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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte —• 1900 No. G —
kennen (Karte 12). Sie sind demnach meteorologische Erscheinungen anderer Ordnung. Trotzdem ergeben
die Luftdruckkarten vom Morgen des 30. Juni an einen Aufschluss, der mit meiner Annahme sogar in besserem
Einklang stellt als mit der eigenen Herrmann’s (Karten 11 — 14).
An dem verhängnissreichen Morgen des 1. Juli lag eine Hache Depression über Ost-Frankreich und Süd-
Deutschland, eingeschaltet zwischen zwei mächtigen Depressionen, einer nordischen, deren Hauptminimum
über dem Botnischen Meerbusen oder vielleicht noch nördlicher, einer südländischen, deren Minimum wenig
östlich der Balearen zu finden war (Karte 12). Am vorhergehenden Morgen, des 30. Juni, lag das nordische
Minimum über dem mittleren Norwegen, das südländische westlich der Balearen (Karte 11). Der meridionale
Streifen niederen Drucks bestand überhaupt nur am Morgen des 30. Juni, auch liier mit einer ziemlich
starken Abweichung nach Südwesten hin. Er war demnach nichts weiter als ein Ausdruck der gegenseitigen
Verbindung, in welche das nordische und das südländische Depressionsgebiet durch die beiderseits aus-
strahlenden Druckrinnen traten. Dass diese Verbindung thatsächlich eine ganz vorübergehende Erscheinung
war, in dieser Annahme bestärken die Luftdruckkarten der folgenden Morgen (Karten 13 und 14). Die
nordische Depression eilte der südländischen weit voraus und wurde von ihr vollständig durch einen breiter
und breiter werdenden Streifen hohen Druckes geschieden.
Deutet schon dieses Zerreissen des scheinbaren meridionalcn Streifens niederen Druckes vom 30. Juni 1807
direkt auf seine thatsüchlichc Zusammensetzung aus Druckrinnen eines nordischen und eines südländischen
Depressionsgebietes, so muss die NotliWendigkeit dieses Streifens für die Erklärung des Entstehens typischer
Hochwasserdepressionen als gänzlich beseitigt gelten nach den Luftdruckverhältnissen, die mit den Hoch-
wasserkatastroplien vom September 1890 in Zusammenhang standen. Die Hochwasser-Depression war an den
Morgen des 12. und des 13. September an der typischen Stelle mit ihrem Minimum zwischen Breslau und
Krakau zu finden, wie bereits in der Einleitung erwähnt (Karten 4 u. 5).
Verfolgt man die Lnftdruckverhältnisse zurück auf den Karten bis zum Morgen des 9. September
(Karten 1— 3), so ist überhaupt kein Kartenbild zu finden, das auch nur für die Möglichkeit der Entstehung
jener typischen Depression durch Einfällen kleiner Depressionen in einen meridionalen Streifen niederen
Druckes spräche. Vielmehr machten sich vom 9. September an zwei Depressionsgebiete im Norden und
im Süden Mitteleuropas bemerkbar, deren Minima an diesem Tage sich morgens an der mittleren norwegischen
Küste und im westlichen Tlieile des Meerbusens von Genua befanden (Karte 1). Diese Minima verlagerten
sich an den folgenden Tagen wesentlich nach südöstlicher Richtung, das nordische mehr nach Süden, das
südländische etwas mehr nach Osten (Karten 2 u. 3) Auf der Luftdruckkarte vom Morgen des 11. September
(Karte 3) zeigt die südländische Depression, deren Minimum bis zur südlichen Adria gelangt ist, eine Er
weiterung nach Nordosten. Man würde diese Erweiterung als eine einfache Druckrinne der südländischen
Depression ansprechen, wenn sie nicht ein sehr bedeutendes Theilminimum enthielte. Die nordische De
pression ist als selbständiges Gebilde verschwunden. Das Theilminimum der südländischen liegt aber unweit
der Stelle, an der jene in die Druckrinne dieser südländischen Depression einfallen musste, behielt sie anders
die an den vorhergehenden Tagen beobachtete Bewegung und Richtung bei.
Diese Stelle ist allerdings noch südöstlich des für die Hochwasserdepression typischen Ortes gelegen.
Aber an der Hand der Luftdruckkarten der Seewarte für Nachmittag und Abend des 11. September lässt
sich die Verlagerung des Tlieilminimums über Krakau nach Nordwesten verfolgen, bis zu der Stelle, die
von dem typischen Hochwasser-Minimum am 12. und 13. September eingenommen wurde (Karten 4u. 5). Auf
der Luftdruckkarte vom 12. September (Karte 4) sind die Etappen dieser Verlagerung eingetragen.
Es kann beim Studium dieser Karten ein Zweifel daran nicht bleiben, dass die typische Hochwasser-
Depression vom 12. u. 13. September 1899 entstanden ist durch Summation des Minimums einer noi’dischen
Depression mit einer von einer südländischen ausstrahlenden Druckrinne. Sehr augenfällig tritt bei ihr
entgegen, dass sie langsamer und langsamer der zyklonalen Bewegung dieser Druckrinne folgte, bis sie an
den beiden verhängnissvollen Tagen zu nahezu vollständigem Stillstand gelangte. Die Geschwindigkeit ihrer
Verlagerung lässt sich mit aller wünschenswerthen Sicherheit feststellen, da sie in stark nördlicher Richtung
in einem Gebiet nahezu gleicher Beobachtungszeiten stattfand. Die Berechnung ergiebt
für 7"—2P am 11. September durchschnittlich 10.3 m pr. Sekunde
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2P—9P
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