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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 55. Bd. Nr. 1
4. Di© Beziehungen zwischen Kalkgehalts- und Planktonverteilung
a) Der Einfluß des Elbwassers auf den Kalkgehalt der Deutschen Bucht.
Beim Vergleich des jahreszeitlichen Kalkgehaltsganges an verschiedenen Stationen der Elbmündung und
der inneren Deutschen Bucht muß der Einfluß des Elbwassers festzustellen sein. Um z. B. den Kalkgehaltsverlauf
bei den Oberelbestationen mit dem bei den Elbe-Feuerschiffen vergleichen zu können, ist für jedes Feuerschiff
und für jeden Monat eine A/S-Beziehung durch graphische Ausgleichung abgeleitet worden (A = a + bS). Die
den einzelnen Salzgehalten zugeordneten Kalkgehaltswerte sind Monatsmittel für jeden Salzgehaltsintervall. Da
der Chlorgehalt des Wassers der Oberelbe praktisch gleich Null ist, mußte für die Feuerschiffe der Kalkgehalt
auf S = 0%o (CI. = 0%o) graphisch extrapoliert werden, d. h. für jeden Monat ist die betreffende Flußwasser
konstante a in ein Diagramm, das deren jahreszeitlichen Verlauf wiedergibt, eingetragen worden. Wie die Figur 1
zeigt, hat der Jahresverlauf der Konstante a für Elbe 4 denselben Gang wie die Oberelbestation Geesthacht und
Bunthaus. Genau so kann diese Methode für alle Feuerschiffe und Helgoland angewandt werden. Wir müssen
uns aber immer vor Augen halten, daß diese Kurvenwerte theoretisch errechnete Größen sind und in der Natur
nicht beobachtet werden können, da ja bei Elbe 4 und den anderen Stationen der Kalkgehalt des Meerwassers
denjenigen des Flußwassers beeinflußt. Aber auf Grund der A/S-Beziehung sind die Kalkgehaltswerte auch für
S = 0%o anzugeben. Auf die absoluten Kalkwerte kommt es hier nicht an, da es unmöglich ist, bei Elbe 4 einen
Kalkgehalt bei S = 0%o zu beobachten, sondern darauf, ob im Jahresverlauf dieser Größen bei allen im Einfluß
bereich der Elbe liegenden Stationen ein gleichsinniger Gang vorhanden ist, in welchem eine charakteristische
Stelle den vermuteten Einfluß der Elbe bestimmt widerspiegeln kann. Figur 19 zeigt wenigstens für die Zeit vom
Herbst 1932 bis zum Frühjahr 1933 deutlich und zeitlich verschoben den Einfluß des Elboberwassers bei den
an der nordfriesischen Küste gelegenen Stationen. Für Helgoland und Elbe 1 ist dies schon schwieriger festzustellen,
da diese beiden Stationen schon zu sehr vom Kalkgehalt des Meerwassers beeinflußt werden. Wie undeutlich die
Wirkung der Elbwassermassen auf das Oberflächenwasser der inneren Deutschen Bucht im Verlauf eines Jahres
nachzuweisen ist, zeigt Figur 20. Hier sind für einen für dieses Gebiet charakteristischen mittleren Salzgehalt von
28%o die absoluten Werte des Kalkgehaltes aus der für jeden Monat abgeleiteten mittleren A/S-Gleiehung berechnet
worden. Dieser Jahresverlauf der Kurven für die 5 Stationen gibt keinen Anhalt dafür, daß der Einfluß des Elb
wassers irgendwie besonders gekennzeichnet ist. Es ist daher sehr schwierig — im Gegensatz zur Untersuchung
der jahreszeitlichen Salzgehaltsverteilung — in den Monatsmitteln des Kalkgehaltes in Abhängigkeit vom Salz
gehalt die Wirkung des Elbwassers nachzuweisen. Daß aber ein Einfluß der Elbe auf das Wasser der Deutschen
Bucht besteht, hat die theoretische Untersuchung in Figur 1 und 19 gezeigt. Diese in den tatsächlichen
Beobachtungen nicht erkennbare Wirkung vom Kontinent scheint von anderen vom offenen Meere stammenden
Erscheinungen überdeckt zu sein, und zwar um so stärker, je mehr man sich von der Küste entfernt. Vielleicht
ist auch anzunehmen, daß der Kalkgehalt des abfließenden Elbwassers auf dem Wege von der Elbmündung bis in
die Deutsche Bucht größeren Veränderungen unterliegt als der von diesen Wassermassen beeinflußte Salzgehalt
des Nordseewassers. Es ist dann weiterhin anzunehmen, daß nicht so sehr die Menge des abfließenden Elbober
wassers die eigenartigen Kalkgehaltsverhältnisse in der Elbmündung und Deutschen Bucht hervorruft, als vielmehr
die beim Zusammentreffen mit Meerwasser in den Süßwassermassen hervorgerufenen hydrographisch-chemischen
Umwandlungen und die durch die Mischung zweier verschiedener Wasserarten stattfindenden besonders starken
biologischen Lebens- und Sterbeprozesse.
Abschließend möge noch einmal auf Figur 11 hingewiesen werden, die eine zusammenfassende graphische
Darstellung der wichtigsten abgeleiteten mittleren A/S-Bezieliungen für die Änderung des Kalkgehaltes in
Abhängigkeit vom Salzgehalt im Oberflächenwasser der Elbmündung und der Deutschen Bucht wiedergibt.
b) Der Kalkgehalt der im Oberfläche nw asser ungelösten Bestandteile.
Da für das Elbmündungsgebiet und die Deutsche Bucht sowohl der Gesamtkalkgehalt wie der Gehalt des
gelösten Kalkes bestimmt worden sind, ist es möglich, aus ihrer Differenz Menge und geographische Verteilung
des Kalkgehaltes der vom Oberflächenwasser mitgeführten Bestandteile festzustellen. Diese Differenz ist A u —A t
und sei mit AA iu _ }) bezeichnet.
Die Verhältnisse in der Ober- und Unterelbe sind schon eingehend behandelt worden (vgl. Seite 18).
Im Elbmündungsgebiet schwankt das AA im Mittel zwischen den Werten 0,15 und 0,3 mäquiv/L; in der
Deutschen Bucht zwischen 0,02 und 0,15 mäquiv/L. Für das offene Nordseewasser wurde im Sommer 1933
(11./12, VIII.) der Durchschnittswert 0,04 mäquiv/L festgestellt. Auch in diesen Untersuchungen konnte die
bekannte Tatsache, daß die Menge und die Größe (der Dispersitätsgrad) der im Oberflächenwasser ungelösten
Partikelchen im allgemeinen vom Festland nach See zu kleiner wird, wiedergefunden werden. Es gibt jedoch auch
Gebiete, die sich dieser Regel nicht fügen und bei beträchtlicher Entfernung von der Küste noch erhebliche
Mengen an suspendiertem Kalk führen. Im folgenden sollen vor allem diese Gebiete mit überaus großem AA
auf gezählt werden.