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Full text: 23, 1900

Wilhelm Krebs: Die meteorologischen Ursachen der Hochwasser-Katastrophen etc. 
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Bildungen ähnlichen Charakters ist öfters beobachtet worden, dass sic sich dort einstellen, wo zwei Rinnen 
niederen Druckes einander kreuzen. Die Neubildungen kann man deshalb als Interferenz-Depressionen be 
zeichnen. Die Rinnen niederen Druckes, in ausgeprägtester Form bekannt als V-Depressionen, lignes de 
grain, Böenrinnen, Gewittersäcke u. dgl., sind von Ley, Abercrombey, Koppen und nach ihnen von Durand- 
Greville 9 ) beschrieben worden. Durand-Greville nahm für sie noch eine gleichmässig nach einer, und zwar 
nach östlicher Richtung verlaufende Zugbahn an. Nach meiner seither vielfach bestätigten Meinung ist das 
nur die in Mittel- und Westeuropa gewöhnlichste Richtung, veranlasst durch die meist im Norden nach 
östlicher Richtung vorbeiziehenden Depressionen. Vielmehr umkreisen die Druckrinnen in zyklonaler Richtung 
die Depression, von welcher sie ausstrahlen. 
Handelt es sich dabei um eine nordische und eine südländische Depression, von denen diese nach 
Norden, jene nach Süden eine Rinne aussendet, so laufen diese Druckrinnen in entgegengesetzter Richtung, die 
nordische nach östlicher, die südländische nach westlicher Richtung. Für die aus ihnen entstehende Inter 
ferenz-Depression müssen diese entgegengesetzten Impulse einander aufhehen. Sie muss schon aus diesem 
Grunde einen verhältnissmässigen Stillstand zeigen. Der Stillstand kann noch dadurch eine mehrtägige 
Ausdehnung erfahren, dass durch beiderseits nachfolgende neue Druckrinnen, an derselben günstigsten Stelle 
grösster gegenseitiger Nähe der Mutter-Minima, der Summationsvorgang eine Zeit lang immer wieder er 
neuert wird. Im Blick darauf kann ich es unternehmen, alle von Herrmann angeführten Thatsaehen für 
meine vorher veröffentlichte besondere Anschauung nutzbar zu machen. 
Die meridionale Druckrinne Ilerrmann’s vom 27. Juli kommt im wesentlichen auf einen nach Norden 
gerichteten Ausläufer des südlichen Depressionsgebietes hinaus. 
Die von Westeuropa her in sic einfallenden kleinen Depressionen Ilerrmaun’s sind nach Süden aus- 
strahlende Druckrinnen oder Theildepressionen der nordischen Depression. Hierfür ist noch ein besonderer 
Beweis aus Herrmann’s eigenen Karten zu entnehmen. Auf derjenigen vom 27. Juli morgens sind die Bahnen der 
kleinen Depressionen eingetragen, die von diesem Tage an über Europa nördlich der Alpen hiuzogen (Karte 6), 
ausserdem aber die Bahn der ungefähr um 20 Stunden ihnen folgenden kleinen Depression, die von Ilerrmann 
mit der Hochwasserdepression in ursächlichen Zusammenhang gebracht wird (Karte 7). Die ersteren Bahnen 
sind nach Ostnordosten, die letztere ist nach Ostsüdosten gerichet. Thatsächlich entsprechen sie also nicht 
einer bestimmten, einige Zeit bleibenden Linie niederen Druckes, vielmehr stehen sie ganz und gar unter 
dem zyklonalen Einfluss des im hohen Norden vorüberziehenden Hauptminimums. Am Morgen des 27. Juli 
lag dasselbe nördlich der Shetland-Inseln (Karte 6), am Morgen des 28. Juli über Lappland (Karte 7). 
Die „kleinen Depressionen“ vom 27. und 28. entsprachen also, auch der Aendorung ihrer Bahn gemäss, echten 
Theildepressionen (Karten (», 7, 8); am ersteren Tage befanden sie sich noch an der Vorderseite, am letzteren 
schon an der Rückseite der Hauptdepression. 
Der von Ilerrmann.geführte Nachweis endlich, dass die südländischen, von Oberitalien aus heranziehenden 
Minima vom 27. Juli und den folgenden Tagen eine Wendung nach Norden nicht erkennen Hessen, vielmehr 
wesentlich ostwärts weitergingen (Karte 0), spricht lediglich gegen die alte, auf statistischer Grundlage er 
richtete Theorie der VB-Depressionen und widerlegt nicht die Wahrscheinlichkeit, dass dieses südländische 
Depressionsgebiet, wie andere Depressionen auch, Rinnen niederen Druckes nach Norden ausstrahlen Hess. 
In dieser Hinsicht kann sogar die Zunge höheren Druckes, die nach Vorübergang eines solchen Minimums 
am 29. Juli sich über dem Savegebiet cinstcllte (Karte 8), nicht als zweifelloses Signal für deu Abschluss des 
Summationsgebietes von demjenigen der südländischen Minima gelten. Denn schon auf der Luftdruckkarte 
vom Morgen des 30. Juli ist sie nicht mehr nachzuweisen (Karte 9), und kann auch vorher aus zufälliger 
und vorübergehender Summation der den Druckrinnen folgenden Streifen höheren Druckes erklärt werden. 
Ausser diesen Verhältnissen bei Gelegenheit des Hochwassers von Ende Juli 1897 hat Herrmann zu 
Gunsten seiner Erklärung auch diejenigen aufgeführt, die das Hochwasserunglück in Wiirtemberg ganz zu 
Anfang desselben Monats herbeiführten. Nur lag nach II. die meridionale Linie niederen Druckes westlicher, 
erstreckte sich am 80. Juni morgens vom mittleren Norwegen nach dem westlichen Mittelmeer (Kartell). 
Wieder sollten kleine Depressionen, in diese einfallend, die auch nach anderen Richtungen hin verhängniss- 
vollen Gewittererscheinungen vom 30. Juni/1. Juli 1897 veranlasst haben. 
Diese im wesentlichen auf einen kleinen Theil des südwestlichen Deutschlands beschränkten Erschei 
nungen lassen die durch ihre weit östlichere Lage charakterisirte typische Hochwasser-Depression nicht er-
	        
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