Martin Rodewald: Das Dreimasseneck als zyklogenetischer Ort. 29
statt; die Vertiefung des Zyklonenzentrums kommt auf Konto des von ihm Vorgefundenen — tieferen —
Druckfeldes. Das erste Problem ist also die Entstehung des Druckfallgebiets vom 16. zum 17. Januar.
Betrachten wir dazu die Wetterlage vom 16. Januar, 0 h MGZ (Abb. 42, Tafel 17), so bietet sich wieder
ein eindrucksvolles Beispiel der Dreimasseneck-Konstellation! Nördlich des atlantischen Rossbreitenhochs
finden wir die Polarfront annähernd in „Normallage“; sie erstreckt sich von der Biskaya über die Azoren
nach dem Seegebiet südlich Bermuda und weiter über die Bahamas nach der Halbinsel Yukatan. Die
Tropikluft südlich der Front ist auf der Linie Bahamas —Yukatan im Vorstoß
nach Norden begriffen. Im nordamerikanischen Sektor sieht man das nun schon bekannte Bild:
Hoch vor der Ostküste, Hochdruckrücken Texas bis Kanada hinauf, dazwischen Tief über der Region der
Großen Seen. Frische kontinentale Polarluft stößt auf der Rückseite des Tiefs
gegen die Südoststaaten und den Golf von Mexiko vor.
Westlich Florida liegt der neutrale Punkt zwischen atlantischem Rossbreitenhoch und Texashoch,
Yukatan-Tief und Huronsee-Tief, auf den sieh die Tropikluft und die kontinentale Polarluft zubewegen. Die
heterogenen Fronten sind sich westlich Florida bereits ziemlich nahegekommen, während sie weiter nord
östlich breit auseinanderklaffen, zwischen sich das Ostküstenhoch mit der alternden Polarluft lassend. Noch
ist von einem Tief südlich Kap Hatteras nichts zu sehen als nur eine leichte Andeutung zyklonaler Luft
bewegung von Stärke 1 bis 2, ohne Regen, über dem Golfstrom nördlich der Bahamas. Wir können aber
vorweg nach der Frontenlage die Stelle markieren (vgl. Abb. 42), wo die Zyklogenese
stattfinden muß — und vergleichen damit die Wetterkarte vom 16. Januar mittags, Abb. 43, Tafel 18.
Die Entwicklung ist erstaunlich: in 12 Stunden ist ein Tief von 1005 mb, fast schon ein kleines Sturm
tief, entstanden! Der Luftdruck ist bis zum Mittag südöstlich Kap Hatteras um 17 mb in 12 Stunden gefallen.
Vor der Warmfront der Tropikluft meldet jetjt ein Schiff anhaltenden Starkregen, der weiter nördlich in
der „neutralen Luft“ in Regen und an der Küste nördlich Kap Hatteras in Schnee übergeht. Die kontinentale
Kaltluft aus Nordwest hat die Südostküste der USA überschritten, vielleicht auch schon Südflorida. Jedenfalls
hat sich das Dreimasseneck gebildet; seine Nordfront liegt in der schmalen, sehne,efaHumsäumten Tiefdruck
rinne, die bis nach Westlabrador hinauf reicht.
Nach weiteren 12 Stunden ist aus dem Dreimasseneck-Tief jenes Orkan tief von 975 mb ent
standen, dessen Bahn wir in Abbildung 41 schon verfolgt haben. Abbildung 44, Tafel 19, mit der Wetterlage
vom 17. Januar, 0 11 MGZ, zeigt es an der Stätte des westatlantischen Hochs vom Vortage; auf 36° N Br.,
69° W Lg. ist der Druck in 24 Stunden u m 4 7 mb gefalle n. Bemerkenswert ist wieder das extreme
Druckgefälle auf der Westseite des Tiefs und seine asymmetrische Form, ganz ähnlich wie beim
vorigen Beispiel (Februar 1937) und wie bei diesem verknüpft mit relativ langsamer Fortbewegung des
Tiefzentrums in den vorangegangenen 12 Stunden.