Cäsar Puls; Oberflächentemperaturen und Strömungsverhältnisse etc.
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Im April beginnen dann die für die Entfaltung des Gegenstroms so ungünstigen Windverhältnisse nach
zulassen und rasch stellt sich der Gegenstrom, zuerst nur auf ein ganz enges Bett beschränkt, bald aber
breiter werdend, wieder her, wenn auch ohne grosse Geschwindigkeiten zu erreichen, denn der südliche
Aequatorialstrom hat zu dieser Zeit das Minimum seiner Stärke.
Ueber die Temperatur- und Stromverhältnisse an der Küste von Mittelamerika herrschten bisher die
verschiedensten und unklarsten Ansichten, wohl deshalb, weil niemals starke Strömungen von bedeutender
Länge gefunden worden sind, und weil die zu verschiedenen Zeiten gefundenen starken und schwachen, in
verschiedener Richtung verlaufenden Versetzungen sich nicht zu einem einheitlichen Bilde zusammenschliessen
wollten. Da kann nur eine nach Jahreszeiten gesondert durchgeführte Betrachtung, die auf reichlichem
Material beruht, helfen, und so kann denn das folgende Bild Anspruch auf einen Grad von Richtigkeit er
heben, wie noch keine bisher vorliegende Darstellung. Die grosse Zuverlässigkeit ist einerseits verbürgt
durch die in grosser Zahl vorhandenen Stromversetzungen und weiter dadurch, dass der Verlauf der Ober
flächenisothermen zu dem aus jenen zusammengesetzten Bilde vorzüglich passt, andrerseits aber (da ein nur
aus den an sich nicht allzusicheren Stromversetzungen zusammengesetztes Strombild, zumal in einer Gegend
mit wechselnden Winden und Strömungen, noch keine grosse Sicherheit verbürgt) auch dadurch, dass das
so entstandene Bild den herrschenden Windverhältnissen, sowie den physikalischen Verhältnissen in keiner
Weise widerspricht, sondern vielmehr ihnen so sehr entspricht, dass es fast aus der blossen Kenntniss der
selben heraus theoretisch konstruirt werden könnte.
Den meisten bisherigen Darstellern schwebte ein Monsunphänomen vor, wie es am deutlichsten in der
ersten und letzten Auflage von Berghaus’ physikalischem Atlas zum Ausdruck kommt; dass nämlich im
Nordsommer eine Strömung an der Küste entlang nach Nordwesten, im Nordwinter nach Südosten bis in
den Golf von Panama hineinsetze (doch entsprechen die Winde nicht durchaus diesem Bilde, besonders
wehen im Sommer keine SE-Winde der Küste parallel, die diese NW-Strömung verursachen könnten).
Und wirklich, etwas ähnliches findet in der That statt; Vom Mai an fliesst die Hauptmenge des
Wassers des Gegenstroms an der Küste entlang nach NW, den von dem vorherrschenden NW-Winde ver
ursachten schwachen Südoststrom immer weiter zurückdrängend, bis dieser im September ganz aus unserm
Gebiet verschwunden ist; der Strom schlägt also nicht plötzlich um, sondern die eine Strömung verdrängt
die andere ganz allmählich. Diese NW-Strömung, die auch durchaus nicht an die Küste gebunden ist,
sondern vielmehr den ganzen Raum zwischen der Küste und dem Nordrande des Gegenstroms einnimmt,
ist nicht vom Winde hervorgerufen, sondern ist nur das nach Norden abfliessende Wasser des Gegenstroms,
das nach Süden nicht entweichen kann. Sie tritt daher auch als deutliche Strömung meist nur in ihrem
Anfang auf, wo in einem engen Gebiet unter der Küste das Wasser nach Norden umbiegt. Später, wo sie
ein viel breiteres Gebiet zur Verfügung hat, wird sie schwächer und von dem sehr oft entgegenstehenden
Winde zuweilen ganz unterdrückt. Doch wird im ganzen an der Thatsache, dass das Wasser vom Mai bis
Oktober hier zwischen der Küste und dem Nordrand des Gegenstroms nach NW und W zum nördlichen
Aequatorialstrom abfliesst, nicht zu zweifeln sein; wenn sie auch in den Stromversetzungen nicht deutlich
zum Ausdruck kommt, so deuten doch auch die Temperaturverhältnisse darauf hin.
Vom Oktober an tritt der schwache südöstliche Küstenstrom allmählich wieder in unser Gebiet ein,
den Abflussstrom etwas einengend, so dass dieser, zumal auch die Winde allmählich weniger ungünstig wer
den, in den Stromversetzungen immer deutlicher hervortritt. Im Dezember und Januar ist die südöstliche
Küstenströmung schon bis zum Golf von Tehuantepec vorgedrungen und hier entsteht an der Stelle, wo die
entgegengesetzt gerichteten Strömungen sich treffen, ein Stromwirbel.
Die von der Landenge von Tehuantepec herwehenden stürmischen Nordwinde treffen diesen Wirbel,
aus dem heraus das Wasser nach allen Seiten, vor allem aber nach Westen abfliesst, verursachen starke
Südströmungen und reissen viel Wasser aus der Tiefe empor, so dass die hier concentrisch angeordneten
Isothermen eine ringförmige Kälteinsel bilden.
Inzwischen ist der Abflussstrom in einen Triftstrom verwandelt worden durch den vom November bis
April zuweilen in heftigen Stössen wehenden Papagojo, der auf offenem Ozean in den Passat übergeht.
Dieser heftige Wind treibt das Wasser mit grosser Gewalt von der Papagojoküste fort nach Westen, drängt
den Südrand der Strömung über 10°N.Br. nach Süden und engt auf diese Weise das Ende des Gegen
stroms ein. Dort, wo der Papagojo auf das Wasser trifft, um es vor sich herzutreiben, entsteht durch
kühles Auftriebwasser eine Kälteinsel, die vom November bis zum April bestehen bleibt. Dass dieses Auf