Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S93 No. 7 —
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J. Eliot will die Neigung zu liäsigem Wetter über der Bai zum Theil auf die der Kon
densation des in der Luft enthaltenen Wasserdampfes günstige Anwesenheit von Staub zurück
führen, welcher über Vorderindien durch starke Winde aufgewirbelt und dem vertikalen Kreislauf,
welcher zwischen Land und Meer besteht, überliefert auf der Bai niedersinken würde (Handbook
of cyclonic storms etc. Seite 184).
Vor allem beanspruchen die Niederschlags-Verhältnisse eine eingehendere Behandlung, denn sie
bestimmen in erster Linie den allgemeinen Witterungscharakter.
Wie wir wissen, strömt im Winter von dem vorderindischen, im Frühjahr von dem über der Bai ge*
legenen Luftdruck-Maximum die Luft als NE-Monsun der äquatorialen Luftdruckfurche zu; dort hat sie
eine absteigende Komponente der Bewegungsrichtung, mit der Annäherung an die Furche erhält sie eine
aufsteigende Komponente. Auf dem Wege über die Bai hat sie, zumal die meridionalen Temperatur-Gradienten
klein sind, Gelegenheit Wasserdampf aufzunehmen, welchen sie mit abnehmender Breite immer mehr zu kon-
densiren gezwungen wird; die Regenhäufigkeit wächst vom Luftdruck-Maximum nach Süden. So lange das
Luftdruck-Maximum über dem Festland liegen bleibt (von Oktober bis Januar) vergrössert sich der Abstand
zwischen ihm und der Luftdruckfurche mit der Südwärtsbewegung der letzteren, das regenlose und regen
reiche Gebiet wird durch immer weitere Räume getrennt: die meridionalen Gradienten der Regenwahrschein
lichkeit werden kleiner, zumal in der Luftdruckfurche selber eine Differenzirung der Niederschlags-Vertheilung
von Dezember ab stattfindet, welche eine Abschwächung' jener Gradienten begünstigt (vgl. Seite 18). Im
Februar beginnt durch den schnellen Fall des Luftdrucks über dem Lande im Rücken des NE-Monsuns der
Bai das Luftdruck-Maximum auf das Meer beschränkt zu wrnrden, es rückt nach Süden. Um diese Zeit bat
die Luftdruckfurche ihre südliehste Lage erreicht. Dieser Umstand sowie die Verschiebung des Maximums
auf die Bai haben zur Folge, dass im Februar und März die Niederschlags-Häufigkeit und Bewölkung ihr
Jahresminimum erreichen. Durch die fortgesetzte Südwärtsbewegung des Luftdruck-Maximums und die Nord
wärtsbewegung der Luftdruckfurche, innerhalb welcher die Differenzirung verschwindet, werden die Gegensätze
zwischen Trockenheit und Regenreichthum auf immer kleinere Gebiete zusammengedrängt, die nord-südlichen
Gradienten der Regenhäufigkeit werden ausserordentlich steil, das Vordringen der Luftdruckfurche
gleicht dem Vordringen einer feuchten Luftmasse in eine trockene, an der Vorderfront
finden Gewitter statt (vgl. Tabelle 40 und 42 des Anhangs und die Tabelle auf Seite 23).
Im Gegensatz zu der kondensationsreichen Luft-Zirkulation zwischen dem Luftdruck-Maximum und der
Luftdruckfurche im Süden ist die um Ende Februar beginnende Zirkulation zwischen dem Luftdruck-Maximum
über der Bai und den Gebieten niedrigen Luftdrucks über dem Lande eine vorwiegend trockene. Die dem
Maximum entströmenden Winde finden auf dem Wege nach dem Lande, namentlich zuerst, wenn das Luft
druck-Maximum noch sehr w r eit im Norden der Bai und der Küste nahe liegt, keine Gelegenheit, sich mit
reichlichen Wasserdämpfen zu beladen. Als verhältnissmässig kühle Winde wehen sie in ein Gebiet höherer
Temperatur, ihr Sättigungs-Defizit erhöht sich und selbst, wenn sie über dem Lande aufsteigen, erreichen
sie selten die Höhen, in welchen ihre Temperatur unter den Taupunkt sinken müsste, weil sich die Zirku
lation erst allmählich in höhere Schichten der Atmosphäre ausbreitet. Mit der Entfernung des Luftdruck-
Maximums vom Lande und mit dem Wachsthum des aufsteigenden Astes der Zirkulation werden aber nach
und nach die Bedingungen zur Kondensation günstiger, der „spring storm rainfall“ beginnt über den
küstennahen Gebieten der vorderindischen Halbinsel.
Eine kurze Betrachtung der über Vorderindien um diese Zeit herrschenden Windverhältnisse
muss hier Platz finden, um den Charakter der Regenfälle des Frühjahrs zu erläutern.
In den ersten Monaten des Jahres sinkt der Luftdruck schneller über dem nordöstlichen Theil der
Halbinsel als über dem nordwestlichen. Infolge dessen wird von dem Luftdruckrücken, welcher sich in den
Wintermonaten von der Indusebene sfidostwärts bis an die Orissaküste erstreckt, der südöstliche Theil eher
abgetragen als der nordwestliche, es bleibt bis Ende April etwa ein Luftdruck-Maximum über dem südlichen
Theil der indischen Wüste bestehen, welches mit dem über der Gangesebene und Orissa gelegenen niedrigen
Luftdruckgebiet in Luftaustausch tritt. Es werden nordwestliche und westliche Winde in der Gangesebene
und südlich davon in Bewegung gesetzt, durch ihre Hitze und Trockenheit bestimmen sie den Charakter der
Jahreszeit über dem nördlichen und zentralen Indien. Ihre Stärke ist einer bedeutenden täglichen Schwan
kung unterworfen. Zur Zeit der höchsten Tagestemperatur, wenn durch die ausserordentlich starke Er
hitzung des Landes und der untersten Luftschichten das vertikale Gleichgewicht der Atmosphäre am meisten