Nachruf Dr. Otto Miehlke
(21. Oktober 1920-17. Juni 2008)
Dieser Nachruf auf den am I7. Juni 2008 verstorbenen langjährigen Leiter des Wasser
stands- und Eisdienstes der Deutschen Demokratischen Republik Dr. Otto Miehlke wurde
aus zwei ganz unterschiedlichen Blickwinkeln verfasst. I. Perlet war kurze Zeit Mitarbeiterin
des Verstorbenen und hat den Kontakt bis zuletzt aufrechtcrhalten; S. Müll er-Navarra hat
Otto Miehlke erst 3 Jahre vor dessen Tod persönlich kcnnengelernt.
Bis zuletzt hat Otto Miehlke die Forschung zu Sturmhochwassern der Ostsee interes
siert verfolgt und auch noch wenige Wochen vor seinem Tode kommentiert. Nicht allein
deswegen ist dieser Sonderband der „Küste“ zum MUSTOK-Projekt der geeignete Ort für
diesen Nachruf.
Otto Miehlke kam am 21. Oktober 1920 in Demmin in Vorpommern zur Welt. Er hatte
eine jüngere Schwester und einen jüngeren Bruder (gefallen im 2. Weltkrieg). Der Vater war
Bahnangestellter, und die Familie siedelte alsbald nach Barth am Darsser Bodden um. Das
Abitur erwarb O. Miehlke an der Oberschule für Jungen in Stralsund. Dann wurde er 1939
zum Reichsarbeitsdienst nach Ummanz/Rügen eingezogen, wo er sich eine Rippenfellent
zündung zulegte, die er mehr schlecht als recht auskurierte. Wie viele Andere seines Jahr
ganges auch, wurde er nach Ausbruch des 2. Weltkrieges und Ableistung des Arbeitsdienstes
Anfang 1940 zum Kriegsdienst eingezogen. Noch gesundheitlich beeinträchtigt und als
Abiturient für technisch anspruchsvollere Dienste prädestiniert, war er längere Zeit in der
Flakartillerie eingesetzt. Vom Umgang mit den gewaltigen Flugabwehrkanonen und von
Luftangriffen konnte er 65 Jahre später noch detailliert berichten. Bei Kriegsende hatte er
einerseits das Pech, dass tschechische Partisanen ihm am 8. Mai 1945 in den linken Unterarm
schossen, andererseits kam er dadurch schon am 23. August 1946 als „unnützer Esser“ ver
letzt aus russischer Kriegsgefangenschaft frei und konnte nach Barth zurückkehren.
Nun bot sich zunächst eine Schullaufbahn an, die ein Jahr Lehrerausbildungskursus,
IVi Jahre im Schuldienst und 6 Semester Studium an der Pädagogischen Fakultät an der
Universität Greifswald beinhaltete. Während des Studiums heiratete er 1950 die in Berlin
geborene Dora Nimz, mit der er bis zu ihrem Tode zusammenlebte. Aus der Ehe ging ihre
Tochter Petra-Gabriele hervor.
Seine Zeit als Lehrer für Physik und Mathematik endete im September 1952 abrupt,
als ihn Hans von Petersson, ein ehemaliger Kapitän aus Barth, zum Ostsecobservatorium
des Seehydrographischen Dienstes der Volksmarine der DDR nach Warnemünde holte, wo
er fortan „Oberreferent für Wasserstände“ war. Damit hatte Otto Miehlke seine Lebens
aufgabe gefunden, es sollten später aber noch weitere küstenhydrologischc Fragen hinzu
treten.
Zunächst ging es darum, ein verlässliches Vorhersageverfahren für die Wasserstände an
der DDR-Küste zu entwickeln, welches sowohl für kleine Abweichungen von Mittelwasser
zu gebrauchen war als auch für Sturmhochwasser. Im ersten Falle ging es vornehmlich um
die Sicherung der Schifffahrt mit besonderem Focus auf die Seestreitkräfte, bei Sturmhoch
wassern stand die Katastrophenabwehr im Vordergrund. Zusammen mit seinem Kollegen
Günther Säger gelang Otto Miehlke die Aufstellung eines empirischen Vorhersageverfah
rens, welches auch die Windverhältnisse in der zentralen Ostsee mit berücksichtigte. Miehlke
pflegte die in der Praxis der Wasserstandsvorhersage so wichtige gedeihliche Zusammen
arbeit mit den Seemeteorologen, deren synoptischen Fähigkeiten er gern vertraute.