No. 2.
Archiv 1904. 2.
i
Barometer und. Wetter.
Von Prof. Dr. IV. J. van Bebber.
Zweck der gegenwärtigen Untersuchung ist, die Beziehungen zwischen Luftdruck und Witterungs-
Erscheinungen festzulegen. Daß solche Beziehungen auch wirklich vorhanden waren, wußte man schon sofort
nach Erfindung des Barometers, des Instrumentes, welches eine mehr oder weniger genaue Messung des
Luftdruckes gestattet. Daher bezeiclmete man auch das Barometer als „Wetterglas“, welcher Name sich
bis zur heutigen Zeit erhalten hat. Schon Torricelli und Pascal hatten bemerkt, daß die Höhe der
Quecksilbersäule im Barometer an demselben Orte beständigen Veränderungen unterworfen war und waren
hierbei zu dem Ergebnisse gekommen, daß das eben erfundene Instrument die Veränderungen in der Atmo
sphäre anzeige und abmesse.*) Zugleich wurden bei erheblichen Aenderungen der Quecksilbersäule auf
fallende Veränderungen in den Witterungszustäuden wahrgenommen. Seit jener Zeit war das Barometer ein
Instrument, welches allgemeine Bewunderung erregte und in der ganzen zivilisierten Welt als Wetterprophet
eingeführt wurde.
Besondere Aufmerksamkeit wandte Otto von Guericke diesem Instrumente zu. An seinem Hause
hatte er eine mit einer Flüssigkeit gefüllte, oben verschlossene und unten in eine Flüssigkeit eingetauchte
Glasröhre von etwa 10 m Höhe aufgestellt, worin der Luftdruck die Flüssigkeit bald höher, bald niedriger
erhielt. Auf der Oberfläche der Flüssigkeit schwamm oben ein aus Holz geschnitztes Männchen, welches
mit dem Finger Grade des Steigens und Fallens angab. Otto von Guericke benutzte dieses Instrument zur
Bestimmung der künftigen Witterung; er bemerkt, daß das Steigen und Sinken des Männchens mit den Ver
änderungen der Witterung übereinstimme und insbesondere das tiefe Sinken Sturm anzeige. Bekanntlich
soll Guericke im Jahre 1660 aus dem starken Sinken des Männchens einen großen Sturm prophezeit haben,
der auch wirklich eintrat.
Seit Otto von Guericke ist das Barometer allerwärts als Wetterverkündiger angewandt worden und sehr
vieles über seine Schwankungen („Bebuugen“) gedacht und geschrieben worden, allein eine mehr vorurteils
freie Vergleichung der Barometerbewegungen zeigte gar bald, daß man die Brauchbarkeit dieses Instrumentes
für die Voraussicht des Wetters doch viel zu hoch angeschlagen hatte und daß nur bei den extremsten
Ständen ein gewisser Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintreffens oder der Fortdauer einer bestimmten
Witterungserscheinung vorhanden war. Man fand zwar, daß im allgemeinen das Wetter mit dem Barometer
stände sich ändert und daß einem hohen Barometerstände ruhiges, heiteres und trockenes Wetter, hohe
Wärme im Sommer, dagegen Kälte im Winter und andererseits einem tiefen Barometerstände unruhiges,
trübes und regnerisches Wetter, Kühle im Sommer, Wärme im Winter entspricht; allein ein schlimmer Um
stand zeigte sich dabei, nämlich, daß die Witterungsänderungen meistens schon vor Eintritt der höchsten
und tiefsten Barometerstände stattfinden und daß das Fallen und Steigen des Barometers mit den übrigen
Witterungserscheinungen nicht gleichen Gang geht.
Bei der Gründung der bayerischen meteorologischen Gesellschaft wurde den Schwankungendes
Barometers eine ganz besondere Aufmerksamkeit zugewandt und zwar in der bestimmten Hoffnung, hieraus
Anhaltspunkte für eine zuverlässige Wetterprognose zu schöpfen. In den Jahrgängen der Ephemeriden
wurden die Barometerschwankungen häufiger mit den Wetterbeobachtungen in Verbindung gebracht und, wenn
auch durch diese Untersuchungen die Wettervorhersage keine wesentliche Stütze erhielt, so waren doch die
*) Vergl. Fischer, Geschichte der Physik, Göttingen 1S01, Bd. 1, pag. 425 ff.