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Die Zugehörigkeit „seines“ Wasserstandsvorhersagedienstes für die Ostsee zu überge
ordneten Dienststellen der DDR wechselte bis zu Otto Miehlkes Berufsende mehrfach, die
Arbeitsinhalte blieben aber immer küstenbezogen. Seine Fachaufgaben waren meist praxis
bezogen und mündeten deshalb weniger in wissenschaftlichen Veröffentlichungen als in gut
achterlichen Stellungnahmen. Bei den Gutachten ging es z. B. um Fragen des Bemessungs
wasserstandes von Küstenschutzwerken, die Eisverhältnisse an der DDR-Küste, die Rein
haltung der Boddengewässer, Strömungsverhältnisse in der Untcrwarnow, die Routung auf
der Fährlinie Klaipeda-Mukran, hydraulische Probleme und die Vertriftung von Oberflä
chenverschmutzungen auf der Ostsee vor der DDR-Küste. Kollegen und Mitarbeiter betei
ligten sich gern an diesen Studien, auch wenn eine Veröffentlichung der Ergebnisse zu DDR-
Zeiten aus Geheimhaltungsgründen nicht möglich war. Fleute befinden sich diese Traktate in
der Bibliothek des BSH in Rostock.
Kollegen, die Jahrzehnte im Wasserstandsdienst mit ihrem Chef Dr. Otto Miehlke ar
beiteten, beschreiben ihn als korrekten und toleranten Menschen. Seine Devise lautete „Der
Laden muss laufen.“ Alles was dabei den Arbeitsablauf betraf, handhabte er großzügig. Bei
den Arbeitsergebnissen erwartete er Korrektheit und Tiefgründigkeit. Mit Vorliebe gab er
sein umfangreiches Wissen weiter und erklärte geduldig naturwissenschaftliche Zusammen
hänge. Schützend stellte Dr. Miehlke sich vor seine Mitarbeiter, wenn es Nachfragen aus der
übergeordneten Direktion Stralsund oder anderer Institutionen gab.
Abb. 2: Mieblkella cribroporata Schallrcuter , ein fossiler Muschelkrebs (Ostrakod), der vor 455 Mio.
Jahren im Raum der heutigen Ostsee lebte. Überliefert wurde er in einem durch das Inlandeis aus dem
Ostseebett nach Norddeutschland verfrachteten Gesteinsbrocken (Geschiebe), aus dem er mittels Fluss-
säurc hcrausgclöst wurde (Schallreuter, R. E. L.: On Miehlkella cribroporata SCHALLREUTF.R gen. et sp.
nov. Stereo-Atlas of Ostracod Shells 4 (2) 9-16, I.landudno, Wales. 1977)
Die Geschicklichkeit im Umgang mit dem Staatsapparat der DDR konnte Otto Miehlke
unter Beweis stellen, als cs darum ging, Roger E. L. Schallreuter, dem Sohn seines Greifs-
walder Doktorvaters Prof. Walter Schallreuter, zu helfen. Der Geologe Roger Schallreuter
war an der Universität Greifswald als wissenschaftlicher Assistent in Ungnade gefallen, da er
nicht willens war, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) beizutreten. Otto
Miehlke, selbst Mitglied der SED und aktiver Funktionär, gab ihm trotzdem einen Platz in