Meeresphysik
System Nordsee
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der Jahresgang insgesamt auf einem um 3 K erhöhten Niveau ablief. Maßgebend für
die Persistenz der Anomalie waren eine starke S-liche Anströmungskomponente ab
September, das immense Sturmaufkommen von Oktober bis März, die extreme Zo
nalzirkulation von November bis Januar, die außergewöhnliche Einstrahlung im April
und ein sommerartig schwachwindiges Frühjahr. Der großräumige Einfluss der atmo
sphärischen Zirkulationsanomalien spiegelt sich in der Tatsache, dass die Temperatur
der Nordhemisphäre seit mindestens 130 Jahren in keiner 12-Monatsperiodeso warm
oder wärmer war wie im fast identischen Zeitfenster von Juni 2006 bis Mai 2007.
Meeresphysik
Strömung (S. 117ff.)
Die Oberflächenzirkulation der Nordsee, basierend auf monatlichen Strömungsfel
dern (Modell), zeichnete sich im Winter 2006 durch eine abgeschwächte Meridional-
zirkulation aus, die im wesentlichen aus dem im Januar und März über der Nordsee
vorherrschenden Südwind resultierte. Ein für diese Jahreszeit typisches nordseewei
tes zyklonales Strömungsmuster konnte sich daher nicht ausprägen. Auch im Früh
jahr und Sommer 2006 waren die Strömungsfelder wenig stabil und wiesen kaum
überregionale Strukturen auf. Im Herbst/Winter 2006/07 bildete sich eine starke at
mosphärische Zonalzirkulation aus, die mit einem der höchsten Sturmaufkommen im
Zeitraum 1948-2010 verbunden war. Dies bewirkte die Ausbildung einer nordsee
weiten, starken und persistenten zyklonalen Oberflächenzirkulation. Mit Umstellung
der atmosphärischen Zirkulation im Februar 2007 stellte sich bei vorherrschenden
S-Winden ein Strömungszustand wie im März 2006 ein. Einerseits kam die nordsee
weite Zirkulation weitgehend zum Erliegen, andererseits bahnte sich der über lange
Zeit reduzierte Baltische Ausstrom jetzt mit sehr hoher Intensität seinen Weg in die
nördliche Nordsee. Im weiteren Verlauf des Jahres 2007 war die Oberflächenzirkulati
on meist nur schwach ausgeprägt und von geringer Persistenz.
Die Zirkulationsstatistik für die Deutsche Bucht basiert auf der zeitlichen Abfolge der
täglichen Zirkulationsmuster der Restströme mit neun typischen Mustern. Das Jahr
2006 zeichnete sich gegenüber dem Vor- und dem Folgejahr durch eine bemerkens
wert geringere Tag-zu-Tag Variabilität und eine deutlich geringere Häufigkeit der in
der Regel an Starkwindereignisse gebundenen direktionalen Strömungsmuster aus.
Im Jahr 2007 trat das zyklonale Muster mit der geringsten Häufigkeit im Referenz
zeitraum 2000 - 2009 auf. Obwohl in der zweiten Januardekade fast durchgängig
Weststurm herrschte, war die zyklonale Zirkulation in der Deutschen Bucht durch
eine Phase variabler Zirkulation unterbrochen. Das antizyklonale Strömungsmuster
erreichte (wie schon im Jahr 2004) eine Rekordhäufigkeit von 71 Tagen. Das beson
ders seltene (häufige) Vorkommen des variablen Musters im Sommer (Herbst) befin
det sich im Einklang mit hohen (geringen) Geschwindigkeiten des Nordseewindes in
den entsprechenden Jahreszeiten.
Seegang (S. 131 ff.)
Die typischen Verteilungsmuster des Seegangs sind durch die vorherrschenden Wind
verhältnisse und die geographisch-bathymetrische Gestalt der Nordsee geprägt. Die
mittleren Wellenhöhen waren in den meisten Quartalen der Jahre 2006 und 2007
höher als in den Vorjahren. Wind und Windsee kamen in allen Jahreszeiten im Mittel