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Full text: 27, 1904

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Aus dem Archiv der Deutscheu Seewarte — 1904 No. 4 
des anderen noch verbleibenden Abschnittes eines Jahres. Die Verschiebungen nach Osten in den beiden 
genannten Monaten sind indessen so gering, daß die Ausbiegung der Null-Linie nach den frühen Morgen 
stunden hin nicht als unbedingt sicher angesehen werden kann. Da sich nun die erwähnte Linie in der 
übrigen Zeit ziemlich gut der Sonnenaufgangskurve anschmiegt, so dürfen wir wohl folgenden Satz aufstellen: 
Infolge der täglichen Gesamtperiode erreichen die Luftteilchen während des ganzen Jahres 
etwa zwei bis drei Stunden nach jedem Sonnenaufgang ihren westlichsten Ort. Eine fast noch 
bessere Anpassung an die Untergangslinie der Sonne bekundet die Kurve der täglichen Maximalverschiebungen. 
Genauer fassen wir diese Tatsache in die Worte: Ein Luftteilchen gewinnt infolge der täglichen 
Gesamtperiode im Winterhalbjahre eine, im Sommerhalbjalire zwei bis drei Stunden vor 
Sonnenuntergang seine weiteste Ausbiegung nach Osten. Aus der Verteilung der Kurven in Fig. 18 
ziehen wir den weiteren Schluß, daß die Verschiebungen, welche die tägliche Gesamtperiode liefert, von 
Beginn des Jahres bis zum August ein allmähliches Ansteigen und von da an bis zum Jahresende ein 
rasches Abfallen ihres täglichen Maximums erkennen läßt. Aehnliches gilt von der Erreichung des Tages 
maximums im Juli und August. Die Ostverschiebung strebt in diesen Monaten um die Mittagszeit schnell 
ihrem Maximum zu und sinkt dann von diesem nach und nach wieder auf Null herab. Ein Luftteilchen 
braucht nämlich, um zu dieser Zeit von seiner westlichsten Stellung bis zur östlichsten zu gelangen, nur 
elf, für die umgekehrte Bewegung aber dreizehn Stunden. 
Nach den mathematischen Beziehungen, die zwischen den Amplituden und Phasenzeiten der Westwind- 
Komponenten und denen der Ostverschiebungen eines Luftteilchens bestehen, können die Diagrammlinien 
der Fig. 18 nicht unabhängig sein von denjenigen der Fig. 3. Ein Luftteilchen muß ja seinen westlichsten 
Ort in dem Augenblick erreichen, in welchem die Ostwindgeschwindigkeit gleich Null geworden, und umgekehrt 
muß es am weitesten nach Osten gekommen sein, wenn seine Westwind-Komponente auf Null zurückgegangen 
ist. Bei den Maxima- und Null-Linien der Fig. 18 ist daher ein ganz entsprechender Verlauf zu erwarten 
wie bei den Null-Linien der Fig. 3. Ein Vergleich bestätigt dies. Derselbe Zusammenhang findet selbst 
verständlich auch zwischen den Maxima- und Minimalinien der Figuren 16, 17 und 1, 2 statt. Ein kleiner 
Unterschied beider besteht jedoch darin, daß die Kurven der ersteren gegenüber denen der letzteren eine 
zeitliche Vorverschiebung von einer halben Stunde zeigen. Die Notwendigkeit hierfür ergibt sich aus der 
früher gemachten Mitteilung, wonach die Geschwindigkeiten mittlere Werte für die abgelaufenen Stunden dar 
stellen, während die Verschiebungen, aus den mittleren Geschwindigkeiten einer Stunde berechnet, für den 
Schluß der vollen Stunden Giltigkeit haben. Außerdem liegt diese Abweichung beider Kurvengruppen von 
einander in der oben erwähnten und benutzten Formel 10 begründet. — Ein fast gleicher Verlauf wie bei 
den Minima- und Maximalinien der Ostverschiebungen dokumentiert sich auch in den Formen für die Süd- 
und Nordwindkurven der Fig. 10, 11 und 12, ebenfalls wieder verbunden mit einer zeitlichen Vorverschiebung 
der ersteren um ungefähr eine halbe Stunde. Der Grund für diese Beziehung zwischen beiden Kurvengruppen 
ist leicht ersichtlich: Falls die Geschwindigkeits-Komponente in der West—Ost-Richtung Null wird, kann 
nur eine Komponente in der Süd — Nord-Richtung übrig bleiben. Es muß also, da, wie bereits angegeben 
wurde, in der Regel der Westwind mit Südwind gepaart ist, im Augenblick der größten Ostverschiebung 
eines Luftteilchens reiner Südwind vorhanden sein. Ebenso muß zur Zeit der stärksten Verschiebung nach 
Westen reiner Nordwind wehen. 
F. Die Verschiebungen nach Norden, 
Ganz entsprechend wie die Konstanten für die Verschiebungen nach Osten, so haben sich auch die 
der Verschiebungen nach Norden berechnen lassen und zwar aus den Konstanten für die Südwindgeschwindig 
keiten eines Luftteilchens. Die erhaltenen Beträge sind in den gleichen Einheiten und mit demselben Ge 
nauigkeitsgrad wie die der besprochenen Ost-Verschiebungen aus der folgenden Tabelle zu entnehmen. 
Die hier vorkommenden a D wurden in ganz ähnlicher Weise gefunden wie die gleichbezeichneten Werte 
des vorigen Abschnittes. Ihr jährlicher Größenwechsel ist recht beträchtlich. Von Januar, mit 1.75 km 
beginnend, steigen sie im Juni mit 14.34km auf ihren größten Betrag, um sich von da an, erst schneller, 
dann langsamer wieder zu verringern. 
Eine ebenso große jährliche Veränderungsfähigkeit wie a a zeigt auch die Amplitude a { der einfachen 
ganztägigen Periode. Sie erreicht nämlich ihren größten Wert im Juni mit 15.07 km und ihren kleinsten im 
Dezember mit 0.81 km. Letzterer kann sich also während eines Jahres auf den fast 1!) fachen Betrag steigern.
	        
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