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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1904 No. 1 —
sucht seine Forschungen in dieser Richtung zu ergänzen, insbesondere soweit sie auf den Drachenflug an
wendbar sind. Diese Anwendung hat zur Voraussetzung, daß man den Wasserstand an der Oberfläche eines
bewegten Körpers als Maß des Flüssigkeitsdruckes an der betreffenden Stelle und den Unterschied im Wasser
stande an den gegenüberliegenden Punkten einer dünnen Platte als Maß cles gesamten, der Bewegung der
Platte an dieser Stelle entgegenstehenden Widerstandes (beziehungsweise der die Platte in entgegengesetzter
Richtung zu treiben bestrebten Kraft) anselien dürfe. Die einfache Überlegung, durch die Herr Ahlborn
in den Benetzungslinien eines bewegten eingetauchten Körpers ohne weiteres ein genaues Bild für die ge
suchte Druckverteilung an denselben findet, geht dahin, daß, wenn das Niveau der Flüssigkeit an einer
Stelle um 1 cm gehoben ist, dies beweist, daß an dieser Stelle in der Flüssigkeit ein Druck herrschen muß,
der einer Wassersäule von 1 cm Höhe das Gleichgewicht hält.*) Befinden sich die Platten und die Flüssigkeit
in Ruhe, so ist diese Überlegung ja, wenn aus andern Ursachen eine Niveaudifferenz der Flüssigkeit an ihren
beiden Seiten sich ausbilden würde, unzweifelhaft richtig. Auch bei Platten, die in stationärer Bewegung
begriffen sind, darf man sie gelten lassen. Sollten gegen diese Annahme berechtigte Einwände gemacht werden
können, so würden freilich die Diagramme einen Teil ihrer Bedeutung verlieren, aber den Wert würden sie
auf alle Fälle behalten, getreue Abbilder des Wasserniveaus an einer bewegten Platte zu sein.
Die in Rede stehenden Druckdiagrannne erhält man auch ohne alle besondere Einrichtung überraschend
leicht, wenn man eine Scheibe von Pappe oder zusammengelegtem Papier, halbeingetauclit, mit der Hand in
der gewünschten schrägen Stellung durchs Wasser führt. Man nehme dazu irgend ein Packpapier,
welches genügend Wasser aufnimmt, um die Tiefe seines Eintauchens durch dunklere Färbung leicht \
erkennen zu lassen, aber das Wasser nicht weiterleitet, und bewege es in einem vertikalen Kreisbogen, \\‘
indem man es während seines horizontalen Fortsclireitens zugleich zuerst eintaucht und dann lieraus-
zieht. Die Benetzungslinie entspricht dann den Verhältnissen zur Zeit des tiefsten Eintauchens, welcher
Augenblick zugleich auch derjenige der vollen Ausbildung der in Frage stehenden Strömungen ist. Durch
das feine Muskelgefühl des Menschen gelingt es auch auf diesem einfachem Wege leicht charakteristische
Kurven zu erhalten. Schlägt man das erwähnte Papier um ein passend zugeschnittenes Blech und
klebt man es auf diesem fest, so erhält man eine feste ebene oder nach Wunsch gewölbte Platte. Nach
dem Versuch zeichnet man sofort den Rand der Benetzung mit Bleistift nach. Ist der Kleister noch
nicht getrocknet, so kann man darauf den Papiermantel ohne Schwierigkeit vom Blech abziehen, worauf
man ihn als Dokument aufbewahrt. Um jedoch wissenschaftlich brauchbare Resultate zu bekommen,
muß man die Platten in bestimmter Stellung und mit bestimmter Geschwindigkeit durchs Wasser führen,
und dazu bedarf man eines, ■wenn auch noch so einfachen, Apparates.
Der von mir angewandte besteht in einem Cigarrenkästchen (a auf Fig. 1 a), dessen Boden und j
Deckel entfernt sind und der an den Stangen bb befestigt ist; das Ganze bildet ein Pendel, das mit
den Zapfen zz in Lagern schwingt und durch Verschiebung des Gewichts g verschiedene Schwingungs-
dauer erhalten kann. Die Innenwand des Kastens trägt Leisten, auf die zwei genau
passende horizontale Pappdeckel in einem Abstande von 5 cm übereinander gelegt
werden, die mit genau übereinstimmenden Schlitzen zur Aufnahme der vertikalen
Versuchsplatten ff versehen sind. Als solche habe ich durchweg rechtwinklige, vom
Klempner exakt zugeschnittene Blechstücke von der stets gleichen Höhe von 105 mm
und verschiedener Breite genommen; mit ihrem umgebogenen oberen Rande hängen
diese Blechstücke im oberen Pappdeckel, der untere Pappdeckel dient als Führung;
durch eine einfache Klemm-Vorrichtung werden die Platten in dieser Lage fest
gehalten. Mit Ausnahme einiger in Kombinationen zur Verwendung kommenden
bildeten alle Schlitze denselben Winkel von 22° mit der Bewegxtngs-
Riclitung des Kastens, entsprechend der normalen Neigung des Drachens gegen
den Horizont bezw. gegen den Wind. Dagegen wurde sowohl die Breite der Platten,
als die Tiefe ihres Eintauchens, als auch die Geschwindigkeit [ihrer Bewegung variiert;
die letztere durch das versetzbare Gewicht g, das die Dauer der Pendelschwingung
ändert; die Fallhöhe war durch einen Anschlag am Stativ konstant gemacht. Alle
*) Vergl. Abhaudlung des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg, 17. Band, S. 89. —
Jahrbuch der Schiffbautecbn. Gesellschaft 1904, S. 43C.