2.3 Wetterlagen
System Nordsee
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(>SG<) und sehr starker Sturm (>VSG<). Der Verteilung der blauen Kreuze, welche
Tagesereignisse jenseits der 0,1 % Kontur kennzeichnen, ist zu entnehmen, dass die
häufigsten und stärksten Sturmlagen an zyklonale Rotationsformen und Winde aus
der westlichen Hemisphäre gebunden sind. Der in Abb. 2-1 dargestellte Orkan >Orkun<
wurde als >VSG< identifiziert. Aufgrund der dezentralen Lage des Kerndrucks domi
niert der Wind-Index V* (40,4 hPa) den Sturm-Index G* (45,3 hPa), welcher über die
elliptische Beziehung (V* 2 + VaQ" 2 )^ definiert ist. Mit dem Vorticity-Index von 40,8 hPa
liegt das Verhältnis ¿;*/V* gerade über 1 und >Orkun< knapp oberhalb der Winkelhal
bierenden im hybriden Sektor >CDIR< der Zirkulationsverteilung (Abb. 2-2).
2.3.2 Wetterlagenkalender
Dieser Abschnitt dokumentiert die Weiterentwicklung über der Nordsee in den Jah
ren 2006 und 2007 durch Jahreskalender der klassifizierten täglichen Wetterlagen
(Tab. 2-1 & Tab. 2-3, S. 45). Diese Kalender sind speziell geeignet, Besonderheiten in
physikalischen und chemischen Zustandsvariablen aufzuklären, sofern diese vom Zir
kulationszustand der Atmosphäre maßgeblich beeinflusst oder sogar getriggert wer
den. Beispiele hierfür sind Ein- und Ausstromereignisse (Kap. 3.2.3,5.122), Reststrom
muster in der Deutschen Bucht (Kap. 3.2.4,5.125), Deckschichtvertiefung und -erosion
(Kap. 3.5.3, S. 147) oder hohe Bleigehalte im Januar 2007 (Kap. 4.4.3.6, S. 248).
Die zeitliche Abfolge der täglichen Luftdruckfelder wird mit etwas Übung filmhaft nach
vollziehbar, wenn man sich den Rotationssinn von Hoch- und Tiefdruckzellen und die
von der Lage solcher Druckgebilde relativ zum »Beobachter« (bei 55° N/5° E, vgl.
Abb. 2-1, 5.41) abhängigen Windrichtungen anhand von Abb. 2-3, 5.46 vergegen
wärtigt. Diese zeigt eine schematische Darstellung einer W-Wetterlage im Nordsee
raum, die ein Beobachter (bei W) in der Frontalzone zwischen dem Tiefdruckwirbel
im Norden und der Hochdruckzelle südlich davon feststellt. Zur Approximation ande
rer Richtungswetterlagen sind entsprechende Markierungen der beiden Druckzeilen
translatorisch im Zentrum des die Nordsee repräsentierenden Graphikrahmens zur
Deckung zu bringen. Ein Tiefdruckgebiet, das ostwärts über die zentrale Nordsee hin
wegzieht, könnte beispielsweise bei geeigneter Geschwindigkeit als Sequenz S-CS-
C-CN-N im Kalender registriert werden. Allgemein gilt: der hohe Druck befindet sich
zur Rechten des Beobachters, sofern dieser dem Wind den Rücken kehrt.
A(DIR)-Lagen (blau) herrschten an 121/120, C(DIR)-Lagen (rot) an 79/73 Tagen des
Jahres 2006/2007 (Tab. 2-1 /Tab. 2-3). Die Anzahl 1 -3Tage andauernder Ereignisse
bzw. Episoden war für beide Gruppen in beiden Jahren mit 31/36 (C(DIR)) und 38/33
etwa gleich groß. Nur in der A(DIR)-Klasse traten Episoden ein, die länger als eine
Woche und bis zu 12 Tage andauerten (4/3). Derart persistente C- & CDIR-Sequen-
zen sind aufgrund des gewöhnlich transienten Charakters von Tiefdrucksystemen
auch kaum zu erwarten.
Bei weniger rigider Betrachtungsweise lassen sich jedoch in den Kalendern durchaus
langlebige zyklonal geprägte Phasen wechselhaften Wetters ausmachen; beispiels
weise diejenige im August 2006, welche die Hitzewelle in Europa beendete oder dieje
nige, die von Mitte Juni 2007 bis in die 3. Juli Dekade hinein als regnerisch unterkühl
ter Sommer in Norddeutschland spürbar war. Ungewöhnlich stabiles Hochdruckwetter
(A(DIR)) herrschte an 17/15 Tagen im Juni/Juli 2006 (Hitzewelle), aber auch im zu
kühlen Winter 2006 (JFM: 36), im April 2007 (24) - dem nordhemisphärisch wärmsten
April seit 1881 - und im Oktober 2007 (23).