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seinem im Jahre 1970 aus etwa 60 Mitarbeitern bestehenden „Büro für Forschung und Ent
wicklung (Nord)“. R. Schallreuter hatte mit einfachsten Techniken Fragen der künstlichen
Strandernährung (Aufspülungen) zu bearbeiten. Diese Forschungen erfolgten als Auftrags
arbeit des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) zusammen mit russischen Wissen
schaftlern. Selbst nachdem R. Schallreuter bei Vorbereitungen zu einer „Republikflucht“
ertappt wurde und im September 1973 von der Straße weg ins Untersuchungsgefängnis Ro
stock in Einzelhaft kam, stand Otto Miehlke zu seinem Mitarbeiter. Er ließ Arbeitsmateri
alien in das Gefängnis bringen, damit R. Schallreuter dort den Abschlussbericht fertigen
konnte. Wenn auch teils in Eigeninteresse Miehlkes, so ist es doch für einen inhaftierten
Wissenschaftler, der nicht weiß, wie lange er noch ausharren muss, eine große Hilfe, als Sträf
ling geistig Weiterarbeiten zu dürfen. Vermutlich benutzte Miehlke gegenüber den Justizbe
hörden das Argument, dass die gemeinsame Forschungsarbeit mit den Wissenschaftlern der
Sowjetunion nicht unter diesen besonderen Umständen leiden durfte und erfolgreich abzu
schließen war. R. Schallreuter kam im Januar 1974 aus der Haft und wurde ein Jahr später
unter Mitwirkung des bekannten Ostberlincr Rechtsanwaltes Dr. Wolfgang Vogel aus der
Staatsbürgerschaft der DDR entlassen und gegen D-Mark in die Bundesrepublik Deutsch
land abgeschoben. Von 1975 bis 2002 forschte R. Schallreuter dann am Geologisch-Paläon-
tologischen Institut der Universität Hamburg weiter, und benannte den von ihm entdeckten
Muschelkrebs nach O. Miehlke (Abb. 2).
Der Mensch Otto Miehlke blieb seinen ehemaligen Mitarbeitern auch im Ruhestand
wichtig. Seine Geburtstage waren immer wieder Treffpunkt für einige Kollegen. Erstaunt
haben uns oft Erzählungen aus seinem erlebnisreichen Leben unter schwierigen Umständen.
Bis zuletzt konnte er lebhaft von seinen wissenschaftlichen Projekten erzählen oder passende
Zitate aus Fachbüchern wiedergeben. Wenige Tage vor seinem Tode im 88. Lebensjahr haben
wir zusammen mit der hilfsbereiten Kollegin Steffi Grosch an der Kaffeetafel in seiner Woh
nung in Warnemünde noch einmal viel gelacht. Seinem Wunsche entsprechend wurde er auf
See bestattet, in der Ostsee, von der er so viel wie kaum ein anderer zu berichten wusste.
Sylvin H. Müller-Navarra, Hamburg und Ines Perlet, Rostock
Schriftenverzeichnis Otto Miehlke
SÄGER, G. und MIEHLKE, O.: Zum Problem der Handlotleinenkurve in strömenden Gewässern.
Ann. Hydrographie 2, 11-43, 1955.
Säger, G.; Oehmisch, W. und Miehlke, O.: Gezeitenvoraussagen und Gezeitenrechenmaschi
nen. Seehydrographischer Dienst der DDR. 126 S., 1955.
SÄGER, G. und Miehlke, O.: Untersuchungen über die Abhängigkeit des Wasserstandes in
Warnemünde von der Windverteilung über der Ostsee. Ann. Hydrographie 4, 11—43,
1956.
Säger, G. und Miehlke, O.: Über die Wasserstandsentwicklung an der Küste der DDR im
Zusammenhang mit der Sturmflut am 3. und 4. Januar 1954. Ann. Hydrogr. 5/6, 22-42,
1956.
MIEHLKE, O.: Was registriert ein Schreibpegel wirklich? Einige ergänzende Bemerkungen zum
Aufsatz von Günther Säger: „Einfluß von Wasserstandsveränderungen auf Registrierpe
gel.“ Ann. Hydrogr. 5/6, 112-118, 1956.
MIEHLKE, O.: Ein Beitrag zur Theorie des Hochseepegels des VEB Geräte- und Reglcrwerke
Teltow. Ann. Hydrogr. 7, 60-70, 1956.
RoGGE, H. und MIEHLKE, O.: Verlauf und Auswirkung der Sturmflut vom 13. Januar 1957 an
der mecklenburgischen Küste. Z. angew. Geol. 3, 409-412, 1957.
ROGGE, H. und Miehlke, O.: Zu den jüngsten Küstenrückgängen bei Kühlungsborn und Graal-
Müritz-Neuhaus. Z. angew. Geol. 4, 332-337, 1958.