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örtliche, d. h. horizontale, Aouderung der mittleren Wärme der Luftsäulen
erkannt, wobei sowohl eine Verschiebung vorhandener Temperaturgegensätze
durch den Wind in jeder Höhe stattfindet oder eine Neubildung von Temperatur
gegensätzen durch Insolation und Kondensation, wie durch Ausstrahlung und
Verdampfung entsteht.
Für die fortschreitende Bewegung der Depressionen fand Clement Ley
im Wesentlichen eine Uebereinstimmung mit der mittleren Bewegung der oberen
Wolken. In meinem ersten Aufsatze über diesen Gegenstand (s. öst. Zeitschr.
f. Met., 1881, pag. 24 ff., und diese Annalen 1881, pag. 653 ff.) versuchte ich,
auf Beobachtungen gestützt, darzuthun, dafs die fortschreitende Bewegung der
Depressionen unserer Breiten im Wesentlichen aus dem oberen Gradienten
resultire, welcher eine Verschiebung der oberen und mittleren Luftschichten
bedingt, mithin einen Transport der relativ wärmeren Luft der oberen Schichten
einer Depression veranlafst, welcher die Entstehung eines aufsteigenden Luft
stromes vor der Depression unter der schirmartig sich ausbreitenden warmen
Schicht bedingt. Die warme obere Schicht selbst ist dabei seitlich und vorne
begrenzt gedacht, so dafs ihre Projektion die Basis einer Luftsäule bildet,
deren mittlere Temperatur geringer ist, ab die umgebende Luft, und daher
einen Auftrieb vermöge der geringeren mittleren Dichtigkeit und Schwere zeigt.
In jedem Specialfall trägt nun je eine Schicht gröfserer oder geringerer
Höhe zur Fortbewegung der Depression am meisten bei, und ist im Allgemeinen
nur hervorzuheben, dafs bei geschlossenen Depressionen die Unterwinde eine
centripetale Luftbewegung der unteren Schichten veranlassen, also weniger zur
Fortbewegung der Depression beitragen, als die oberen Schichten, welche
namentlich zur Zeit der Aequinoktien erhebliche Gradienten besitzen und daher
eine starke allgemeine mittlere Bewegung der oberen Luft bedingen. Dahin
gegen ist in den Theilminima die Bewegung aller Luftschichten oft eine ziem
lich übereinstimmende, woraus dann eine Steigerung der fortschreitenden Ge
schwindigkeit derselben resultirt, weil die Bewegung aller Luftschichten einen
Transport warmer und erwärmter Luft in gleichem Sinne ausführt.
Früher schrieb ich die Fortbewegung der Depressionen ganz allein der
Bewegung der höchsten Luftschichten zu; einer Diskussion dieser Frage mit
Herrn Dr. Köppen verdanke ich meine jetzt modificirte, oben ausgesprochene
Ansicht, welche neuerdings auch Herr Dr. Köppen selbst wieder aus
gesprochen hat. 1 )
Die neuere Meteorologie erklärt also die aufsteigenden und absteigenden
Luftströme, d. h. die Bildung von Wolken und Niederschlägen oder heiteren
Himmels, einfach aus dem Gegensatz der mittleren Temperaturen benachbarter
Luftsäulen.
Ich gehe nun einen Schritt weiter, wenn ich den aufsteigenden Luftstrom
als eingeleitet annehme und nun die Frage erörtere, welchen Einflufs die aus
der resultirenden Depression hervorgehenden Untenvinde auf den ganzen Her
gang ausüben. Die Unterwinde übertragen durch Reibung einen Theil ihrer
lebendigen Kraft überall auf die Oberwinde, zumal aber im aufsteigenden Luft
strom durch ein direktes Eintreten derselben in höhere Schichten. Die im
unteren Theil© des Wirbels gewonnene lebendige Kraft wird für die nachfolgend
erörterten Phänomene von grofser Bedeutung. Durch diese Betrachtungen wird
im Wesentlichen der Gegensatz der Vorder- und Rückseite einer Depression in
Bezug auf Niederschläge erklärt, während die verschiedene Vertheilung der
Wolkenformen über einem Depressionsgebiete aus der variirenden Geschwindig
keit und Richtung des Windes in übereinander liegenden Luftschichten ab
geleitet wird.
Während nach der zur Zeit verbreiteten Ansicht der Meteorologen ein
aufsteigender Luftstrom über der ganzen Basis einer Luftsäule entstehen müfste,
weun diese im Mittel leichter als die angrenzenden Massen ist, zeige ich hier,
dafs die entstehenden Unterwinde auf der Rückseite einer Depression die auf
steigende Luftbewegung beeinträchtigen und auf der Vorderseite begünstigen.
Die aus den nachfolgenden theoretischen Erörterungen gewonnenen
Resultate geben zu einer langen Kette von werthvollen Untersuchungen Veran
1) „Zeitschr. d. öst. Ges. f. Met.“, Heft III, 1882, pag. 92.