Ernst Franke n berger: Bericht über zwei Reisen im Polarjahr 1932-33 «— Radiosonden-Aufstiege
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B Über Radiosonden-Aufstiege von Passagierschiffen
Der Wetterdienst der westeuropäischen Länder hat großes Interesse an aerololgisehen Messun
gen vom Atlantik. Während schon seit einer Reihe von Jahren Höhenwindmessungen auf deutschen
Schiffen gemacht werden, wurden im Polarjahr 1932/1933 die ersten Versuche unternommen,
auch Radiosonden-Aufstiege von Seeschiffen aus anzustellen.
Auf einer Nordlandreise des M.S. „Monte Rosa“ erprobte Professor Dr. Alhert Wigand zwei
Telefunken- und zwei Askania-Radiosonden. Auf den weiteren Seereisen des Polarjahres wurden
dank der Initiative von Dr. Georgi Telefunken-Radiosonden eingesetzt.
Entsprechend dem noch nicht vollkommenen Entwicklungsstand der zur Verfügung stehenden
Instrumente war nur ein Teil der gewonnenen Messungen zuverlässig. Neben diesen seltenen aero-
logischen Werten wurden wertvolle Erfahrungen über die Technik der Radiosondenstarts auf See
gewonnen, die bei späteren Aufstiegen von Nutzen sein können.
Im folgenden gibt Dr. Ernst Frankenberger eine Beschreibung und den Erfahrungsbericht von
9 Radiosondenaufstiegen des Polarjahres. An 4 Aufstiegen nahm er während der Nordlandfahrt des
M.S. „Monte Rosa“ als Assistent von Herrn Professor Wigand teil und 5 Aufstiege führte er im April
und Mai 1933 im Aufträge der Deutschen Seewarte selbständig aus, als während einer Fahrt des
M.S. „General Osorio“ nach Südamerika neben der Unterweisung der Schiffsoffiziere im Anstellen
von Höhenwindmessungen auch Gelegenheit zu Radiosonden-Aufstiegen gegeben wurde.
Zum besseren Verständnis soll zunächst die Wirkungsweise der verwendeten Radiosonden
kurz beschrieben werden.
Die Sonden der Firma Askania arbeiteten beide nach folgendem, auch zeitweise von Moltcha-
noff verwendetem Prinzip:
Durch ein Uhrwerk wurde ein Kontaktarm mit konstanter Geschwindigkeit gedreht, wobei er
abwechselnd an festen Basisstreifen und an den mit dem Kontaktarm konzentrisch angeordneten
Meteorographenzeigern Kontakt gab. Bei jedem Kontakt wurde ein Kurzwellensender eingeschaltet.
Da jeder Meteorographenzeiger nur einen eigenen, durch zwei feste Basiskontakte begrenzten Sektor
bestrich, blieb die Reihenfolge, in der die Temperatur, der Luftdruck und die relative Feuchte ge
meldet wurden, bestehen. Die Zuordnung der Signale wurde dadurch erleichtert, daß eines der
Basissignale besonders lang war. Wenn die Aussendung auf einer Bildfunkapparatur registriert
wurde, diente dies lange Basissignal zur Synchronisierung der Registriertrommel mit dem Sonden
uhrwerk. Die Aussendung der Askaniasonden bestand demnach aus Zyklen von Zeichen, nämlich
einem langen Strich infolge des breiten Basiskontaktes, dann einem kurzen Strich, der heim Kon
takt am Thermometerzeiger entstand, dann einem kurzen Basiszeichen, dann wieder einem kurzen
Strich beim Kontakt am Luftdruckzeiger, dann wieder einem Basiszeichen und schließlich einem
kurzen Strich beim Kontakt am Hygrometerzeiger. Dann begann diese Folge von neuem. Beim
Ausschlag der Meteorographenzeiger änderte sich der zeitliche Abstand der Temperatur-, Druck
und Feuchte-Signale von den ihnen benachbarten Basissignalen. Die Fabrik hatte für die beiden
verwendeten Sonden Eichblätter geliefert, aus denen die Abhängigkeit der Temperatur, der rela
tiven Feuchtigkeit und des Luftdruckes von den Zeitabständen der Signale zu entnehmen war.
Die beiden Askania-Sonden entstammten verschiedenen Bauserien. Die ältere war mit einem
einfachen Dreipunkt-Kurzwellen-Sender, die neuere dagegen mit einem Quarzsender ausgerüstet.
Vor der Reise wurde auch in die ältere Sonde ein Quarzsender eingebaut, um das Nachstellen des