Anbindungsleitungen für Offshore-Windparks
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5.1.1.2 Gleichstromsystem: Selbstgeführte Technologie
Das Gleichstromsystem auf der Konverterplattform wird als selbstgeführte
Hochspannungsgleichstromübertragung ausgeführt.
Die bestehenden und geplanten Netzanschlusssysteme in der Nordsee werden in
selbstgeführter (sogenannte VSC - voltage sourced Converter) Technologie ausgeführt. Im
Rahmen des BFO-N wird diese Variante als Standard festgelegt.
Die selbstgeführte HGÜ kann im Gegensatz zur klassischen, netzgeführten Technologie ein
Netz wiederaufbauen ohne dass Blindleistung aus dem angeschlossenen Drehstromsystem
bereitgestellt werden muss. Beim Netzanschluss der Offshore-Windparks ist auf der Seeseite
kein stabiles Netz vorhanden. Daher ist diese Eigenschaft notwendig, um die Übertragung nach
einem Netzfehler selbstständig wieder aufzubauen, im Normalbetrieb zu steuern und das
umliegende Drehstromnetz zu stabilisieren.
Auch im Technologiekonzept für den Netzausbau an Land ist im Rahmen des durch die BNetzA
bestätigten Netzentwicklungsplans ein Ausbau mit selbstgeführter HGÜ vorgesehen. Der
Einsatz der selbstgeführter HGÜ eröffnet zudem die Möglichkeit, zukünftig ein vermaschtes
Gleichstromnetz - sowohl offshore als auch in Verbindung mit dem HGÜ-Landnetz -
umzusetzen.
Mit dem Einsatz der selbstgeführten HGÜ-Variante ergeben sich weitere Vorteile gegenüber der
klassischen Technologie, die für den Einsatz zum Anschluss der Windparks auf See von
besonderer Bedeutung sind: Die klassische hat gegenüber der selbstgeführten HGÜ
grundsätzlich einen deutlich höheren Platzbedarf. Für einen isolierten Anschluss mit
netzgeführter Technologie wären zudem zusätzliche Generatoren auf der Offshore-Plattform
bzw. Verbindungen zu VSC-Anschlüssen notwendig, um das Übertragungssystem zu starten,
so dass die Plattform gegenüber der VSC-Technologie insgesamt um ein mehrfaches größer
und damit mit den gängigen Plattformkonzepten kaum umsetzbar würde.
Die selbstgeführte HGÜ kann zudem unter Einsatz von Kunststoffkabeln realisiert werden.
Diese sind gegenüber Papier-Öl-isolierten Massekabeln (Ml-Kabel) grundsätzlich umwelt
freundlicher. Zum anderen ist die Verfügbarkeit der Kunststoffkabel am Markt deutlich höher
und die Verlegung kann bedeutend schneller erfolgen. Aufgrund der Vielzahl der in den
nächsten Jahren zur Erreichung der Ziele der Bundesregierung für den Ausbau der Offshore-
Windenergie umzusetzenden Projekte, fallen Verfügbarkeit und Lieferzeit der Kabel deutlich
mehr ins Gewicht als dies bei Einzelprojekten wie z. B. grenzüberschreitenden Stromleitungen
der Fall ist.
In der Gesamtschau dieser Argumente überwiegen die Vorteile der selbstgeführten HGÜ-
Technologie, obwohl diese nur in einem Leistungsbereich verfügbar ist, der deutlich unter der
klassischen HGÜ liegt, mit der der Gesamttrassenbedarf wie auch die Übertragungsverluste
reduziert werden könnte. Die im Rahmen des Erstaufstellungsverfahrens vorgebrachten
Beispiele für einen Einsatz der klassischen HGÜ sind nicht mit den im Rahmen des BFO-N
geplanten Projekten vergleichbar, da es sich um Verbindungen handelt, die jeweils in stabile
Drehstromnetze eingebunden sind und deren Kopfstationen an Land errichtet werden.
Die Festlegung des Einsatzes der selbstgeführten HGÜ gilt für die sukzessive Erschließung der
Cluster sowie den grundsätzlichen Aufbau eines Offshore-Netzes. Im Rahmen der
Fortschreibungen wird weiter zu prüfen sein, inwiefern ggf. auch Anbindungen mit anderen
Konzepten unter Nutzung der netzgeführten HGÜ in die bestehende Infrastruktur eingebunden
werden können. Hier könnten ggf. bestehende VSC-Anbindungen das notwendige Netz für
netzgeführte HGÜ-Verbindungen aufbauen. So kann ggf. durch die größere Leistung der
netzgeführten HGÜ-Anbindungen die Gesamtzahl der Anschlusssysteme und damit der in
Anspruch genommene Raum reduziert werden bzw. modulare HGÜ-Konzepte umgesetzt
werden.