Die Küste, 1 Heft 1 (1952), 69-89
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eine Erhöhung des Wasserstandes im östlichen Skagerrak, aber eine Erniedrigung im westlichen
Teil der Ostsee, begünstigen damit ein großes Spiegelgefälle zwischen Skagerrak und Ostsee
und demzufolge einen starken Oberflächenstrom durch die Durchlässe der Beltsee in Richtung
auf die Ostsee. In engem Zusammenhang mit den Änderungen des Spiegelgefälles zwischen
beiden Seegebieten, die mit den Änderungen von Richtung und Stärke des Windes auftreten,
unterliegt auch der Durchstrom Schwankungen in der Geschwindigkeit und Wechsel in der
Richtung. Es sind auch andere Anteile in den beobachteten Oberflächenströmungen enthalten,
wie Gezeitenströme, Strömungen im Zusammenhang mit Eigenschwingungen einzelner See-
gebicte oder der ganzen Ostsee, Triftströmungen oder Strömungen, die aus dem unterschied
lichen Dichtcaufbau der Wassermassen folgen. Sie spielen aber gegenüber den windbedingten
Gefällsströmungen zwischen Kattegat und Ostsee eine untergeordnete Rolle. Dies gilt natur
gemäß nur für die Durchlässe und ihre Verbindungsstücke, es gilt nicht für die randlichen
Buchten. Zu diesen Buchten gehört aber die Lübecker Bucht.
Nur gelegentlich nimmt die Lübecker Bucht mittelbaren Anteil an den Vorgängen des
Durchstromes zwischen Fehmarn-Belt und Gedser-Enge. Dies tritt dann ein, wenn bei lang
anhaltendem Ein- bzw. Ausstrom der eigentlichen Ostsee salzreiches Kattegatwasser oder
salzarmes Ostseewasser sich in den oberen Wasserschichten bis in die innere Lübecker Bucht
ausbreitet. Für die Entwicklung der Strömungen selbst werden jene Anteile entscheidend,
denen für die Wasserbewegung in den Durchlässen der Beltsee und ihren Verbindungsstücken
nur zweitrangige Bedeutung zukommt. Abgesehen vom periodischen Gezeitenstrom sind auch
diese Anteile in den gemessenen Strömungen mittelbar oder unmittelbar vorwiegend vom
Winde abhängig. Eine Behandlung der Strömungsverhältnissc in der Lübecker Bucht setzte
deshalb voraus, daß die Messungen bei verschiedenen Windlagen erfolgten. Hierin lagen die
besonderen äußeren Schwierigkeiten des Untersuchungsprogramms, das sich nicht kurzfristig
auf eine Auswahl von Wetterlagen abstellen ließ. Mehrfache Wiederholungen bzw. Dauer
messungen waren notwendig, um wenigstens eine gewisse Anzahl von Wetterlagen zu er
fassen. Im folgenden machen es Raumgründe erforderlich, unter ihnen eine enge Auswahl zu
treffen. Wir beschränken uns hauptsächlich auf die Beobachtungen bei östlichen und westlichen
Winden. Diese Begrenzung erscheint insofern begründet, als damit die Gegensätze in den
Stromverhältnissen bei auflandigen und ablandigen Winden in der Lübecker Bucht zur Dar
stellung gelangen.
2. Das Untersuchungsprogramm und seine Durchführung
Keine einzelne ozeanographische Meßmethode gestattet, die Mannigfaltigkeit der Strö
mungsvorgänge in ausreichender Vollständigkeit zu erfassen, besonders nicht im vorliegenden
Seegebiet bei der zu erwartenden Veränderlichkeit der Strömungen. Erst aus der gegenseitigen
Ergänzung der Ergebnisse nach verschiedenen Untersuchungsmethoden, die nebeneinander zur
Anwendung gebracht wurden, konnte man hoffen, dem Untersuchungsziel näher zu kommen.
Es handelte sich um folgende Methoden, die zur Anwendung gelangten:
I. Abgrenzung der Wasserkörper nach Temperatur und Salzgehalt und Verfolgung ihrer
Ausbreitung durch wiederholte Messungen in ein- bis dreitägigen Abständen innerhalb
eines festgelegten Stationsnetzes.
II. Messungen der Strömungen innerhalb des gleichen Stationsnetzes mit dem Stromkreuz an
der Oberfläche und in Bodennähe.
III. Messungen der vertikalen Stromverteilung vom verankerten Schiff an ausgewählten
Punkten über einen längeren Zeitraum. Zugrunde gelegt wurden 48 Stunden bei Ver
wendung des bifilar aufgehängten Strommessers nach H. Rauschelbach (9).
IV. Dauerstrommcssungeti in einer Tiefe an ausgewählten Punkten über mehrere Wochen.
Hierfür wurden drei Schaufelradstrommesser verwendet.