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Full text: 34, 1911

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Die geschichtliche Entwicklung der Polhöhenbestimmungen bei den älteren Völkern. 
3. Claudius Ptolemaeus. 
Mit Hipparch hatte die mathematische Geographie der Griechen ihren Höhepunkt erreicht. Nach 
seinem Tode sehen wir die selbständigen Bemühungen und die eifrige Begeisterung der Epigonen nach 
und nach schwinden, bis sich die wissenschaftliche Erdkunde endlich in völliges Dunkel hüllte. Erst nach 
Verlauf eines vollen Jahrhunderts erwachte sie zu neuem Leben, um in den beiden letzten griechischen 
Repräsentanten Marinus von T y r u s und Claudius Ptolemaeus noch einmal hell aufzuleuchten. 
Doch ist des Marinus Werk, das wir aus der Geographie des Ptolemaeus kennen, weniger eine 
originelle Schöpfung als vielmehr eine Sammlung von Beobachtungsdaten und Reiseberichten für eine 
Weltkarte 1 ). Auf dieser basiert Ptolemaeus unmittelbar; auch er ist weit davon entfernt, Hipparchs 
Leistungen zu üherbieten. Seine neuen Beiträge zu dessen Breitentabelle sprechen rühmlichst für seinen 
— vielleicht allzu eifrigen — Sammelfleiß, und diesem, der nach Berger (a. a. 0. S. 647) nahezu an 
ein kritikloses Zusammenraffen grenzte, ist es auch wohl zuzusohrciben, daß Ptolemaeus sogar wieder 
von den von Hipparch als unwissenschaftlich bezeichneten Methoden des Eratostbenes Gebrauch 
machte. Zu neuen Prinzipien in der Polhöhenfrage ist auch Ptolemaeus nicht durchgedrungen. Deshalb 
hatte er auch keine besseren Breiten als Hipparch, sondern, wenn er in der Not auf die älteren 
Methoden zurückging, naturgemäß noch schlechtere. In der Hauptsache legte er die geographische 
Breite eines Ortes nach Angaben über den längsten Tag fest. Wie er aber im einzelnen 
diese Aufgabe der sphärischen Astronomie rechnerisch bewältigte, erfahren wir aus seinem berühmten 
AImage.st (Msycö.r, sovtasii). Wir geben im folgenden die zum Verständnis erforderlichen Hilfssätze aus 
der Ptolemaeischen Sehnenrechnung und im Anschluß hieran die eigentliche Lösung des 
Problems wieder, uns dabei an die Ausgabe von Halma anschließend. Zunächst teilt Ptolemaeus den 
Kreisumfang in 360 Teile (Grade) und den Durchmesser in 120 (partes, abgekürzt p). Eine pars 
hat 60 partes minutae (60') und diese wieder 60 partes minutae secundae (60"). Den Schlüssel zum Ver 
ständnis seiner Sehnenregel liefert Fig. 1. Die zwei Sehnen AF und JG stehen senkrecht auf dem 
Kreisdurchmesser BK. Zieht man AG, so erhält man die zwei ähnlichen Dreiecke ADE und GTIE und 
damit die Proportionen 
AE AD 2 - AD AF 
EG GH 2 • GH — JG 
^ AE Gerade, welche spannt den doppelten Bogen von AB 
EG Gerade, welche spannt den doppelten Bogen von BG ’ 
oder rechts die Bezeichnung chorda (chord.), griech. sü&sia, einführend: 
AE = chord (2 AB) 
EG chord (2 BG)' 
Die Hauptrolle in der Durchführung der sphärischen Aufgaben bei Ptolemaeus spielt aber die ständig 
wiederkehrende Anwendung des sogenannten Transversalensatzes, der von dem schon erwähnten 
Astronomen Menelaus von Alexandria herstammt und von diesem in seiner uns erhaltenen Sphärik 2 ) 
auch auf Kugeldreiecke ausgedehnt wurde. Für das ebene Dreieck hat man z. B. folgende Gleichung (Fig. 2) 
GE ■ DZ ■ AB = GZ - DB- AE, 
oder wie sie hei Menelaus (und auch Ptolemaejus) geschrieben ist: 
GE _ GZ DB S ) , 
AE ~ DZ ' AB 
’) Für unsere spezielle Frage iindet man bei Marinus sehr wenig. Meistens scheint er nach der Stadiensumme 
aus Itinerarangaben die Plazierung eines Ortes auf seiner Karte bewerkstelligt zu haben. „Als neuer Versuch zu eiuer 
Breitenbestimmung kann nur die aus dem dritten Buche des Di oder von Samos entnommene Angabe gelten, die 
Schiffer, die nach Limyrika in Indien führen, sehen den Stier und die Plejaden im Zenit mitten über 
ihrer Segelstange.“ (Berger, Geschichte d. wiss. Geogr. d. Griechen, S. 596.) 
a ) F. Maurolykus v. Messina, Menelai sphaericorum libri tres (aus arabischen und hebräischen Handschriften 
übersetzt 1558). 
•’) Die Griechen kannten natürlich unsere mathematische Schreibart nicht, sondern führten obige Relation folgender 
maßen in Worten an: „Es steht GE zu AE im zusammengesetzten Verhältnis von GZ zu J)Z, und ])B zu AB“ (auch von 
Halma wörtlich übersetzt: Almagest I, S. 51).
	        
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