Skip to main content

Full text: 24, 1901

54 
Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1901 No. 4 — 
könnten sowohl veranlassen, dass die Hülfskompensation zu früh in Wirksamkeit tritt, als auch, dass ein 
Kleben und später ein plötzliches Abreissen der Anlehnungsstücke stattfindet. Letzterer Fall sei er- 
falirungsgemäss häufig die Ursache beträchtlicher Gangstörungen geworden. 
Diesseits kann obigen Anführungen nach den Erfahrungen, welche das Observatorium bis jetzt gesammelt 
hat, nicht unbedingt zugestimmt werden, jedenfalls sind hier die oben angeführten Gründe nie die Ursache 
beträchtlicher Gangstörungen geworden. Nach eigener Anschauung sowohl als auch nach Erkundigungen, 
welche das Observatorium bei den hiesigen für das Institut arbeitenden Chronometermachern eingezogen 
hat, wird weder die Unruhe noch die Spirale auch nur mit dem geringsten Hauch von Oel versehen, sie 
bleiben im Gegentheil vollkommen trocken, werden sogar mit Kohle pp. besonders sorgfältig abgerieben, 
— nicht einmal die Zähne der ineinander greifenden Räder erhalten einen Oelbezug — damit nur ja kein 
Oel mehr daran haftet, weil dieses einerseits die betreffenden Theile unnöthig beschwert, andererseits aber 
auch ein An- bezw. Festsetzen von Staub begünstigt; nur die Zapfenlager erhalten einen kleinen Oeltropfen. 
Der einzige Theil, welcher stärker geölt wird, damit er sich möglichst gleichmässig während der 
Bewegung abwickelt, ist die Zugfeder. Diese wird aber, nach diesseits eingezogenen Erkundigungen bei 
mehreren älteren erfahrenen Chronometermachern, nicht direkt geölt, sondern durch in Oel getränktes 
Seidenpapier gezogen, damit kein überflüssiges Oel an der Feder haften bleibt. Wenn die Zugfeder daher 
vorschriftsmässig geölt ist, so ist ein Hervorquellen von Oel unmöglich. 
Sollte nun trotz aller Vorsicht ein Verspritzen des Oels stattfinden, so kann es nur durch ein kleines 
Loch im Deckel des Federhauses treten, welches zum Einsetzen eines Hakens beim Lüften desselben während 
der Reinigung dient. Einen so selten eintretenden abnormen Fall, muss man aber als ein Zufalls-Resultat 
ansehen und kann daher dieser Grund nicht zur Aufstellung der Regel dienen, dass die Hülfskompensation 
einen geringeren Grad der Zuverlässigkeit besitzt, als wie einfache Temperatur-Kompensation, weil im Laufe 
der Zeit geringe Spuren von Staub und Oelpartikelchen zwischen die Unruhe und die Anlehnungsstücke 
gelangten. 35 ) 
Bei den hiesigen Untersuchungen von Bord zurückgekehrter Chronometer hat sich niemals eine Oel- 
festsetzung auf der Unruhe gezeigt; 36 ) Staubbildung nur dann, wenn durch Feuchtigkeit Rost oder 
Schimmel erzeugt worden war. Die Unruhe selbst ist ja auch immer in Bewegung, es kann sich auf dieser 
daher, so lange sie rein ist, kein Staub ansetzen. 
Sollten wirklich gei'inge Spuren von Oelpartikelchen und Staub — meist bestehend aus von dem Räder 
werk abgearbeiteten Messingspähnchen — an die sich bewegenden Theile gelangen, so kann, wie Dr.L. Ambronn 
in dem Handbuch der nautischen Instrumentenkunde (Berlin 1899, Band I, Seite 260) als Befürchtung aus 
spricht, wohl einmal ein Kleben dieser Theile eintreten, - so dass sie nicht genau im beabsichtigten Momente 
zur Wirkung gelangen, sondern erst nach Ueberwindung einer gewissen Spannung, erfahrungsgemäss 
häufig tritt der Fall aber nicht auf und wird voraussichtlich ganz aufhören, wenn unserer Chronometer- 
Industrie ihr Streben gelingt, die Zahnformen der Chronometerräder der Theorie des Eingriffs entsprechend 
herzustellen, wie es bei den Zähnen der englischen Chronometerräder bis jetzt nicht der Fall ist; die letzteren 
üben nicht nur eine Druckwirkung, sondern auch eine recht bedeutende Reibung auf einander aus, wodurch 
ganz feine Messingspähne — der oben angezogene Staub — erzeugt werden. 
Es erscheint jedoch auch so unwahrscheinlich, dass durch den Staub und die Oelpartikelchen ein 
Kleben und später ein plötzliches Abreissen der Anlehnungsstücke verursacht wird, zumal bei den meisten 
Hülfskompensationen die Berührung der Anlehnungsstücke an die Unruhe nur durch eine feine Schrauben 
spitze bewirkt wird. Dass nun diese durch geringe Oel- und Staubpartikelchen erzeugte kleine Widerstands 
fläche eine derartige Kraft entwickeln sollte, dass sie der Ausdehnung der verliältnissmässig starken Metalltheile 
35 ) Ein Eindringen von Oel ans dem Federhaus in das Innere des Gehäuses kann ganz vermieden werden, wenn das 
erwähnte Loch im Deckel durch einen leicht anzubringenden Verschluss geschlossen wird. Dass dieses noch nicht geschehen, 
ist ein Zeichen dafür, dass die erfahrenen Chronometer-Fabrikanten ein derartiges Spritzen des Oels nicht befürchten. Es 
wäre jedoch vortheilhaft, wenn die Chronometermacher in Zukunft auch diesen wunden Punkt ausmerzten, so dass selbst 
durch Fuscherarbeit kein Verschmutzen der Theile der Hülfskompensation von hierher eintreten kann. 
3C ) Nach Aussage eines hiesigen Chronometermachers ist von ihm in seiner langjährigen Praxis, in der er über 
1000 Chronometer gereinigt hat, noch niemals Oel auf der Unruhe gefunden worden; ein Zeichen der Seltenheit des Vor 
kommens eines derartigen Falles.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.