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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 55. Bd. Nr. 5.
zeigt, daß man mit einem konstanten virtuellen Reibungskoeffizienten nicht immer auskommt. Deshalb
hat man denselben einmal als stetige Funktion der Tiefe darzustellen versucht, ein anderer Weg bestand
darin, das Meer in einzelne horizontale Schichten aufzuteilen, wobei in jeder dieser Schichten der Reibungs
koeffizient konstant angese^t wurde 24 ). Einen ganz anderen Weg haben Jacobsen 25 * 27 ) u. a. eingeschlagen. Es
werden statistische Methoden herangezogen, wobei dann Integralgleichungen eine Rolle spielen, Jacobsen
scheint diese Methode nur auf unendlich lange Wassersäulen angewendet zu haben; führt man Begrenzungen
ein, so vermehren sich die mathematischen Schwierigkeiten in erheblichem Maße.
Wir sehen aus diesen Betrachtungen, daß man auch heute noch von einer Beherrschung dieses Gebietes
nicht reden kann, viel weniger dürfen wir deshalb auch erwarten, wenn überhaupt keine Geschwindigkeits
beobachtungen vorliegen, wie in unserem Fall. Wollen wir überhaupt quantitative Angaben über die Ge
schwindigkeit machen, so stehen uns als Hilfsmittel nur die hydrodynamischen Gleichungen zur Verfügung,
in dem Sinne, daß die hierin auftretenden Größen als mittlere Werte zu betrachten sind. Aus den Glei
chungen 1) und 2) folgt unter den üblichen Vorausse^ungen:
2 il
l<?p ¿> s u
V Sin SP 1- v ■ - »=o
pdx dz*
„ f . . löp^ dH
— 2 ¿2 u sin Sp + v • ■£-=
Q Ö y OzT
Aus den Figuren 1 bis 6 ersieht man, daß ^ wie auch —® mit guter Annäherung als linear in z betrachtet
werden können, soweit man in hinreichender Entfernung vom Boden bleibt, dann besitjen aber die obigen
Differentialgleichungen auch Lösungen u, v, die linear in z sind. Wenn aber u und v linear sind, so ver
schwindet die zweite Ableitung dieser Funktionen, d. h. aber die Reibung hat keinen Einfluß mehr auf
die Geschwindigkeitsverteilung.
Es wird also erlaubt sein, für unsere Berechnung, die Reibung im Wasser selbst zu vernachlässigen,
über die Verhältnisse am Boden können wir überhaupt nichts aussagen, es sei nur auf die Tatsache hin
gewiesen, daß die Geschwindigkeiten der Strömungen im Barents-Meer, wie sie aus der Dichteverteilung
d 2 v
errechnet werden, nur gering sind, so daß vielleicht auch „ ~ t bzw. „ -- 2 nicht zu groß werden, vorausgesetjt,
uZ v Z
daß die hydrodynamischen Gleichungen im weiteren Sinne hier noch gelten.
Es muß jetjt noch auf einen Umstand eingegangen werden, der oben schon kurz angedeutet wurde.
Die Gleichung 11 gestattet uns nur die Geschwindigkeitsdifferenzen festzustellen. Es interessiert darüber
hinaus aber auch wesentlich der Geschwindigkeitswert selbst. Wir wissen aus unseren oben angegebenen
Formeln, daß für diesen Zweck ausreichend ist, entweder den Verlauf der Meeresoberfläche zwischen den
in Frage stehenden Stationen zu kennen, oder in einer Tiefe den Wert der Geschwindigkeit zu besitjen.
Aber über die Lage der Meeresoberfläche wissen wir naturgemäß eben so wenig wie über die Strömungen
im Barents-Meer. Wir können zunächst eine qualitative Voraussetjung machen, die in der neueren
Ozeanographie 28 ) allgemein anerkannt ist, daß nämlich bei einheitlicher Anordnung von Temperatur und
Salzgehalt in vertikaler Richtung die Oberfläche so geneigt ist, daß die Geschwindigkeit mit zunehmender
Tiefe abnimmt, so daß man die kleinsten Geschwindigkeiten in der Nähe des Bodens erhalten wird. Manch
mal kann man auch aus der Verteilung der hydrographischen Elemente eine „Nullschicht“ erkennen, in der
das Wasser ruht, auf diese Weise hat Wüst ) die Geschwindigkeit des Floridastromes ermitteln können,
24 ) Ekman: Eddy-viscosity and skin-friction in the dynamics of winds and ocean-currents. Mem. R. Met, Soc. London
1928, S. 161 bis 172.
S5 ) Jacobsen, I. P.: Eine graphische Methode zur Bestimmung des Vermischungskoeffizienten im Meere, Gerlands Bei
träge z. Geophysik, Bd. 16, 1927, S. 404.
2# ) Defant, A.: Dynamische Ozeanographie, S. 35.
27 ) Wüst. G.: Florida- und Antillenstrom; eine hydrodyn. Untersuchung. Veröffentlichungen d. Inst. f. Meereskunde, N. F.
A. Hft. 12, Berlin 1924, S. 33.