Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1909, Nr. 2.
26
Verhalten ist nur durch die hei weitem größte Anzahl von Stationen über diesen Gebieten und den dabei
weniger gleichmäßigen Charakter in bezug auf Sturmgefährdung zu erklären, indem hierdurch bedingt viel
häufiger als über einem der anderen Gebietsteile an irgend einer Stelle ein vereinzelter Sturm beobachtet
werden wird, so daf3 die Zahl der Tage mit Fehlwarnungen abnehmen und mit verspäteten Stürmen zu
nehmen muß. Hierdurch ist es auch zu erklären, daß für diese beiden Gebiete, wie die Tabelle zeigt, im
Vergleich mit dem vorangehenden Jahrzehnt die Zahl der Fehlwarnungen erheblich abgenommen und gleich
zeitig diejenige der verspäteten Warnungen (besonders an der Nordsee) zugenommen hat. Diese Verhältnisse
werden in einem späteren Abschnitt zusammen mit denen der übrigen Gebiete noch näher erörtert werden.
D. Gesamtbeurteilung des Stiirnnvarmingserfolges und Vergleich mit dem vorangehenden Jahrzehnt.
§ 33. Die Zahl der ausgegebenen Sturmwarnungen. Um das Ergebnis der Sturmwarnungen in den
beiden Jahrzehnten besser zu übersehen, ist es zunächst noch nötig, einen genauen Überblick über die in
Tab. XV. diesen beiden Zeiträumen ausgegebenen Sturmwarnungen zu gewinnen. Zu diesem Zweck sind in Tabelle XV
die für den mittleren Monat in beiden Dezennien, und zwar für Mai August, September/April und das mittlere
Jahr, ausgegebene Anzahl von Sturmwarnungen nebst deren prozentischer Zunahme seit dem vorangehenden
Jahrzehnt zusammengestellt. Für Mai/August sind diesmal an der Nordsee und der westlichen Ostsee
weniger Sturmwarnungen, für Rügen und Umgebung etwa gleichviele und für den Osten mehr, für die
preußische Küste ebenso viel mehr wie in der kalten Jahreszeit, wo der Zuwachs, von West nach Ost
zunehmend, von etwa 25°/o auf 50°/o ansteigt, ausgegeben worden. Dieses Verhalten für den Osten läßt
deutlich hervortreten, wie das Bestreben gegenüber dem vorigen Jahrzehnt vor allem darauf gerichtet
gewesen ist, die im Osten auftretenden Stürme besonderer Art mit größerem Erfolge zu warnen. Für den
Winter hatte das Jahrzehnt 1896 bis 1905 für die Nordsee etwa 1 U, für die westliche und mittlere Ost
see etwa Vs und für den Osten etwa die Hälfte mehr an erlassenen Sturmwarnungen.
Die Zahl von Warnungen pro Sturmphänomen hat für die westliche Ostsee bis Hinterpommern zu-
genommen, für die Nordsee und die preußische Küste dagegen abgenommen, was seine Erklärung in der
durch die Zunahme der Stationen auf diesen Gebieten bewirkte größere Zahl von kurzlebigen Sturm
phänomenen findet.
Tabelle XV.
Zahl der Sturmwarnungen (einschl. der Verlängerungen) im mittleren Monat und Jahr,
sowie pro Sturmphänomen.
Küsten
gebiet
Mai/August
Seji tem b er/A pvi 1
Jahr
Pro
Sturmphänomen
1886/95
1896 '05
Zu
nahme
»/0
1886/95
1896/05
Zu
nahme
°/o
1886/95 | 1896/05
Zu
nahme
°/o
Mai/Aug. jSept.Apr. Ja
1896'05 | 1895'05
hv
1886/95
VI/IX
1,18
0,98
— 21
4,02
4,94
+ 23
36,9 43,4
+ 18
1,0
1,7 1,6
2,2
IV/V
1,35
1.08
— 20
3,89
5,00
+ 29
36,5 44,3
+ 21
1,3
1,9 1,8
1,5
III
1,65
1,60
— 3
4,36
5,80
+ 33
41.5 52,8
+ 28
1,0
1.6 | 1,5
1,0
II
1,25
1,50
+ 22
3,58
5,28
+ 48
33,5 48,2
+ 44
1,1
1,7 1 1,6
1,2
I
1,05
1,52
+ 45
3,50
5,09
+ 45
32,2 46,8
+ 45
0,6
1,2 1,1
1,3
§ 34. Die rechtzeitig und die zu spät gewarnten Stürme, die Fehlwarnungen und die Überraschungs-
Tab. XVI. stürme. In Tabelle XVI finden sich die Prozentzahlen der in dem Jahrzehnt zu verzeichnenden ungewarnten
und zu spät gewarnten Sturmphänomene und der Fehlwarnungen für die beiden Jahreszeiten und das Jahr
zusammengestellt. Vergleichen wir zunächst die Verhältnisse der beiden Jahreszeiten, so tritt in erster
Linie die große Zunahme der ungewarnten Phänomene vom Winter zum Sommer, im Mittel auf fast-das
2Vs fache, hervor, während die Zahl der zu späten Warnungen nur um etwa V4 ihres Betrages im Durch
schnitt anwächst. Da von Mitte September bis Ende April auf der Seewarte ein telegraphischer Abend-
dienst eingerichtet ist, so besteht zu dieser Jahreszeit die Möglichkeit, die Stürme rechtzeitig zu warnen,
in erhöhtem Masse; jener ungleich größere Überschuß der ungewarnten Phänomene weist aber noch darauf
hin, daß außerdem die Vorausbeurteilung der Entwicklung der stürmischen Witterung in den warmen
Monaten viel schwieriger als im Winter ist. Letzteres gilt nicht nur für die leichten Sturmerscheinungen,