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Theilen bereits vollendet vorlag, musste in Folge jener betrübenden Verhältnisse soweit zurückgelegt werden,
dass es bei der Wiederaufnahme zweckmässig erschien, eine theilweise, aber erhebliche Arbeit bedingende
Umgestaltung des ganzen Werkes eintreten zu lassen; bei dem ausserordentlich raschen Entwickelungsgange
meteorologischer Forschungen in unserer Zeit kann man von dem Eintreten einer solchen Eventualität kaum
überrascht sein. Dass unter diesen Umständen die Einstellung weiterer wissenschaftlicher Kräfte für das
gedeihliche Wirken des Institutes von Bedeutung sein musste, liegt auf der Hand.
Im Laufe des Jahres 1879 mussten auch alle Vorbereitungen für die Inangriffnahme des Baues des
neuen Dienstgebäudes der Seewarte getroffen werden; die damit verknüpften Arbeiten, welche insonderheit
dem Direktor und dem Verwaltungspersonale zufielen, waren sehr erheblicher Natur. In dem XII. Abschnitte
des ersten Jahresberichtes wurden im Paragraphen 3 die Vorgeschichte und die einleitenden Schritte für
den Bau jenes Dienstgehäudes dargelegt. Es ist zwar daraus zu erkennen, dass heim Abschlüsse des
Jahres 1878 bereits die wichtigsten FormaPtäten, ehe die Bewilligung des Grund und Bodens in Kraft treten
konnte, erfüllt waren, es blieb jedoch noch sehr Vieles zu thun übrig, wie wir Dieses an der geeigneten
Stelle dieses Berichtes sehen werden, ehe an die Okkupirung des Grund und Bodens und den wirklichen
Beginn der Bau-Arbeiten gedacht werden konnte. Wir werden in dem nächsten Abschnitte zu berichten
haben, dass noch in dem in Frage stehenden Jahre mit dem Baue begonnen werden konnte, woraus zur
Genüge erhellt, wie alle Anstrengungen gemacht werden mussten, damit die Thätigkeit des Institutes durch
den Bau keinerlei Beeinträchtigung zu erleiden hatte.
Die Einleitung zu dem ersten Jahresberichte über die Thätigkeit der Deutschen Seewarto verbreitete
sich mit besonderer Vorliebe über die Art und Weise der Wechselbeziehung zwischen dem Wirken des
Institutes und den Gegenleistungen, welche die Wissenschaft von den Arbeiten des praktischen Seemannes
erhalten kann und muss. Die Direktion war ganz besonders bemüht, diese Wechselbeziehung weiter zu
fördern und, wenn immer sich eine Gelegenheit dazu bot, eine klarere Einsicht in die Wichtigkeit jener
Beziehungen herbeizuführen. Mit besonderer Befriedigung konstatirt die Direktion schon an dieser Stelle,
dass ihre dahin gerichteten Bemühungen erfolgreich waren, sofern zunächst und vor Allem ihr Verhältnis
zu dem praktischen Seemannsstande in Betracht kommt. Es wurde schon ein Nachdruck auf die erhöhte
Inanspruchnahme des Institutes von Seiten jenes Standes gelegt, während andererseits hervorgehoben werden
muss, dass sich die Betheiligung der Seeleute an den Arbeiten auf dem Gebiete der Meteorologie und der
Anwendung der Lehre vom Magnetismus in einem Maasse steigerte, dass heute wohl behauptet werden kann,
es befinde sich kein anderes Institut in Hinsicht auf Güte und Umfang des Beobachtungsmateriales in einer
günstigeren Lage, als die Deutsche Seewarte.
Es wird an einer anderen Stelle gezeigt werden, dass Das, was so eben mit Beziehung auf die Arbeiten,
welche in der Navigation eine Verwendung finden, gesagt wurde, auch hinsichtlich der Pflege der Küsten-
Meteorologie und des Sturmwarnungs - Wesens seine Gültigkeit hat, sodass man wohl behaupten darf, dass
heute die Einrichtung des Institutes in allen jenen Kreisen, für welche dessen Thätigkeit berechnet ist, als
eine Wohlthat empfunden wird. Wenn hier und da ein Verständniss hierfür noch mangelt oder wenigstens
noch nicht zum vollen Durchbruche gekommen ist, so tritt Dieses nur in einzelnen Kreisen und hei einzelnen
Individuen zu Tage. Die Erklärung finden solche Fälle in dem der menschlichen Natur anhaftenden Ske
ptizismus, in dem Bestreben hei dem Althergebrachten zu verharren, der Abneigung gegen das Schulen des
Geistes in der Anwendung neuer, auf einem vorgeschrittenen Standpunkte stehender Maximen und leider
in vereinzelten Fällen auch in der Unfähigkeit, in das Wesen der Wirksamkeit eines Institutes, wie die
Seewarte, einzudringen.
In dem Bewusstsein, den vorgezeichneten hohen Zielen um ein gutes Stück näher gekommen zu sein,
die Seewarte mehr und mehr in ihrer Entwickelung zu einer Zentralstelle für die Pflege einer wissenschaft
lichen Nautik und der ausübenden Witterungskunde gestaltet zu haben, wird die Direktion unentwegt in
der eingeschlagenen Richtung verharren. Sie wird nicht ahlassen von der Ausbildung der einzelnen Ein
richtungen, welche das Wesen des ganzen Institutes ausmachen. Allerdings kann in gewissem Sinne ein
Abschluss in dieser Ausbildung erst dann herheigeführt werden, wenn das Institut von den neüen, den
Anforderungen der Wissenschaft und der Praxis entsprechenden Räumlichkeiten Besitz ergriffen haben wird,
wenn die Sammlungen vervollständigt und entsprechend aufgestellt und die noch immer bestehenden erheb
lichen Lücken in unserer deutschen nautisch-physikalischen Literatur ausgefüllt sein werden.