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Full text: 46, 1928/1929

Prof. Dr. K. Knoch und Dr. A. Lohr: Höhenwindmessungen auf dem Nordatl. Ozean und dem Karibischen Meer 1927. 7 
Frühstunden des S. Mai, des Landungstages in der offenen Bucht von St. Marc auf Haiti, der jegliche 
Hafeneinrichtungen fehlten. 
Der Aufenthalt zog sich hier bis zum 6. Mai hin. Trockenes, meist nur von hoher Bewölkung 
begleitetes Wetter gestattete die Erreichung großer Höhen beim Pilotieren. Da die Bucht im Lee der 
Passatströmung war, steigerte sich die Schwüle bei der geringen Luftbewegung sehr, obgleich die 
Schattentemperatur nur wenig über 30° lag. Die Verfasser konnten deshalb auch nachfühlen, wie das 
Einsetzen der Brisen, und zwar sowohl der Land- als auch der Seebrise, sehnlich erwartet und als an 
genehm empfunden ivurde. 
Die Tage in St. Marc boten neben der Erledigung des Arbeitsprogramms noch Gelegenheit zu 
einem flüchtigen Einblick in das Leben der Negerbevölkerung und die Natur der Landschaft. 
Die Niederschlagsverteilung auf Haiti zeigt unter dem Einfluß passatischer Strömungen starke 
Gegensätze. Die im Lee gelegene Bucht von St. Marc empfängt im Durchschnitt nur wenig mehr als 
900 mm, während das an der Nordküste gelegene Kap Haiti 1550 mm und die Nordflanken der Gebirgs 
züge im Innern sicher bis zu 2500 mm Niederschlag empfangen. Der Jahresgang der Niederschläge 
zeigt gleichfalls der Lage zu den regenbringenden Winden entsprechend starke Gegensätze. In St. Marc 
pflegt die Regenzeit im Laufe des Mai einzusetzen (Monatsmittel 120 mm) und bis in den Oktober an 
zuhalten. Es war für die Arbeiten der Expedition sehr günstig, daß sich ihr Beginn im Jahre 1927 
verzögerte. 
Der Wetterlage nach waren es Passattage, die die Verfasser auf Haiti erlebten, ohne daß sie aller 
dings in den Strömungsverhältnissen der untersten Schichten zum Ausdruck kommen konnten, da St. 
Marc im Lee der die Insel durchziehenden Gebirgszüge liegt. Ausgesprochen passatische Witterung 
brachten aber die nächsten Tage, an denen der Dampfer durch die Straße zwischen Haiti und Kuba 
mit Nordkurs dem offenen Ozean zusteuerte. Diese Straße führt den Namen „V, mdward Passage“, und 
sehr mit Recht, wie ein kräftiges Auffrischen der hier in ihrem Bette eingeengten Passatströmung bewies. 
Der 8. Mai, an dem nach Passieren der Caicos-Passage zwischen der Caicos und der Mariguana 
Insel die äußere Inselkette durchfahren und der Ozean erreicht worden war, war ein ganz besonders 
typischer Passattag mit sehr guter Sicht und den bekannten leichten Passatcumuli, die „wie an einer 
Schnur aufgereiht“ in Reihen den Himmel überzogen. Es kam nicht zu Regenschauern, sondern im 
Gegenteil fand mittags eine starke Auflösung der Cumuli statt. In dieser Gegend des Passats scheinen 
stärkere Regenschauer überhaupt nur an Störungen im Gefolge von einströmender polarer Luft ge 
bunden zu sein. Eine solche Störung war es sicher auch, die am 9. Mai unter etwa 25° N. Br. eine 
Regenbö mit Wasserhose brachte. Die Wetterlage zeigte deutlich einen weit nach Süden vorstoßenden 
Tiefdruckausläufer, auf dessen Rückseite polare Luftmassen östlich der amerikanischen Küste nach Süden 
geführt wurden. Diese erste Bö am Morgen w r ar nur der Vorläufer zu einem ausgesprochenen Wetter 
umschlag, der nachmittags eintrat, als die Tiefdruckrinne über das Schiff hinwegzog. Nach Durchstoßen 
der Regenzone glitt dieses in einen Polarluftkörper hinein mit seinen typischen Eigenschaften: Klarheit, 
Bewölkungsabnahme und dem charakteristischen Verlauf der unruhig gezackten Feuchtigkeitskurve. Am 
11. Mai nachmittags w r ar diese Zone aber bereits durchfahren, der Wind drehte aus seiner östlichen 
Richtung immer mehr herum, hielt sich zunächst noch auf S, drehte dann aber weiter bis auf SW. 
Damit waren die Subtropen endgültig verlassen. Die weitere Fahrt gehört der Westwindzone an. 
Typische Tropikluft brachte entschiedene Verschlechterung der Sicht und auch zeitweise stärkere Be 
wölkung mit sich. Diese Lage blieb bis zum 16. Mai früh etwa die gleiche, während das Schiff mittler 
weile mit NE-Kurs 40° N erreichte. Interessant war dabei die Tatsache, daß die Reiseroute sehr nahe 
an das über der Neufundlandbank liegende Nebelgebiet heranführte, von dessen Existenz aufgefangene 
Meldungen der auf Neuyork-Kurs liegenden Schiffe berichteten. Mit diesem Nebelgebiet hing sicher 
ein Wolkengebilde zusammen, das am 13. und auch am 14. gegen Abend nach Auf reißen der unteren 
Wolkendecke in NW und W gesichtet werden konnte. Während im übrigen die untere Bewölkung ver 
schwand, blieb in jener Gegend des Horizontes geschlossener Str.-cu liegen, der mit scharfer Begren
	        
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