H e 1 m u t h Geißler: Die deutschen Ilodtscepegel.
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Schlußbemerkungen über den historischen Gang der Pegelentwicklung.
Bereits in den neunziger Jahren wurden schon von Kapitän zur See Mensing Pegelversuche
durchgefiihrt. Er benutzte dabei, dem im Anfang der Arbeit geschilderten Versuch mit der
Tauchglocke entsprechend, ein Gerät, das eine unempfindliche Bourdonröhre enthielt, die dem
vollen Drude der Wassersäule von der Oberfläche bis zum Boden ausgesetzt war. Der Innen
raum dieser Röhre war über einen Vorraum mit dem Meerwasser verbunden. Die Einschaltung
des Vorraums sollte das Eindringen des Wassers in das Bourdonrohr und die damit verbundene
Korrosion verhindern. Der Außenraum der Röhre stand als Instrumentenraum unter Atmo-
sphärendruck, und der Pegelkessel war deshalb druckfest gebaut. Die Formänderungen der
Bourdonröhre wurden damals noch durch einen Schreibstift aufgezeichnet.
Nach 1900 erprobte Mensing ein neues Modell, Dem Pegel beigegebene Preßluftflaschen
wurden mit Luft von vorher bestimmtem, der Auslegetiefe entsprechendem Drucke gefüllt und
gaben beim Fieren des Pegels ihre Druckluft über ein auf 0.2 bis 0.4 kg/cm 2 eingestelltes Über
druckventil an den Instrumentenraum als Außenraum der Bourdonröhre ab. Der Innenraum
der Röhre war ständig mit dem Meerwasscr verbunden. Es wurde nunmehr eine empfindliche
Bourdonröhre mit der Belastungsgrenze von 1 kg/qcm verwendet. Das war durch Verwendung
des Überdruckventils möglich. Nach Aufsetzen des Pegels auf den Meeresboden und erfolgtem
Druckausgleich wurden die Preßluftflaschen vom Instrumentenraum abgeschlossen. Nach Ab
lauf der Ausliegezeit sollte der Pegelkessel selbst als Boje aufschwimmen. Er war zu diesem
Zweck an einem Pegelstuhl, der auch die erforderliche Seiltrommel trug, entsprechend gehaltert.
Die Aufzeichnung der Pegelkurve erfolgte durch eine mit Tinte gefüllte Registrierfeder.
Noch im Jahre 1931 wurden Versuche mit diesem Gerät durchgeführt.
Danach erfolgte ein erneuter Umbau des Pegels, der nun im wesentlichen die Form annahm,
die er heute noch hat. Die bisher verwendeten Bourdonröhren älteren Typs wurden durch die
moderne Fueßsehe Mikrobourdonröhre ersetzt. Der Pegelkessel schwamm nicht mehr selbst
auf, sondern auf den Pegelkessel wurde eine besondere Aufschwimmboje aufgesetzt, die bei
Abschluß der Messungen ausgelöst wurde.
Ab 1934 wurde auch auf diese Boje verzichtet und der Pegel genau in der heutigen Form
verwendet.
Die ersten Werkstattversuche mit dem Kuhlmannpegei begannen 1921. die ersten praktischen
Erprobungen 1923. Die innere Anordnung im Pgel war mit der einen Ausnahme, daß auch bei
ihm anfangs mit einem Schreibstift und erst später optisch aufgezeichnet wurde, stets die gleiche.
Weitere Pegelentwürfe, die z. T. nicht einmal zur praktischen Erprobung gelangten, wur
den von Kapt. z. S. von Capelle und von der Firma Breuer gemacht. Die Grundgedanken
dieser Konstruktionen ähnelten denen bei Mensing- und Kuhlmannpegei; als Meßelemente
versuchte man, an Stelle der Bourdonröhre auch elastische Federn zu verwenden.
Die erste Auslegung mit dem Rauschelbachpegel wurde im Jahre 1929 vorgenommen. An
fangs wurde als Pegeluhr ein Schiffschronometer an Stelle des jetzt benutzten Pegelspezial
uhrwerkes verwendet, das täglich durch einen kurz eingeschalteten Motor aufgezogen wurde.
Ferner wurde die Temperatur zunächst lange Zeit mit optisch aufzeichnenden Bimetallstreifen
gemessen, bevor zum Gebrauch von Quecksilberthermometern übergegangen wurde. Die Ver
wendung in ihrem Volumen stetig veränderlicher Vor- und Druckräume wird zurzeit erprobt.
Die Versuche mit dem Graafenpegel begannen im Jahre 1934 unter Verwendung eines Bi
metallthermometers, wie es damals auch im Rauschelbachpegel, von dessen Konstruktions
gedanken Graafen ausging, benutzt wurde, und eines Manometers, das seinen Stand mit einer
Schreibfeder aufzeichnete. In das folgende Jahr (1935) fällt der Übergang zum Quecksilber
thermometer, und seit 1936 wird die Anzeige des Manometers photographisch festgehalten.
Die Wasserbauämter bzw. Forschungsstellen der Deutschen Nordseeküste begannen schon
frühzeitig in Zusammenarbeit mit Dr. Rauschelbach, Pegelauslegungen durchzuführen. Für
diese Dienststellen sind die Hochseepegel ein unentbehrliches Meßinstrument geworden, da sie
ih re hochwichtigen Arbeiten der Landgewinnung und des Schutzes des neu erworbenen Landes
nicht ohne genaue Wasserstandsmessungen in den Flüssen, dem vorgelagerten Wattgebiet und
der angrenzenden offenen See durchführen können; im Watt und auf See sind aber nur Hoch-
seepegel verwendbar.