Sensitivität von Meeresküsten
53
EXPONIERTE FELS- UND SANDKÜSTEN: Als vergleichsweise wenig empfindlich werden exponierte Felsund
Sandküsten eingestuft, da sie durch Wellenschlag recht schnell von angeschwemmtem Öl gereinigt werden.
Dennoch können schwere Ölunfälle die Zusammensetzung der Artengemeinschaften In diesen Lebensräu
men für längere Zelt verändern. In solchen Fällen können die Bestände ehemals dominierender Arten wie
zum Beispiel Krebs- und Weichtiere abnehmen. In Felsspalten, grobem Kies und In Muschelbänken kann
sich das Öl durchaus mehrere Jahre lang halten.
SANDSTRÄNDE: Im Fall der Sandstrände Ist die Situation anders. Wie stark das Öl In den Boden eindringt
und wie lange es dort verbleibt, hängt vor allem von der Morphologie des Strandes ab: Ein weitläufiger
Strand mit wenig Brandung und verzweigten Prielsystemen beispielsweise Ist wesentlich anfälliger als ein
steiler, gleichförmiger Strand. Grobkörniges Sediment erleichtert das Eindringen des Öls, erschwert die Rei
nigung und erhöht die Gefahr von Folgeschäden durch wieder freikommendes Öl. Als besonders empfind
lich werden Strandgebiete eingestuft, die von gefährdeten Arten, wie etwa Schildkröten, als Lebens- oder
Reproduktionsraum genutzt werden.
KORALLENRIFFE: Auch Korallenbestände reagieren offenbar empfindlich auf Ölverschmutzungen. Ver
schiedene Untersuchungen machen deutlich, dass sich geschädigte Korallenbestände nur langsam
regenerieren. Ölverschmutzungen können zudem ganze Lebensgemelnschaftenverändern. So können sich
bei Ölverschmutzungen beispielsweise wenig empfindliche Algenarten ansiedeln, wo zuvor Korallen lebten.
Kaum untersucht Ist bisher, wie sich Ölunfälle auf die Beziehungen zwischen Korallen und den vielen mit
Ihnen assoziierten Arten auswirken. Die enge Verzahnung zahlreicher spezialisierter Arten und die hohe
Bedeutung von Symbiosen Innerhalb solcher Ökosysteme lassen nach schweren Ölunfällen weitreichende
Langzeltfolgen erwarten.
MANGROVEN: Mangroven zählen zu den Lebensräumen, die besonders empfindlich auf Ölverschmutzun
gen reagieren. Dort kann ein Ölunfall vor allem Bäume sowie die auf Ihnen und Im Sediment siedelnden
empfindlichen Tiere stark schädigen - zum einen durch giftige Kohlenwasserstoffe, zum anderen durch die
Abdeckung mit Öl und das Abschneiden von der Luft- und Frischwasserzufuhr. Die Regeneration der ge
schädigten Pflanzen- und Tierbestände Ist ein langwieriger Prozess. Da In den Mangroven die schädlichen
Kohlenwasserstoffe nur langsam aus dem Sediment freigesetzt werden, wird die Erholung des Lebens
raums noch zusätzlich verzögert.
WEIGHBÖDEN UND PLATEN: Als besonders empfindlich oder hoch sensitiv werden auch Küstenbereiche
mit Weichböden und Platen (Sandbänken) wie etwa das Wattenmeer an der Nordseeküste eingestuft. Die
In hoher Dichte auf und In dem Sediment lebenden Organismen dienen Fischen und Vögeln als Nahrungs
grundlage. Zwar dringt meist nur wenig Öl In die oft wassergesättigten feinen Poren schlickiger Böden ein.
Diese sind aber In der Regel dicht von grabenden Tieren besiedelt, durch deren Gänge das Öl tiefer In den
Boden sinkt. Andererseits trägt die als Bloturbatlon bezelchnete grabende Tätigkeit der Bodenorganismen
zum Ölabbau bei. Das Sediment wird umgewälzt. Tiefere Schichten werden belüftet und verölte Sedimente
an die Oberfläche befördert. Dank der guten Sauerstoffversorgung wird das Öl dort schneller durch Bak
terien abgebaut. Werden die Bodenlebewesen jedoch vom Öl getötet, stoppt die Bloturbatlon. Damit ver
bleibt das Öl länger Im Boden und beeinträchtigt den Lebensraum langfristig.