4.3 Organische Stoffe
System Nordsee
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Stoffe sinnvoll und erfolgreich ist. Dabei fiel allerdings auf, dass die Zuordnung einzel
ner Stationen zu bestimmten Quellen aufgrund unterschiedlicher Strömungen zeitlich
variieren kann und die Auswirkungen von den Quellstärken abhängig sind. Für prak
tisch alle Stoffe gilt, dass das von Südwesten in die Deutsche Bucht einströmende
Nordseewasser deutlich vorbelastet ist.
In der nordöstlichen Nordsee ist weiterhin das Ostseewasser als eigenständige Ein
tragsquelle identifizierbar. So ergibt sich etwa für die Diuron-Konzentrationen zwi
schen Baltischem Ausstrom (Station >40<, 1,3 ng/L, S = 29,4) und nördlichem at
lantischen Einstrom (Station >45<, S = 35,2) ein Gefälle von lediglich -0,2 ng/L pro
Einheitssalzgehalt (Abb. 4-36) und damit eine signifikant flachere Mischungsgerade
als im Elberegime (-1,55 ng/L pro Einheitssalzgehalt).
Um den Einfluss der stofflichen Eigenschaften auf die Verteilung in der Deutschen
Bucht zu untersuchen, wurden in Abb. 4-37 die Konzentrationen als %-Anteil der Stade-
Konzentrationen dargestellt, d. h. es wird die »Verdünnung« der Quellkonzentrationen
durch Meerwasser in der DB dargestellt - zum Vergleich ist ferner der »Süßwasser
anteil« (SW) dargestellt. Bei streng konservativem Verhalten müssten Süßwasserkur
ve und Herbizidkurven aufeinander liegen. Bei Kurven, die unterhalb der SW-Kurve
liegen, findet - neben der Verdünnung - eine zusätzliche Konzentrationsverringerung
durch einen weiteren Prozess statt. Da die betroffenen Komponenten Irgarol und Ter-
butylazin lipophiler sind als die übrigen Stoffe, könnten Adsorptions- und Sedimenta
tionsverluste durch Schwebstoffe die Ursachen sein. Ebenso würden natürlich auch
Abbaureaktionen diesen Verlauf erklären. Bei den Kurven oberhalb der SW-Kurve
müssen zusätzliche Quellen als Erklärung gefunden werden. Bei dem Abbauprodukt
Desethylatrazin wäre ein Abbau von Atrazin plausibel. Bei Simazin und Atrazin ist
eine Vorbelastung des Nordseewassers ein nachvollziehbarer Grund: die Kurven sind
parallel zur Grundbelastung, die man im Wasser der zentralen Nordsee beobachtet
(Simazin: 0,13 ng/L, Atrazin: 0,59 ng/L), gegenüber der SW-Kurve nach oben ver
schoben.
Mit Hilfe dieser Darstellung lassen sich stoffspezifische Besonderheiten relativ leicht
erkennen. Abb. 4-37 macht aber auch deutlich, dass für eine genaue Interpretation
prinzipiell eine individuelle Betrachtung jedes Einzelstoffes notwendig wäre - für eine
solche Betrachtung fehlt hier jedoch der Raum.
4.3.5.2 Zeitliche Variabilität der Herbizidgehalte
Pestizide werden meist sehr gezielt eingesetzt, so dass die Eintragsmengen und
demzufolge die Konzentrationen des Wassers starken saisonalen Schwankungen un
terliegen. Die verschiedenen Pestizide weisen sehr heterogene Jahresgänge und kein
gemeinsames Grundmuster auf (Theobald und Loewe 2009), sondern resultieren of
fenbar aus uneinheitlichen Anwendungszeiten und verschieden hohen Anwendungs
mengen.
Die raumzeitliche Variabilität der Substanzkonzentrationen ist sehr komplex und Kon
zentrationsänderungen in der Elbe sind in ihrer Wirkung auf die Stoffverteilung in der
Deutschen Bucht selten einfach nachvollziehbar.
In Abb. 4-38 sind die Konzentration der am häufigsten nachgewiesenen Herbizide für
die fünf Fahrten an sechs ausgewählten Stationen zusammengefasst. In der Elbe
(>STADE<) variierten die Konzentrationen zwischen 1 ng/L (Metolachlor) und 73 ng/L
(Terbuthylazin). In der zentralen Nordsee (>ENTE3<) zeigte Atrazin die höchsten Kon-