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Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1904 No. 4 —
Zusammenfassend sei nunmehr noch folgendes bemerkt:
In der vorliegenden Arbeit sind auf Grund eines umfangreichen Beobachtungsmaterials die täglichen
Geschwindigkeits-Änderungen eines Luftteilchens für die einzelnen Monate des Jahres so genau ermittelt
worden, daß über deren Größenordnung volle Klarheit herrscht. — Durch Anwendung der doppelten har
monischen Analyse hat sich das wertvolle Zahlenwerk rechnerisch sichten und von zufälligen Fehlern mög
lichst befreien lassen. — Die Feststellung der mittleren Unterschiede zwischen den unmittelbar aus der
Beobachtung und den durch Rechnung gefundenen Zahlen hat außerdem zu einem Maße für den erreichten
Genauigkeitsgrad geführt, durch welches wir zu einem sicheren Urteil über die Zuverlässigkeit der gezogenen
Folgerungen befähigt wurden. — Es hat sich weiter gezeigt, daß von den Zahlen der drei einfachen
Perioden, in welche die tägliche Gesamtperiode unter Anwendung der harmonischen Analyse aufgelöst
worden war, sich nur die der ganz- und halbtägigen, nicht aber die der dritteltägigen Periode über die
ermittelte Genauigkeitsgrenze erhoben haben. — Sichere Schlüsse in bezug auf die nach je acht Stunden
sich wiederholende Bewegung der Luft zu ziehen, war daher nicht möglich. Um so besser konnte dies
bei der einfachen ganz- und halbtägigen Bewegung geschehen. Bei beiden ließen sich durch das Studium
ihrer Tabellenwerte sowohl, wie der für sie mitgeteilten Diagramme größere periodische Aenderungen fest
stellen, welche mit dem Stande der Sonne in Beziehung gebracht werden konnten. Während nun die
Elemente für die ganztägige Bewegung einen regelmäßigen jährlichen Wechsel aufzuweisen haben, macht
sich bei denen für die halbtägige Periode auch noch eine Veränderung geltend, welche jedes halbe Jahr
wiederkehrt und mit ganz besonderer Deutlichkeit auftritt. Diese so abweichend geartete Veränderungs
fähigkeit der halbtägigen Bewegung gegenüber der der ganztägigen ist von großer Wichtigkeit. Mit dem
gleichen Rechte, mit welchem man von einer ganztägigen Bewegung spricht, kann man darnach auch von
einer halbtägigen Bewegung der Luft reden. Durch diese Folgerung wird die früher offen gelassene Frage
bezüglich des wirklichen Vorhandenseins der besprochenen halbtägigen Periode in bejahendem Sinne ent
schieden. Hierin ist das Hauptergebnis unserer Abhandlung zu erblicken. Wir legen es nieder in dem Satze:
Die durch mathematische Analyse ermittelte halbtägige Bewegung der Luft bekundet
sich in ihrem ganzen Verhalten als eine selbständige physikalische Größe, an deren Rea
lität nicht zu zweifeln ist. Ihr Auftreten steht in engstem Zusammenhänge mit der Ein
wirkung der Sonne auf die Erdatmosphäre und muß deswegen in kosmischen Verhältnissen
begründet sein.