G. Schinze und R. Siegel: Die großräumige Höhenströmungskartc
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ihrer größten vertikalen Mächtigkeit. Selbstverständlich kann sie als Darstellung einer
Fläche an einem Punkte nur einer von zwei übereinanderliegenden Strömungen gerecht
werden, jedoch macht sich dann die Strömungsrichtung der in einem anderen Punkt nicht
erfaßten Luftmasse in der Nähe ihrer größten vertikalen Ausdehnung geltend.
Insbesondere wird über die Fortbewegung der den einzelnen Luftmassen zu*
gehörigen Wolken» und Niederschlagsfelder Aufschluß gewonnen werden können. Da
die Gültigkeit der Strömung in diesem Bereich mindestens die Gipfel der hauptsächlichsten
europäischen Gebirgszüge erfaßt, können auch gute Schlüsse auf Stau» und Lee»Wirkung
aus der Karte gezogen werden. Lediglich für sehr flache und kalte Luftmassen (z. B.
winterliche cAK) wird das Bodenströmungsfeld und die Winde der niederen Bergstationen
als repräsentativ heranzuziehen sein, während die 750 mb»Fläche in diesem Falle die
Strömung der darüberliegenden Luftmasse gibt.
Zusammenfassend kann gesagt werden:
In der Europakarte bekommen wir, von ganz flachen Massen abgesehen, einen klaren
Überblick über die Strömungsrichtung aller im Wolken» und Niederschlagsfeld wirk
samen Luftmassen. Auf der Zirkumpolarkarte werden die „steuernden“ Gebilde zwar
nicht dargestellt, aber die große Bewegungstendenz ist wesentlich klarer erkennbar
als in der Bodenkarte.
Die bisher ausgearbeiteten Karten deuten auf eine hohe prognostische Bedeutung
gewisser Besonderheiten der Zirkumpolarhöhenströmungskarte hin, da diese, einmal bis
zur Erkennbarkeit ausgebiidet, auf Tage hinaus eine eindeutige Wirksamkeit zu besitzen
scheinen (Bildfolge IV, 1—5). Am regelmäßigsten haben sich bisher die folgenden Zu»
sammenhänge zwischen typischen Strömungsbildern und Wetterentwicklung über dem
Atlantischen Ozean und Europa bewährt:
1. Starker Gradient in der Höhenströmungskarte gibt die Hauptentwicklungs»
richtung für das Wettergeschehen. Dabei ist die Richtung des Gradienten
einer stetigen, aber verhältnismäßig langsamen Drehung und der Ort des stärksten
Gradienten einer Verlagerung in Richtung der Höhenströmung fähig.
2. Die Entwicklung antizyklonaler Strömungsdeförmationen mit nordsüdlicher
Achse auf der Nordseite des großen antizyklonalen Strömungsfeldes der Roß»
breiten weist auf ein Erlahmen der West»Ost»Bewegung der Tiefdruckgebiete
im Bereich des Nordatlantik und der westeuropäischen Küste hin (Bild»
folge IV, 1—5).
3. Sind an einem Tiefdruckgebiet 2 Richtungen durch sehr starke Drängung der
Höhenströmungslinien ausgezeichnet, so ist der Möglichkeit von Neubildungen
besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Die vorstehenden Bemerkungen dürfen infolge der verhältnismäßig kurzen Dauer
der Erfahrungen mit der Höhenströmungskarte nicht als erprobte Wetterregeln aufgefaßt