Prof. Br. K. Knock und Dr. A. Lohr: Hökenwindmessungen auf dem Nordatl. Ozean und dem Kiaribiscken Meer 1927. 5
Nachdem am 19. die Verbindung mit den höheren Breiten durch einen Hochdruckrücken unterbrochen
war, hörte die Böenbildung vollkommen auf. Die See vor Trinidad war morgens ölglatt. Ein schwa
cher Nordwest stand auf das Land zu und hüllte die Bergzüge bis rund 900 m hinab in Wolken ein.
Nachmittags rückte unter dem Einfluß der Landerwärmung die untere Wolkengrenze in die Höhe und
brach vorübergehend stärker auf.
Ein kurzer Landausflug vom Hafen von Port of Spain aus erlaubte einen, wenn auch nur flüch
tigen Einblick in eine gut verwaltete englische Kolonialstadt, und eine Fahrt auf die Höhen östlich
des Ortes bot eine Übersicht über die Westseite der Insel. Nach den Aufzeichnungen der bis zum
Jahre 1862 zurückreichenden Reihe „Royal Botanic Gardens“, dicht bei Port of Spain, und der gleich
falls nahe gelegenen nächstältesten Beobachtungsstelle „St. Clair Experiment Station“ fallen hier rund
1500 mm Niederschlag im Jahr, die hauptsächlich in einer von Juni bis Dezember dauernden Regenzeit
niedergehen. Sie lassen eine Vegetation tropischen Charakters entstehen, die gegenüber dem, was die
Expeditionsteilnehmer später noch in dem Trockengebiet der venezolanischen Küste zu sehen bekamen,
als üppig zu bezeichnen ist.
Die Fahrt zwischen Trinidad und La Guayra an der Küste entlang stand offenbar unter dem Ein
fluß der Landnähe. Nachts zeigten sich in der Thermographenkurve kleinere, in der Hygrographen
kurve stärkere Änderungen, die auf Luftmassenverlagerungen zwischen Land und See zurückzuführen
sind. Der Windrichtung nach befand sich der Dampfer noch im Bereiche des Landwindes. Im übrigen
war die Entwicklung des täglichen Ganges der Bewölkung ganz normal: In der Frühe über Land und
Inseln noch starke Cu-ni-Bildung mit Regenstreifen, von 8 a an aber bereits starkes Aufklaren. Der
Wind drehte vormittags auf NNW. Er bildete die Bodenströmung eines Polarluftkörpers von großer
Mächtigkeit, dessen obere Grenze bei 10 000 m noch nicht erreicht wurde. Trotz einer Temperatur von
25° hatte man das Gefühl einer auffallenden Kühle. Auch der 21. April brachte in der Frühe, als der
Dampfer auf der Reede von La Guayra lag, die übliche starke Morgenbewölkung. Von der berüchtig
ten Hitze dieses Ortes, der ihm den Namen „die Hölle“ eingebracht hat, bekamen die Verf. während
des Frühpiloten noch eine Probe zu spüren, als bei starker Sonneneinstrahlung sich die Rückstrahlung
von den in der Nähe des Hafens unten meist kahlen Hängen des Küstengebirges bemerkbar machte.
Eindringlich war daher der Gegensatz zwischen der Küste und der Hauptstadt Caracas, die in einem
kurzen Autoausflug besucht werden konnte. Eine kunstvoll gebaute, windungsreiche Straße, die Hafen-
und Hauptstadt verbindet, ermöglicht es, entsprechend dem allmählichen Höhengewinn, einen Schnitt
vom Tropen- zum gemäßigten Klima zu erleben, der sich in der Vegetation gleichfalls deutlich dem
Auge zu erkennen gab. Für den Meteorologen interessant war auch die Rückfahrt, die die Bekannt
schaft mit einem echten Tropenregenguß vermittelte. Gewaltige, von der Höhe abströmende Wasser
massen, die viel Schlamm und Gesteinsbrocken mit sich führten, brachten in kürzester Zeit selbst an
dem festen Untergrund der Straße starke Zerstörungen hervor. Es ist verständlich, daß es die Einge
borenen vermeiden, bei einem solchen Unwetter die Straße zu befahren. Nach den Beobachtungen vom
Schilf aus war das Unwetter mit einem starken Cu-ni in Form eines Böenkopfes aus NE herangezogen.
Die es begleitende Temperaturniedrigung betrug 6°. Die Wetterlage läßt deutlich erkennen, daß an die
sem Tage die Verbindung mit den höheren Breiten her gestellt war, so daß Kaltluftkörper bis an die
südamerikanische Küste herangeführt werden konnten. Diese auf das Land zu gerichtete Strömung
machte sich auch noch an den folgenden Tagen bemerkbar. Der Aufenthalt im Kriegshafen Puerto
Cabello stand so noch unter dem Einfluß der über dem Küstengebirge hängenden niedrigen Wolkendecke,
und die ersten Tage auf Curagao brachten gleichfalls meist einen schweren Cu-ni-Himmel mit häufigen
Regenschauern.
Nach den der Expedition mitgegebenen und bereits erwähnten Anweisungen hatte sie hier den
Dampfer „Galizia“ zu verlassen, um den in einigen Tagen fälligen Dampfer „Else Hugo Stinnes“ zur
Heimfahrt zu benutzen. Dadurch war zwar ein vom 23. bis 26. 4. währender Aufenthalt auf der Insel
gegeben, doch ging von ihm für die Arbeiten allerdings ein beträchtlicher Teil verloren, der auf die
Ausschiffung des umfangreichen Gepäcks, seine Unterbringung an Land und seine Wiedereinschiffung