4 Meereschemie
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System Nordsee
4.4.4 Sediment
Der Meeresboden stellt die wichtigste Senke für Spurenmetalle im marinen Ökosys
tem dar. Er kann jedoch durch Resuspension von historisch deponiertem, höher belas
teten Material regional auch als Belastungsquelle wirken (vgl. Kap. 4.4.3.3, S. 243). Die
Funktionsweise des Meeresbodens ist u. a. von Strömungsstärke, Turbulenz, Bathy
métrie und den Eigenschaften des Sediments selbst abhängig. Hierbei können seine
physikalischen Eigenschaften und seine chemische Zusammensetzung regional stark
variieren. In der Deutschen Bucht wird die volle Variationsbreite vom schlickigen über
sandige bis hin zu steinigen Sedimenttypen vorgefunden, wobei jeder individuelle
Typ an sich eine spezifisch ausgeprägte Affinität zu Schadstoffen/Metallen aufweist.
Um die Vergleichbarkeit von Belastungsuntersuchungen in unterschiedlichen Regi
onen zu erhöhen, werden Normierungsverfahren angewendet. Hier hat sich für die
Bestimmung von Metallgehalten im Sediment deren Normierung auf den Feinkorn
anteil (Korngrößen < 20 pm) bzw. deren direkte Bestimmung in der Feinkornfraktion
durchgesetzt, die in der deutschen Meeresüberwachung bereits seit über 20 Jahren
durchgeführt wird. Daneben werden auf internationaler Ebene (z. B. OSPAR 2002)
auch Normierungen auf die Aluminium- oder Lithiumgehalte, sowie für organische
Schadstoffe auf gesamtorganischen Kohlenstoff (TOC) verwendet. Eine Normierung
auf die Gehalte von Matrixelementen, z. B. 5% AL oder 50 mg/kg Li, liefert sehr ähnli
che Ergebnisse wie die Normierung auf den Feinkornanteil, da beide Elemente deut
lich in dieser Sedimentfraktion angereichert sind. Eine Normierung auf TOC versucht
hingegen, die besondere Affinität organischer Schadstoffe zum organischen Kohlen
stoffanteil im Sediment auszugleichen.
In den Jahren 2006 bis 2007 wurden alle Trendmonitoringstationen jeweils einmal be-
probt. Drei Stationen südöstlich von Helgoland wurden, über das jeweilige Jahr verteilt,
viermal untersucht. Die höhere Probenahmefrequenz im äußeren Elbe-Ästuar dient
der Erfassung der deutlich erhöhten Dynamik im Oberflächensediment dieses Seege
bietes. Weiterhin wurden während der Nordseeaufnahme im August 2006 flächende
ckend auf dem Stationsraster der ozeanographischen Messungen Oberflächensedi
mentproben im gesamten Nordseegebiet entnommen, um zusätzliche Informationen
über die Randbedingungen der räumlichen Elementverteilung in der Deutschen Bucht
zu erhalten. Für die im folgenden Text beschriebenen Trenduntersuchungen sowie die
Belastungsbewertungen wurden zur Verbesserung der Statistik Stationen zu Grup
pen zusammengefasst. Die räumliche Lage der Stationen und Ausdehnung dieser
Gruppen ist in Abb. 4-52 (rechts) durch rote Ellipsen markiert. Im Einzelnen handelt
es sich um drei Stationen in der zentralen Nordsee (TE), vier im Bereich der Weißen
Bank (WB), zwei Stationen vor Sylt (L), weitere zwei Stationen vor der Emsmündung
(ES) und zwei Stationen im Schlickfallgebiet südöstlich von Helgoland (KS).
4.4.4.1 Merkmale des Feinkornanteils
Die vorwiegend am Schwebstoff gebundenen Spurenelemente sedimentieren in der
Nordsee in relativ eng umgrenzten Gebieten. Physikalisch zeichnen sich diese Re
gionen vor allem durch einen geringen Eintrag kinetischer Energie aus; einmal sedi-
mentierte Teilchen zeigen hier nur geringe Neigung zur Resuspension. Das wichtigste
Sedimentakkumulationsgebiet der Nordsee befindet sich im tieferen Teil des Skager
rak und in der Norwegischen Rinne. Aber auch im Schlickfallgebiet südöstlich von
Helgoland, im Urstromtal der Elbe, wird Nettosedimentation beobachtet. Hier enthält
das Sediment einen hohen Feinkornanteil (Korngrößen < 20 pm) von 15% bis 45%.