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Full text: 58, 1938

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums. — 58. Bd. Nr. 10. 
des Potentialgradienten und der magnetisierenden Wirkung des Blißes auf Eisenstäbe glauben annehmen zu 
müssen. Troß aller dieser möglichen Einschränkungen haben wir es liier auf jeden Fall mit erheblichen 
Kräften zu tun. 
Wenn wir auch noch die Wirkung der weit ausgedehnteren positiven Ladung im oberen Teil der Wolke 
sowie die wahrscheinlich weitaus überwiegende negative Ladung des übrigen Teils der Gewitterwolke in jeweils 
mehr oder weniger starker Anhäufung untereinander und in bezug auf ihre influenzladungen berechnen 
wollten, so kämen wir zu einer Kräfteverteilung, bei der ein statisches Gleichgewicht der Ladungen einfach 
unmöglich ist. Die zwischen den einzelnen Ladungen wirksamen Kräfte müssen sofort zu einer Bewegung, 
d. h. zu einem Ausgleich derselben untereinander führen. 
Da aber, wie die bisherigen Messungen von Simpson und Scrase gezeigt haben, während eines Gewitters 
dauernd eine bestimmte Ladungsanordnung in der Gewitterwolke, sowie ein mittlerer Potentialgradient von 
50 bis 100 V/cm unterhalb derselben erhalten bleibt, müssen wir troßdem eine Art von Gleichgewicht an 
nehmen, nämlich ein elektrodynamisches Gleichgewicht der Ladungen, oder kurz Ladungsgleichgewicht, wie 
wir es weiterhin nennen wollen, das dann vorhanden ist, wenn der Ladungsverlust durch neu erzeugte Elek 
trizität gerade gedeckt wird. Je nach der Stärke der Elektrizitätserzeugung in den verschiedenen Gegenden 
der Gewitterwolke wird sich eine bestimmte Lage der erzeugten Ladungen zueinander, sowie ein bestimmter 
Potentialgradient ergeben, der unter der Wolke selten 100 V/cm übersteigt. 
Aus der Tatsache aber, daß zur Erzeugung einer Blißentladung ein Potentialgradient von > 10 KV/cm 
notwendig ist, ergibt sich zwangsläufig praktisch die Unmöglichkeit der Entstehung eines Blißes in einem 
System, in dem Ladungsgleichgewicht in dem oben definierten Sinne herrscht. Theoretisch besteht natürlich 
die Möglichkeit, daß die Elektrizitätserzeugung in allen Teilen der Wolke so stark anwächst, daß sie noch bei 
einem Potentialgradienten von > 10 KV/cm Ladungsgleichgewicht ermöglicht. Aus den gemachten Beobachtun 
gen läßt sich aber nichts derartiges entnehmen, vielmehr zeigen diese, daß der Potentialgradient von einem 
Mittelwert von 50 ~ 100 V/cm plößlich stark ansteigt, was gleichbedeutend ist mit einer schlagartigen Zu 
nahme der Elektrizitätserzeugung, oder aktiv werden einer schon vorhandenen Ladung durch Kapazitäts 
änderung, an irgendeiner Stelle der Gewitterwolke. In dem Augenblick, wo dieses eintritt, ist aber das 
herrschende Ladungsgleichgewicht gestört. Die Wiederherstellung desselben erfolgt den auftretenden Kräften 
entsprechend durch Ladungsverschiebung, meist unter Leuchterscheinung, eben als Bliß. 
Betrachten wir mit dieser Vorstellung die Verteilung der elektrischen Ladungen in der Gewitterwolke 
nach Simpson und Scrase: Die obere positive Ladung sowie die negative Ladung sind im ganzen schichtförmig 
angeordnet. Im Verhältnis zur Leitfähigkeit, die in diesen Höhen schon merklich zugenommen hat, befinden 
sich zwischen den beiden entgegengeseßten Ladungen mit die höchsten in der ganzen Gewitterwolke ge 
messenen Potentialgradienten. Da die Trennung und damit die stärkste Ansammlungn der entgegengeseßten 
Ladungen im Mittel meist nicht unter 4 km, oft aber in 6 km oder sogar 10 km Höhe liegt, dürften bei Gleich 
gewichtsstörungen Bliße zwischen dem negativen Teil der Wolke und der Erde sehr selten sein. Plößliches 
starkes Strömen, vielleicht sogar oft unter Leuchterscheinung, dürfte dagegen sehr häufig zwischen der posi 
tiven Ladung des oberen Teils der Wolke und der negativen Ladung eintreten, wie dies die von Simpson und 
Scrase gerade hier immer wieder festgestellten Funken an den Elektroden ihrer Höhenelektrographen be 
weisen. Somit scheinen sich diese beiden Ladungen als Ganzes genommen dem Erdboden gegenüber ziemlich 
stabil zu verhalten. 
Ganz anders wird sich die zusammcngeballte Ladung in unteren Schichten der Wolke verhalten, die dem 
Erdboden im Durchschnitt schon sehr nahe ist. Diese positive Ladung scheint auf den ersten Blick als Fremd 
körper in der Wolke zum Spielball aller hier etwa plößlich auftretenden Kräfte zu werden. Daß sie, wie schon 
festgestellt, vom Boden aus gesehen das Aktivitätszentrum des Gewitters darstellt, erscheint jeßt fast als 
selbstverständlich. 
Wird die Größe dieser Ladung durch eine schlagartige Elektrizitätserzeugung oder Kapazitätsänderung 
plößlich geändert, so ist das herrschende Ladungsgleichgewicht gestört. Die positive Ladung muß den dabei 
auftretenden Kräften nach Richtung und Größe folgen, d. h. die Umlagerung, bzw. Verschiebung derselben 
unter Leuchterscheinung, als Bliß, wird mehr oder weniger rasch erfolgen, und zwar unter irgendeinem 
Winkel, entweder in Richtung des Erdbodens oder der Wolke selbst, bis der Ausgleich und damit das La 
dungsgleichgewicht wiederhergestellt ist.
	        
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