2 Atmosphärenphysik
54
System Nordsee
2.3.5 Lebensdauern
Bereits bei flüchtiger Betrachtung der vereinfachten Wetterlagenkalender sticht her
vor (Tab. 2-6, 5. 48 & Tab. 2-8, 5. 49), dass jede der 6 Wetterlagen eine ausgeprägte
Neigung zur Klumpen- oder Sequenzbildung aufweist. Die Wahrscheinlichkeit dafür,
dass eine Wetterlage nach ihrem erstmaligen Eintreten einige Tage lang andauert,
ist offenbar erheblich höher als aufgrund der Jahreshäufigkeit ihres Auftretens, die in
jedem Fall unter 30% lag (Tab. 2-5,5.47 & Abb. 2-4,5.52), zu erwarten wäre.
Zur Untersuchung dieses Phänomens wurden zunächst Histogramme der Sequenz-,
Episoden- oder Lauflänge (run length) der verschiedenen Wetterlagen für die Jahre
2006 und 2007 berechnet 2 , die Häufigkeiten der Wetterlagenläufe mit gleicher Lauf
länge nach fallender Größe sortiert und gestapelt dargestellt (Abb. 2-6). Da die Häufig
keit der Läufe mit zunehmender Lauflänge sehr stark abfällt, wurden die Frequenzen
der Histogramme für eine bessere visuelle Greifbarkeit mit der jeweiligen Lauflänge
skaliert (run frequency x run length). Auf diese Weise lässt sich zudem unmittelbar
ablesen, wieviel Zeit eines Jahres auf Läufe bestimmter Länge entfällt. Die Gesamtan
zahl der Läufe ist für jede Lauflänge oberhalb des Stapels notiert, die wetterlagenspe
zifische Laufhäufigkeit (sofern > 1) innerhalb der Stapelelemente angegeben. Aus der
Analyse der Wetterlagenabfolge im Zeitraum 1971 -2000 ergeben sich schließlich
die Stapelhöhen für ein klimatologisches Jahr, welche zur leichteren Einordnung der
Ergebnisse durch Pluszeichen in der Abbildung kenntlich gemacht sind.
Wie schon aufgrund teils erheblicher Differenzen im Vorkommen der Wetterlagen zur
Häufigkeitsklimatologie zu erwarten steht (Abb. 2-4,5.52), weisen beide Stichproben
(2006 & 2007) eine Reihe von Abweichungen gegenüber der klimatologischen Lauf
längenverteilung auf, die auch in der skalierten Darstellung exponentiell zu hohen
Lauflängen hin abfällt. So bildet sich beispielsweise das hohe Aufkommen N-licher
Wetterlagen (NE & NW) im Jahr 2007 auch in der Frequenz langer Läufe ab, die ge
genüber 2006 und für Lauflängen > 4 Tage von 1 auf 6 anwuchs, während diejenige
der S-Lagen (SE & SW) von 7 auf 1 abfiel. Dennoch entspricht die Anzahl aller solcher
Läufe (> 4 Tage) mit 14 in beiden Jahren der Klimatologie (13,6). Mit Ausnahme der
NW-bedingt stark erhöhten Häufigkeit von 6-tägigen Läufen im Jahr 2007, weichen
selbst die für individuelle Lauflängen über die Wetterlagen summierten Frequenzen in
diesem Jahr kaum von der Klimatologie ab. Die in Summa stärksten Abweichungen
im Jahr 2006 bestehen in der überdurchschnittlichen Häufung von Läufen der Länge
2 Tage und im entsprechend verminderten Vorkommen von Läufen im Bereich von 3
bis 4 Tagen.
In beiden Jahren erreichte jeweils eine A-Lage die höchste Lauflänge, nämlich eine
Lebensdauer von 11 Tagen. Im Zeitraum 1971 -2000 traten 12 Läufe dieses Typs
auf, die höhere Lebensdauern zwischen 12 und 18 Tagen erreichten. Von den übrigen
Wetterlagen wurden in diesem Alterssegment lediglich 2 SW-Lagen (13 & 17) sowie
jeweils eine SE- (13) und C-Lage (14) vorgefunden. Auch die Alterklasse von 9 bis 11
Tagen wird von der A-Lage mit 20 Episoden dominiert, gefolgt von der SW- (13) und
NW-Lage (5). Die Wetterlage SE war in dieser Klasse nur 2-mal vertreten, die NE- und
C-Lage gar nicht.
Die mittlere Lebensdauer eines Motorrades lässt sich schlicht als Quotient des über
alle Motorräder summierten individuellen Verschrottungsalters zur Gesamtzahl der
2. Die ununterbrochene, zeitdiskrete Folge der Wetterlage W, der eine andersartige Wetterlage IW vorausgeht
und folgt, wird hier synonym als Seguenz, Episode oder Lauf bezeichnet. Die zeitliche Länge dieser Folge heißt ent
sprechend Seguenz-, Episoden-, Lauflänge oder Lebensdauer des Individuums IN.