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Full text: 18, 1890

Zusammenhang zwischen d. Windgeschwindigkeit u. d. Dimensionen d. Meereswellen etc. H 
2* 
Die ersteren dieser neu entstehenden Wellen sind es nun, welche nach 
Ansicht des Verfassers die seichesartigen Wellen repräsentiren. Um wieder auf 
obiges Beispiel zurückzukommen, so würde %“ — 7 m 15,7 S sein, ein Werth, welcher, 
wie die Ausbuchtungen der registrirten Gezeitenkurven zeigen, sehr häufig vor 
kommt. In den Gebieten der stürmischen Westwinde sind die Perioden der 
seichesartigen Wellen noch gröfser, deuten also auf einen noch geringeren 
Unterschied der erzeugenden Wellen. Da der Seegang eine beliebige Anzahl 
verschiedener Wellen enthalten kann, so kann man jeden beliebigen Grad der 
Komplikation in diesen Ausbuchtungen der Gezeitenkurven erklären. 
Es ist nützlich, auf die Analogie mit der Fluthwelle hinzuweisen, welche 
sich aus der im Vorstehenden vorgetragenen Ansicht über die Zusammensetzung 
des Seegangs aus verschiedenen Wellen ergiebt. Auch die Fluthwelle ist keine 
einfache Welle, sondern entsteht aus der Interferenz einer ganzen Anzahl 
einzelner Wellen von verschiedener Periode, und auch hier hat es sich, um die 
Beobachtungen an Küstenstationen durch die Rechnung wiedergeben zu können, 
als nothwendig herausgestellt, aufser den einfachen Wellen auch noch die durch 
seichtes Wasser hervorgebrachten Neben- und zusammengesetzten Wellen zu 
berücksichtigen, welche durch die Potenzen und Produkte der Ausdrücke für 
die ursprünglichen Wellen dargestellt werden. 1 ) Unter den zusammengesetzten 
Wellen befindet sich u. A. eine sehr merkliche, aus der Vereinigung der 
beiden Haupttiden M2 und Ss entstehende Tide, welche eine Periode von 
14 Tagen hat, während jede der beiden erzeugenden Tiden nur eine solche von 
einem halben Tage besitzt. Die Kombination der Tide S2 mit Ka würde sogar 
eine Seichtwassertide von der Periode eines halben Jahres erzeugen, die dem 
nach 365 Mal so lang ist als die Periode jeder der beiden erzeugenden Tiden. 
Dies ist also ein vollkommenes Analogon zu dem, was wir oben mit 
Bezug auf den Seegang und die seichesartigen Wellen auseinandergesetzt haben, 
wir stehen deshalb nicht an, die oben vorgetragene Erklärung der letzteren als 
die richtige anzusehen, womit indefs nicht gesagt sein soll, dafs in geeigneten 
Fällen nicht auch die Erklärung durch Erdbeben oder durch echte Seiches 
richtig sein könne. Man wird aber aus dem Vorhergehenden auch entnehmen, 
wie vorsichtig man sein mufs, wenn man eine durch Erdbeben entstandene 
Welle auf den Kurven entfernt gelegener registrirender Fluthmesser wieder 
zufinden glaubt; es mag wohl manchmal Vorkommen, dafs man durch Sturm 
und Seegang hervorgerufene seichesartige Wellen für Erdbebenwellen hält, oder 
diese vermischen sich mit jenen, so dafs ihre Ankunftszeit ganz unsicher wird. 
Die im Vorstehenden versuchte Erklärung der seichesartigen Wellen als 
Kombinationswellen, die im flachen Wasser der Küste entstehen, wurde bereits 
vor U/s Jahren bei Gelegenheit der Bearbeitung der Gezeitenbeobachtungen in 
Port Ross (Auckland-Inseln) gegeben, welche in dem demnächst erscheinenden 
Bande des Gazellewerks veröffentlicht wrnrden wird. 2 ) Es schien nicht ohne 
Interesse, dieselbe auch an dieser Stelle in Verbindung mit den Ergebnissen 
wiederzugeben, zu welchen die Betrachtungen über die Dimensionen der Wellen 
in ihrer Abhängigkeit vom Winde, welche durch das Lesen des zweiten Bandes 
von Krümmels Océanographie angeregt wurden, geführt haben. Wenn auch 
das Bemühen, diese Abhängigkeit auf theoretischem Wege abzuleiteu, aufgegeben 
werden und der Verfasser, wie seine Vorgänger auf diesem Gebiete, sich darauf 
beschränken mufste, empirische Formeln aufzustellen, so darf er doch wohl die 
Hoffnung aussprechen, dafs der Versuch, auch auf andere, bei der Entwickelung 
der Wellen mitwirkende Verhältnisse Rücksicht zu nehmen, was bis dahin noch 
nicht geschehen war, einige Beachtung verdienen werde. 
l) Annalen (1er Hydrographie 1884 S. 442 f. 
*) In diesen Aufsatz haben sich leider ein paar Fehler eingeschlichen, die hier berichtigt 
werden mögen. Erstens mufs die Formel für die Periode einer Seiche in einem Wasserbecken von 
der Länge 1 (= halbe Wellenlänge) lauten: r : — ——- I nicht 2 1/—— I. Zweitens ist die einer 
Periode von 11,2 3 entsprechende Wellenlänge nicht 190,8 m sondern 195,273 m, wonach die auf den 
fehlerhaften Werth gegründeten Zahlen berichtigt werden müssen, so findet das Zusammenfallen der 
Wellenberge alle 15 m 56,7 S (nicht alle 5 m 29 3 ) statt.
	        
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