messungen und andere Beobachtungen auf einer flugwissenschaftlichen Forschungsreise nach Rio de Janeiro und dem La Plata. 79
Besondere Windverhältnisse um den gewaltigen Klotz der Insel Madeira herum sind
schon durch P. P e r 1 e w i t z auf der 4. Forschungsfahrt der Deutschen Seewarte bekannt gewor
den. ‘) Während aber P e r 1 e w i t z das von ihm beobachtete starke Auffrischen des NE-
Windes auf der Westseite der Insel als überwiegend thermischen Ursprungs erklärt, indem er den
überhitzten Inselbereich wie ein zyklonales System ansieht, hat S e i 1 k o p f auf das Zusammen-
rirängen der Stromlinien am Rande des um- und überströmten Insclklotzes als einfachere Er
klärung hingewiesen.')
Am Tage vor Madeira war auf unserer Fahrt der NE-Passat allmählich und langsam über
NNE bis NzW gegangen. Am frühen Morgen des 10. März näherten wir uns von Süden her der
Insel Madeira und steuerten den Hafen von Funchal an. Dabei drehte der Wind plötzlich von
nördlichen auf östliche Richtungen. Um 7,00 Uhr, als wir schon die Reede von Funchal anliefen,
wurde ENE 8 m/sec notiert. Die „Sierra Ventana“ ankerte auf der offenen Reede, einige hundert
Meter vom Strand entfernt. Mittags 14,00 Uhr wurde an Bord SE - Wind festgestellt. Der Wind
blieb während der Liegezeit im Hafen SE. Gegen 16,00 Uhr lichtete die „Sierra Ventana“ die
Anker und setzte ihre Fahrt um die SE-Ecke der Insel und an ihrer E-Scite entlang fort. Der
Wind drehte dabei von SE über E und NE, bis mit NNW die störungsfreie Richtung wieder
erreicht war.
Für die Beurteilung der Strömungsvorgänge um Madeira ist die Höhenwindmessung von
ausschlaggebender Bedeutung, die wir im Hafen von Funchal von Bord des Schiffes aus machten.
Diese ergab um 14,50 Uhr:
Unten: SEzS 2 m/sec 1000 m: SW 4 m/sec
200 m: SzE 4 m/sec 2000 m: NNW 10 m/sec
500 m: S 4 m/sec 2500 m: NzW 12 m/sec.
Madeira ist ein steil aufragender Bergblock, der in einer höchsten Erhebung von 1850 m
gipfelt. Die mittlere Plateauhöhe wird ungefähr 1200 m betragen. Bis zu dieser Höhe setzt
auf der Südseite, der Leeseite, ein südlicher Strom gegen die Insel. Die südlichen Winde begannen
in 1200 m über West auf die ungestörte N-Richtung zu drehen. Von 1500 m ab weht diese
Nordströmung bereits und zwar in einer dem Zusammendrängen der Stromlinien über der Insel
entsprechenden Beschleunigung, die ein Vergleich mit dem ungestörten Nachmittag-Piloten er
kennen läßt.
Um 17,30 Uhr desselben Tages wurden nämlich auf 32" 48’ N und 16° 31’ W die folgenden
Windwertc ermittelt:
Unten:
NNW
7 m/sec
2000 m:
NWzN
8 m/sec
200 m:
NzW
8 m/sec
3000 m:
NW
11 m/sec
500 m:
NNW
5 m/sec
6000 m:
NWzW
11 m/sec
1000 m:
NW
7 m/sec
8000 m:
NWzW
18 m/sec
1500 m:
NW
8 m/sec
Die Theorie von P e r 1 e w i t z verlangt auf der Südseite der Insel, speziell vor Funchal,
westliche bis nordwestliche Winde, als Resultante zweier verschiedener Kräfte, auf der Ostseite
sogar Windstillen. Keine von diesen Forderungen fanden wir erfüllt. Auf der Südseite setzen als
notwendige Leewinde südliche Strömungen gegen die Insel. Und sobald die mechanischen Ein
flüsse der Insel aufhören, weht die alte ungestörte nordnordwestliche Trift. Mag man Kärmän-
Wirbel oder sonstiges zur Erklärung der beobachteten Windablenkungen heranziehen, sicher ist,
daß im Lee eines von Nordwinden übcrstrichenen Hindernisses südliche Winde als Ersatz gegen
') P. Perle witz: Einfluß hoher Inseln auf Wind und Wetter in der Umgebung. Annalen d. Hydr. 1925, Seite 286 und
Derselbe: Höhenwindmessungen und andere Beobachtungen zwischen dem Kanal und dem I,a Plata März bis Juni 1924.
Archiv der Deutschen Seewarte. 45. Band. Heft 3.
*) am selben Orte citiert.