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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49. Bei. Nr. 3.
Februar wiederum eine von Nordosten her einsetzende Zunahme der Eisbesetzung im Ostgrönlandstrome
fühlbar wird. Während nun einerseits sowohl Eisberge, als auch Treib- resp. das Packeis eine große
Gefahr für eine evtl, notwendig werdende Notlandung bilden, kommt dies für die ersteren auch schon
während des Fluges in Betracht, da die ostgrönländischen Eisberge sehr häufig von recht imposanter
Höhe und Ausdehnung sind. Man kann sich leicht vorstellen, was für eine Gefahr ein Eisberg dieser
Größe für den Flugbetrieb bildet, besonders wenn geringe Wolkenhöhen und womöglich noch schlechte
Sichtverhältnisse vorhanden sind. Ganz abgesehen von der Möglichkeit, bei unsichtigem Wetter während
des Fluges mit einer solchen Eismasse zu kollidieren, dürfte es auch wenig angenehm sein, in der Nähe
einer solchen zur Notlandung gezwungen zu werden, und zwar besonders dann, wenn der Eisberg bereits
gestrandet ist oder durch Tiefenströme eine abweichende Fahrtrichtung erhält und man durch Wind,
Oberflächenstrom und Seegang dagegen getrieben wird. Die kräftige Brandung, die selbst schon bei
mäßigem Seegang an einem solchen Eisberge steht, dürfte in solcher Lage wohl in den weitaus meisten
Fällen verhängnisvoll werden.
Dieser Verteilung der Meeresströmungen entsprechend lassen sich im ganzen drei Klimazonen 3 ) 4 )
unterscheiden, die sich auf die drei Punkte Färöer, Island und Grönland verteilen. Die ersteren liegen
noch ganz im Bereiche des warmen Golfstrom-Ausläufers und haben demgemäß ein mildes ozeanisches
Inselklima mit stark wechselnden Windrichtungen und reichen Niederschlägen, während die ostgrön
ländische Küste infolge ihrer Lage im Bereiche des kalten Ostgrönlandstromes schon einen rein arktischen
Klimatypus besitzt. Die Insel Island nimmt zwischen beiden eine gewisse Mittelstellung ein 5 ), jedoch
dürfte ihr Klima sich im Allgemeinen mehr dem ozeanischen Charakter nähern, da ihre Küsten ebenfalls
zum größten Teile von Golfstromausläufern beherrscht werden. Hier aber macht sich schon bemerkbar,
daß sowohl die kalten als auch die warmen Meeresströmungen in ihrer Energie stark wechseln, so daß
ihre gegenseitigen Abgrenzungen ihren Platz ständig verändern, womit gleichzeitig an den Küsten von
Island eine große Mannigfaltigkeit hinsichtlich der Eisverteilung aufzutreten pflegt. Anhaltende nörd
liche Winde können die Abzweigung des Ostgrönlandstromes so verstärken, daß er den Irmingerstrom
ganz zurückdrängt und an der Nordküste große Eisanhäufungen 6 ) verursacht, die sich unter ungünstigen
Umständen auch der West- und Ostküste mitteilen können, so daß dann die Temperaturmittel gegebenen
falls bis zu 10° unter den normalen Werten liegen 7 ).
b) Die einzelnen Klimafaktoren.
1. Die Windverhältnisse 8 ) 9 ).
Hinsichtlich der Windverhältnisse ergeben sich einige grundlegende Unterschiede zunächst zwischen
Island und den Färöern. Diese Verschiedenheit hat ihren Ursprung in der Lage beider Stellen zu den
mittleren Bahnen der Großdruckgebilde, besonders der Depressionen. Während diese die Insel Island
wohl meist auf deren Südseite umgehen, ist dies bei den Färöern nur verhältnismäßig selten der Fall,
nämlich dann, wenn die Depressionen ihren Weg von Island her nach den britischen Inseln nehmen oder
aber, -wenn sie von den mittleren Breiten des Atlantik her gegen diese Stelle vorstoßen. Dieser Fall scheint
aber, wie man aus den Windkarten Tafel 19, Abb. 4—8 ersehen kann, nicht häutig zu sein, da die Depres
sionen von Südisland her in der Regel gegen die mittlere oder nördliche norwegische Küste hin wandern.
Demgemäß bleibt Island in vielen Fällen an der Nordseite der atlantischen Tiefdruckgebilde, wobei aller
3 ) Hann, Handbuch der Klimatolagie, Stuttgart 1911, Bd. III, S. 607.
4 ) Reiehsmarineamt, Die Färöer, Berlin 1918, S. 58.
5 ) Hann, Handbuch der Klimatologie, Stuttgart 1911, Bd. III, S. 607.
6 ) Hann, Handbuch der Klimatologie, Stuttgart 1911, Bd. III, S. 611.
7 ) Hann, Handbuch der Klimatologie, Stuttgart 1911, Bd. III, S. 611.
8 ) Reichsmarineamt, Island, Berlin 1919, S. 60—62.
9 ) Reichsmarineamt, Die Färöer, Berlin 1918, S. 60 —63.