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Full text: 49, 1930/1931

messungen und andere Beobachtungen auf einer flugwissenschaftlichen Forschungsreise nach Rio de Janeiro und dem La l’lata. 77 
Die Fahrt der „Sierra Ventana“ ging an der Westseite der Insel entlang, dort wo die steil 
abfallende Küste eine große Annäherung des Schiffes zeitweise auf wenige hundert Meter 
gestattet. Am Nachmittag hatte es aus ESE geweht mit 4 m/sec Geschwindigkeit. Im Bereich 
der Insel wurde längere Zeit mit dem Anemometer gemessen. Es zeigte sich kräftige Zunahme 
und starke Böigkeit. Teilweise steigerte sich der Wind auf 16 m/sec; im Mittel war er 12 m/sec. 
Außerhalb des Einflußbereichs der Insel wurden um 21,00 Uhr wieder nur 3 m/sec Windstärke 
gemessen. 
Den Flugzeugen, die nach langer Ozeanüberquerung sich in Nähe der einzigen Siedlung 
auf der Westseite der Insel geborgen glauben, droht noch beim Niedergehen Gefahr durch Stoß 
winde und Fallböen, in denen der östliche Passat nach Ueberstreichen der Insel im Lee auf die 
Wasserfläche niederfällt. 
Diese Gefahr besteht in erhöhtem Maße im Bereich der von uns passierten Kap-Verden- 
Inseln, die schon im vorigen Absatz bei Beschreibung der Wetterbeeinflussung eine große Rolle 
spielten. Die Strömungsvorgänge in den bodennahen Luftschichten waren hier äußerst inter 
essante. Wie schon im vorigen Absatz geschildert, näherten wir uns auf „Sierra Ventana“, am 
6. März von Süden kommend, den Kapverdischen Inseln. Um 11,00 Uhr war die höchste Insel 
„Fogo“ sichtbar geworden. Um 11,45 Uhr erfolgte auf etwa 14° 25’ eine Drehung des bisherigen 
NE-Passats auf N; und zwar erfolgte diese Drehung so plötzlich, daß das Schiff vor dem Winde, 
den es auf einmal fast querein backbord bekam, sich etwas seitwärts legte. Die Geschwindigkeit 
blieb zunächst noch die gleiche (11 m/sec), die der schon vorher recht lebhafte NE-Passat gehabt 
hatte. Um 13,30 Uhr hatte auf 14° 35’ N der Wind mächtig zugenommen, so daß auf dem oberen 
Deck Sonnensegel und alles bewegliche einen lebhaften Tumult aufführte. Die Windgeschwin 
digkeit betrug sicher 14—18 m/sec und erreichte ihr Maximum, als wir etwa gegen 14,30 Uhr 
den kleinsten Abstand von „Fogo“ hatten. 
Der Wind, immer noch aus NzE bis NNE, nahm wieder ab, sobald „Fogo“ links hinter 
uns zurückblieb. Er schlief fast ganz ein, als wir am weiteren Nachmittag in den Windschatten 
von „Säo Thiago“ kamen. Säo Thiago, das kahl und gelb aus den Fluten taucht, macht den 
Eindruck, als hätte eine unsichtbare Gewalt ein Stück afrikanischer Steinwüste hier weit in den 
Ozean hinausgeschleudert. Seine wild zerrissenen Gebirge mit Schluchten und hohen Felswänden 
geben dem Passat bald Gelegenheit, sich aufs Wasser herabzustürzen, bald schirmen sie ihn weit 
vom Ufer hinaus vollständig ab. So wechselten auf unserer Fahrt der Küste entlang windstille 
Gebiete mit solchen plötzlicher starker Böigkeit. Die See war bald spiegelglatt, dann wieder wie 
mit einem Strich abgeschnitten von weißen Schaumkämmen gekrönt. Man kann sich denken, daß 
dieser sprunghafte Wechsel der Windströmungen anwassernden Flugzeugen besonders gefährlich 
werden kann. 
Die hier geschilderte Ablenkung und Zunahme des Windes zwischen den Inseln Fogo und 
Säo Thiago ist ein typisches Beispiel einer Schlauch- oder Düsenwirkung. An den hohen Felsen 
Säo Thiagos erfolgt zunächst ein Stau des fast senkrecht auf sie setzenden NE-Passats. Im Lee 
der Insel finden dann die geschilderten Vorgänge statt. Weiter bildet dann das hohe Fogo ein 
neues Hindernis, das wie eine Klippe in den Windstrom hineinragt. Dieser teilt sich an ihr und 
strudelt in der Enge zwischen den Inseln weiter südwärts, aus seiner Richtung abgelenkt und in 
verhältnismäßig schmalem Bette mit erhöhter Geschwindigkeit. Daher die Ablenkung des NE-
	        
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