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Full text: 44: System Nordsee - Zustand 2005 im Kontext langzeitlicher Entwicklungen

3.5 Temperatur 
System Nordsee 
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Sinne des systemischen Ansatzes dieser Studie, die beobachteten Regimewechsel 
der Nordseetemperatur in einen großräumigen Kontext in Hinsicht auf (anti-)parallele 
Entwicklungen insbesondere im Nordpazifik zu stellen und dabei kurz auf Zusammen 
hänge mit wichtigen Variabilitätsmustern, nämlich ENSO, PDO, PNA und NAO, einzu 
gehen. 
Interessanterweise wurden nämlich synchrone, teils entgegengesetzte Regimeshifts 
im Klima- und Ökosystem des Nordpazifik beobachtet (Hare und Mantua 2000, King 
2005). Diese Veränderungen wurden u. a. mit dem El Niño / Southern Oscillation Phä 
nomen in Verbindung gebracht (Miller et al. 1994, Graham 1994). Das 1977 einset 
zende nordpazifische Warmregime ging beispielsweise mit 3 El Niño (Warm) Ereignis 
sen und persistent negativem Southern-Oscillation-Index einher und endete 1988 mit 
einem starken La Niña (Kalt) Ereignis (Trenberth 1990). Der >great climate shift oft 
the mid-1970s<, der einen starken globalen Erwärmungstrend einleitete, war mit Um 
brüchen aller Art in vielen Regionen der Erde verbunden (z. B. Trenberth 2007), zu 
denen auch der abrupte Wechsel in ein Kaltregime im Nordseeraum zu zählen ist. In 
diesem Zusammenhang erscheint bemerkenswert, dass die epochalen Eiswinter in 
Nord- und Ostsee (s. a. Abb. 3-29, S. 132) mit gleichzeitigen El Niño Episoden zu Beginn 
der 1940er eintraten (Koslowski und Loewe 1994, Brönnimann et al. 2004). 
Ein ebenso wichtiger Faktor für das Auftreten dekadischer Temperaturregimes im 
Nordpazifik (PDO, Pacific Decadal Oscillation) sind Position und Intensität des 
Aléutentiefs (Schneider und Cornuelle 2005), als Bestandteil des Pazifik-Nordame- 
rika-Luftdruckmusters (PNA). Honda und Nakamura (2001) zufolge waren die Variati 
onen des Aléutentiefs in den Wintern des Untersuchungszeitraum 1973 - 1994 mit de 
nen des Islandtiefs (als Bestandteil der NAO) antikorreliert. Demnach waren die ge 
gensätzlichen Temperaturregimes im Nordpazifik und in der Nordsee in diesem 
Zeitfenster mit inversen PNA- und NAO-Modes assoziiert. Eine Kohärenzanalyse ab 
rupter Änderungen in langen Index-Zeitreihen der NAO, des Aléutentiefs (NPI) und der 
PDO (Schwing et al. 2003) bestätigt diese Zusammenhänge in Form einer bemer 
kenswerten Korrespondenz in den Eintrittszeiten der durch diese Klimaindizes reprä 
sentierten Regimewechsel. Das PNA-Muster aber auch SST-Anomalien im tropischen 
Atlantik (>atmospheric bridge<) werden als Bindeglieder zwischen ENSO-Forcing und 
NAO-Response gesehen (z. B. Pozo-Vázquez et al. 2001). 
Einfache physikalische Erklärungen, Kausalzusammenhänge oder eine schlüssige 
Abfolge von Wirkungsereignissen hinter den beobachteten abrupten Veränderungen 
lassen sich in Anbetracht der komplexen Dynamik des Klimasystems kaum angeben. 
Umso interessanter ist eine innovative Studie von Tsonis et al. (2007), die durch An 
wendung von Konzepten der Netzwerk- (Tsonis et al. 2006, Tsonis und Elsner 
2007) und Chaostheorie (Duane und Tribbia 2001, Boccaletti et al. 2002) auf einen 
neuen dynamischen Mechanismus für starke Klimaverschiebungen gestoßen sind. 
Die Untersuchung des kollektiven dynamischen Verhaltens 4 dominanter Moden der 
Klimavariabilität (ENSO, NAO, NPO, PDO) im Rahmen eines interaktiven Netzwerks 
ergab, dass dieses Netzwerk nichtlinearer gekoppelter Oszillatoren im vergangenen 
Jahrhundert mehrfach synchronisierte bzw. in Resonanz geriet. Diejenigen Synchro 
nisationsereignisse, denen sich ein den synchronen Zustand zerstörender Anstieg in 
der Kopplungsstärke der Moden anschloss, ereigneten sich zeitgleich mit signifikanten 
Trendänderungen in der globalen Temperaturentwicklung, nämlich -1910, -1940 und 
1976/77 (vgl. Levinson und Lawrimore 2008). Neuere Ergebnisse von Swanson und 
Tsonis (2009) deuten auf eine erneute Klimaverschiebung hin, die sich zeitgleich mit 
dem letzten Regimewechsel der Nordseetemperatur 2001/02 ereignete und mit einer
	        
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