Kurt Gebauer : Die Erschließung Afrikas und die dabei erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse. 27
Afrika-Aufenthalt (1866—1873) führte ihn zu den zwischen Sambesi und Nil gelegenen Län
dern und zum Suchen nach den Quellen des Nils. Er legte den Lauf des Rovuma fest, ent
deckte das Südende des Tanganjika-Sees, den Merusee, den Snagalallufi, den Bangweolo-See
sowie den Lualaba (Kongo), den er irrtümlich für den Quellauf des Nils hielt. Als er längs des
südöstlichen Ufers des Tanganjika-Sees und um dessen Südende in das Land des Kasembo
gegangen war und den Ufern des Sees an der Nord-, Ost- und Südseite folgte, erlag er am
1. Mai 1873 im Dorf Tschitambo der Dysenterie. Seine Diener trugen seine Leiche nach der
Ostküste. Er wurde am 18. April 1874 in der Westminsterabtei beigesetzt.
Bemerkenswert ist, daß der von I. G. Be nett, dem Besitzer der großen amerikanischen
Tageszeitung ..New York Herald“, zur Aufsuchung des verschollenen Livingstone ausgesandte
Stanley dem völlig erschöpften Livingstone am 28. Oktober 1871 Hilfe brachte. Beide blieben
auf einer Entdeckungsreise nach dem Nordende des Tanganjika-Sees beisammen, kehrten nadr
Ujiji zurück und trafen am 18. Februar 1872 an der Küste ein.
Livingstones reich bebilderten, mit Karten versehenen Reiseberichte sind überaus flüssig ge
schrieben. Gleichwohl führt Livingstone in seinen „Missionsreisen und Forschungen in Süd
afrika“ (aus dem Englischen von Hermann Lotze) aus: „Was diejenige literarische Befähigung
anlangt, welche man sich durch gewohnheitsmäßiges und anhaltendes Schreiben erwirbt, und die für einen
Schriftsteller so wichtig ist, so ist mein Leben in Afrika der Erwerbung derartiger Talente nicht nur nicht
günstig, sondern eher das Gegenteil davon gewesen: es hat mir das Schreiben schwierig und mühevoll
gemacht. Mich dünkt, ich würde lieber noch das ganze Festland Afrikas der Quere nach durchwandern,
als es auf mich nehmen, noch ein Buch zu schreiben. Es ist weit leichter zu reisen, als darüber zu
schreiben.“
Naturgemäß befinden sich in Livingstones Reisewerken zahlreiche wissenschaftliche Hin
weise. In den von Fr. Kiesewetter herausgebrachten „Erforschungsreisen im Innern Afri
kas“ befinden sich Seite 58—64 eingehende Darlegungen über „Wüste. Wasser und Wind“.
Im Gegensatz hierzu wird Sir Henry Stanley (eigentlich James Rowland) nachgesagt,
daß er bei großem Egoismus und rücksichtslosem Auftreten, bei Unbedenklichkeit in der Wahl
seiner Mittel eine Abneigung gegen rein wissenschaftliche Forschungen ohne praktisch ver
wertbaren Gewinn besessen habe. Er setzte sich in seiner Villa in Kairo an die Arbeit und
vollendete in 50 Tagen die Niederschrift seines zweibändigen Reisewerkes „In darkest Africa“,
das gleichzeitig in 11 Sprachen erschien. Die Erstauflage in Höhe von 10 000 Exemplaren war
in England schon verkauft, ehe sie die Presse noch verlassen hatte. Es sei zugegeben, daß die
wissenschaftlichen Ergebnisse nicht unbedeutend waren.
Stanley wurde am 28. Januar 1841 in Denbigh (Wales) geboren; die Erziehung erfolgte
im Armenhaus; er wurde Schiffsjunge, ein Kaufmann adoptierte ihn. Nach einem bewegten
Leben wurde er Zeitungskorrespondent und als solcher mit der Auffindung Livingstones beauf
tragt. 1874—1877 (Tafel 6) wies er den Lualaba als Quellfluß des Kongo nach und befuhr diesen bis
zur Mündung. 1879—1884 legte Stanley in belgischem Auftrag im mittleren Kongo Stationen
an und wirkte an der Organisation des Kongostaates mit. 1887 zog er vom Kongo aus nach
dem Ägyptischen Sudan zum Entsatz Emin Paschas und traf diesen 1889 am Albertsee. Er zog
mit einer 1450 Mann starken Karawane nach Süden zum Albert-Eduard-Njansa, durch Karagwe
und Unjamwesi und traf am 5. Dezember 1889 in Bagomojo ein. Nach einer australischen
Reise ließ er sich 1892 in England naturalisieren und starb am 10. Mai 1904 in London. Die
geographischen Ergebnisse seiner Expeditionsreisen sichern Stanley einen Rang unter den
ersten Afrikaforschern.
Emin Pascha, Mehmed, eigentlich Eduard Schnitzer, wurde am 28. März 1840 in Oppeln
geboren, von wo seine Eltern 1842 nach Neisse übersiedelten. Er besuchte das Gymnasium in
Neisse und studierte 1858—1864 in Breslau, Berlin und Königsberg Medizin und Naturwissen
schaften. Seit 1864 war er in der Türkei als Quarantänarzt und ging 1875 nach dem Ägyp
tischen Sudan, wo er mit politischen Sendungen nach Uganda und Unjoro betraut wurde. Seit