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Full text: 49, 1930/1931

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 49. ßd. Nr. 5. 
schildert wurde. Er kam zu dem Schluß, daß, wenn dieser Vorgang durch genügend lange Zeiträume 
andauert, sich solche Eismassen wie auf den Neusibirischen Inseln angesammelt haben könnten. 
Die Begründung für die Richtigkeit seiner Anschauung sieht er darin, daß das neusibirische 
Bodeneis an manchen Stellen die Zusammendrückung der Schichten aufweist, wie sie für die frost 
spaltendurchzogene Tundra charakteristisch ist, (s. voriges Kap.). Vergleiche wie z. B. die Bilder 
von der Janamündung und der Gr. Ljachowinsel (16. S. 546), die Bunge für einen Beweis hält, daß 
dieses Bodeneis eine Infiltration in den Eisboden darstellt. Schreitet der Vorgang weiter, so komme 
es schließlich dahin, daß das Bodeneis den Boden fast vollkommen ersetzt und dieser sich nur noch 
m Einschlüssen darin vorfindet. (Zustand der Neusibirischen Inseln). 
Dadurch, daß dieser Prozeß seit der quartären Eiszeit, wahrscheinlich schon seit dem Jungtertiär 
(Pliozän) in Sibirien wirksam ist und unausgesetzt das atmosphärische Wasser festlegte, dachte sich 
Bunge diese Eismassen entstanden. (9. und 91. S. 252). 
Zu anderem Schlüsse kam 
b) Baron v. Toll: Da Bunge nur von in Spalten gefrierendem Schmelzwasser sprach, müßte nach 
seiner Meinung auf solche Art entstandenes Bodeneis die Merkmale des Wassereises, also Säulchen- 
struktur, zeigen. 
Die Kornstruktu r. die \ erteilung und der jährliche Landverlust des Bodeneises ließen doll 
zu der Ansicht gelangen, daß die gesamten Niederungen der Neusibirischen Inseln und das damals 
mit ihnen noch zusammenhängende Festland von einer Eisdecke überzogen waren, aus der die Gipfel 
als Nunatakr herausragten, welche das Firnfeld einer mächtigen Inlandeisdecke darstellten. 
Die ungeheure Kälte des arktischen Sibiriens ließ nur ein geringes Wachstum der einzelnen Eis 
körner zu. so begründet er die Kleinheit der Körner, (siehe Drygalski 14. S. 504). Die Inlandeis 
decke hielt sich infolge der anhaltenden Temperatur unter 0" so lange, bis die von den Schmelz 
wasserbächen zerrissene Eisoberfläche durch die Wirkung von Wind und Wasser allmählich mit ter 
restrischen und lakustrisehen Bildungen überdeckt wurde. Spalten und Kanäle wurden allmählich 
mit dünnem Eise, Sand und Lehm schichtweise ausgefüllt, oder die Schichten schlossen sich wieder, 
nachdem teilweise Ablagerung stattgefunden hatte. Darüber legten sich die Absätze austrock 
nender Seen mit ihren Faunen, teilweise über das Eis hinübergreifend, oder auch Sumpfbildungen, 
die auf dem undurchlässigen Boden über dem Eise entstanden. 
Ueber dem Torf der Sümpfe endlich, auf neu angeschwemmtem Lehm- und Sandboden, siedelte 
sich heutige Vegetation an. Das Alter bestimmte er nach den stratigraphischen Verhältnissen als 
postglazial: 
1) nach dem Schichteninhalt und 
2) nach einer fraglichen Grundmoräne. (79. S. 59). 
An der Südkiiste der großen Ljachowinsel fand er 1893 beim zweiten Aufenthalt auf den Neusibi 
rischen Inseln einen Aufschluß, wo das Hangende eine 3X> m mächtige Torf- und Lehmschicht bil 
dete. Und zwar setzte sie sich von oben nach unten folgendermaßen zusammen: 
t) eine aus Wasserntoosen u. a. zusammengepreßte Torfdecke. 
2) eine gefrorene, sandige Lehmschicht mit Ainus frutieosa. Salix sp.. einer Scapula von Lepus sp. 
3) ebensolche Schichten mit Pisidium sp. und Valvata sp. 
Der Liegende dieser Schicht war verdeckt. 
Das Ueberraschende war der Fund von Ainus frutieosa. die äußerst gut mit noch an den Zwei 
gen der Bäume festhaftenden Blättern erhalten war. Er zeigte ihm deutlich, ..daß hiev auf der großen 
Ljachowinsel unter 74 0 n. Br. zu der Zeit eine Vegetation herrschte, die heute vier Grade südlicher 
auf dem Festlande ihre Nordgrenze erreicht, und daß diese Reste keineswegs von weither ange- 
schwemmt sein konnten, sondern hier an Ort und Stelle gewachsen sind.“ (79. S. 60). 
Zur weiteren Altersabgrenzung benutzt Toll erstens das Vorkommen von Moränen. Unter dem 
neusibirischen Bodeneis konnte er keine entdecken, wohl aber glaubt er eine Moräne unter dem 
weniger mächtigen Steineis des Anabarabusens unter 73 0 n. Br. nach.weisen zu können: „eine sandige 
Moräne von großblöckigen, scharfkantigen und auch kleineren gekritzten kristallinen Geschieben. ' 
(79. S. 75 und 78. S. 156).
	        
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