(j Aus dem Archiv der Deutschen See wart«. — 44. Bd. Heft 3.
Boobaohtungsreihen, von dem russisch - asi ati sehen Streckenabschnitt überhaupt noch nicht vor. Einzel
beobachtungen konnten hingegen im Sommer 1926 gesammelt werden. Im zentralen Teil der Flug
strecke ist die Sicht häufiger als im nördlichen Deutschland sehr gut. Von Irkutsk aus waren in den
Monaten Jnni bis September 1926 das Cbarmadaban- Gebirge östlich vom Baikal-See auf 120 bis 130 km,
die Gipiel des Tunkinischen Gebirges im Südwesten auf 130 bis 150 km Entfernung häufig sichtbar. —
Im Winter herrscht in Sibirien, namentlich im Osten, abgesehen von örtlichen Talnebeln, meist klare,
durchsichtige Luft.
Über den Gang der Sichtweite bei Nacht konnten um Baikal-See Beobachtungen angestellt werden.
Während nach Erfahrungen an norddeutschen Flugstrecken die Sicht im Binnenland im Laufe der Nacht
im allgemeinen abnimmt bis zu einem Tiefstwert zur Zeit der Morgendämmerung, nahm sie am Baikal von
Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang zu, und erreichte ihren Höchstwert bei Sonnenaufgang. lieber dem
kalten See, dessen Oberflächentemperatur im Südteil nach zehnjährigen Beobachtungen zu Mari tu i" 1 )
im Juni nur 3,8, im Juli 9,4, im August 12,9 Grad Celsius durchsohnittlioh beträgt, sammelt sich über
Nacht diie an den Hängen durch Ausstrahlung erkaltete Luft an, so daß die Senke des Sees sich bis
Sonnenaufgang mehr und mehr mit völlig stabil geschichteter Kaltluft füllt, und in der an wachsenden
stabilen Kaltluftmasse die Sichtigkeit wächst. Bald nach Sonnenaufgang beginnt aber von den durch
zunehmende Einstrahlung erwärmten Abhängen ausgehend Luftbewegung, die wärmere Luft mit der
kalten, dicht am Wasserspiegel mit Feuchtigkeit angereicherten Luft mischt. Dort, wo Wind einfällt,
sieht man an der Wasserfläche Dunstschwaden oder Schwaden von Mischungsnebel treiben. Die Nebel-
sohwaden halten sich zwar nicht lange, hinterlassen aber eine allgemeine Dunsttrübung, die bald nach
Sonnenaufgang die Fernsicht verschleiert.
I. Dunst.
Hervorgehoben zu werden verdient hier eine Erscheinung, -die bei sommerlichen Trockenzeiten
im zentralen Teil der Flugstrecke in auffälligem Gegensatz zu der sonst guten Sicht Witterung und
Luftphysiognomie geradezu das Gepräge geben kann: Die starke Dunsttrübung infolge von Taiga-
(Wald-)Bränden. Auf der Ausreise des Verfassers nach Irkutsk nahm mit Eintritt in das mittelsibirische
Taiga-Gebiet die Sicht stark ab. Am 21. Juni betrug sie bei ganz geringer, hoher Cirrusbewölkung
früh nur 5 km; am folgenden Tage herrschte im Abschnitt Kansk-Nischne-Udinsk bei wolkenlosem
Himmel dicker, grauer Dunst. Die Sicht betrug bis zu 4 km, stellenweise jedoch selbst um die Mittags
zeit nur 2 km. Allgemein wurde der Dunst als Folge von Taiga-Bränden bezeichnet. Brandgeruch war
jedoch nicht festzustellen. Am 29. Juli beobachteten die Flugzeuge im Gebiet des Flusses Oka, eines
linken Nebenflusses der Angara, große Waldbrände. Nachdem nordwestliche Luftströmung eingesetzt
hatte, die Luftmassen aus dem Wialdbrandgebiet südostwärts verfrachtete, herrschte in Irkutsk am
2. August stark dunstiges Wetter; die Sicht betrug zeitweise nur 4 km. Der Dunst verriet teilweise
durch ganz schwachen Brandgeruch seine Herkunft. Selbst am folgenden Tage war in Irkutsk und am
Baikal-See das Wetter noch dunstig mit Sichtweiten von 5 km, Brandgeruch war jedoch nicht mehr
wahrnehmbar.
Wie stark und ausgedehnt Lufttrübungen infolge von Waldbränden sein können, zeigt die Studie
von Schostakowitseh über die Waldbrände in Sibirien 1915 4 5 ). Die Brände dauerten damals im Mittel
51 Tage und bedeckten im Taiga-Gebiet zwischen lrtysch und Lena eine Fläche von 1800 000 qkm, die
ungefähr einem Fünftel von Europa entspricht. Die Summierung der eigentlichen Brandfläeben ergab
140 000 qkm, also eine Fläche von etwa der Hälfte ganz Preußens. Die Folge war eine gewaltige Rauch
entwicklung, die in Mittelsibirien stellenweise so stark war, daß Bäume, Gebäude schon in einer Ent-
4 ) W. B. Schostakowitseh, Thermische Verhältnisse des Baikal-Sees. Verhandl. d. Magnet- n. Meteorolog. Ob
servatoriums zu Irkutsk Nr. 1. Der Baikal. Irkutsk 1926 S. 23.
5 ) W. B. Schostakowitseh, Waldbrände in Sibirien 1915. (Übersetzung und Nachwort von P. Fiekeler.) Peter
manns Geogr. Mitteilungen 1926, S. 112—118.