landverlustes von 6 Fuß, in 23 Jahren 46 m, der Bau der Schichten vor
und nach Zurücktritt der Küste genau derselbe geblieben ist, daß das Eis also eine Mindesterstreckung
von 40 m gehabt hätte. (79. S. 56).
c) Herz und Tolmatsehew: Zu einer anderen Entstehungstheorie gab das von Herz 1901 bei der
Ausgrabung eines Mammuts gefundene Bodeneis an der Beresowka, dem Nebenfluß der Kolyma.
Anlaß. Die mitgebrachten Eisstücke und auch ein Teil der Herzschen Beobachtungen wurden von
Tolmatsehew bearbeitet. (82).
Die Terrasse, in der die Knochen gefunden und der die Eisproben entnommen wurden, wies fol
genden geologischen Bau auf:
1) oben liegt eine Erdbodenschicht 50—50 cm mächtig.
2) darunter liegen Tonlagen mit vielen Gerollen, gewöhnlich von mäßiger Größe, ihren petro-
graphischen Eigenschaften nach den Gesteinen der umliegenden Berge entsprechend mit einer
Mächtigkeit von 2—4 m. Mit den Gerollen kommen in dieser Schicht Holzstücke und Knochen
zusammen vor. Durch diese Tonmassen ziehen sich Eisschichten mit einer ausgesprochenen
Schichtung von 15—18 cm Dicke.
3) unter den Tonschichten liegt Eis, welches eine Wand von 5—7 m Höhe bildet.
Mit der Eiswand ist der Aufschluß abgeschnitten, da weiter nach unten schon Abrutschgebiet
kommt, welches die ganze Böschung der Terrasse einnimmt.