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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. - - 55. Bei. Nr. 5.
nahen Schicht tatsächlich sehr gering sein muß, erkennt man besonders auf den Stationen A und C an
der Temperatur, die hier teilweise eine Änderung von mehr als C pro Meter aufweist, was bei kräf
tiger Durchmischung in vertikaler Richtung wohl unmöglich wäre. Bemerkenswert ist, daß diese Tempe-
raturinversionen nicht nur an Station A, sondern auf 26° östlicher Länge auch nördlich und südlich davon
an den Stationen 14, 15, 84 und 85 Vorkommen, wie die Figur 31 zeigt. Die Kurven in den Figuren 35,
36 und 37 weisen eine ausgesprochene Parallelität auf, d. h. die Gestalt der Linien bleibt während der
Beobachtungszeit fast die gleiche, nur werden diese als Ganzes verschoben. Audi dies spricht für die
Auffassung, daß die Änderungen zur Hauptsache durdi vertikale Wasserbewegungen hervorgerufen werden.
Für die Berechnung der Geschwindigkeit haben wir nach Gleichung 11 § 2 die Dichteänderungen in hori
zontaler Richtung zu ermitteln. Wir wollen jetjt an dem Beispiel der Station B feststellen, wie groß die
Dichtegradienten im Vergleich mit den Schwankungen der Dauerstation selbst sind.
In nebenstehender Tabelle sind in der ersten Spalte die Differenzen
zwischen den niedrigsten Dichtewerten an Station B und den Werten an
der etwas nördlicher davon gelegenen Station (74° Breite, 30° Länge) auf
getragen. In der zweiten Spalte sind die Schwankungen angegeben. Wir
sehen aus der Tabelle, daß von 10 bis 75 Meter die Änderungen an der
Station B den nordsüdlichen Dichtegradienten übertreffen, so daß man
hier nicht ohne weiteres die Verhältnisse als stationär bezeichnen darf, in
dem tiefen Wasser machen die Schwankungen nur noch 50 % aus, um in
250 Meter Tiefe wieder anzusteigen. Dazu sind zwei Bemerkungen nötig,
1. hat B. Schulz festgestellt (vgl. „Berichte“ S. 277), daß gerade an dieser
Station eine allgemeine Zunahme des Salzgehalts und Erhöhung der Tem
peratur stattgefunden hat, andererseits treten diese Schwankungen, die wir
in Spalte 2 aufgeschrieben haben, ja nicht alle gleichzeitig auf, so daß sich
bei der Integration wenigstens im Tiefen-Wasser die Beträge zum Teil
herausheben. Schließlich ist für die allgemeine Berechnung noch zu be
denken, daß ein zeitlicher Abstand von 4 bis 8 Stunden zwischen den ein
zelnen Stationen lag, in diesem Zeitraum aber die Änderungen naturgemäß
geringer waren, und endlich haben wir an dieser Stelle nicht gerade eine sehr große Dichtezunahme in
nord-südlicher Richtung. Wir sehen aus dieser Betrachtung, daß für unsere Untersuchung das Tiefenwasser
als stationär in bezug auf die Dichteverteilung betrachtet werden darf (an den anderen Stationen liegen
die Verhältnisse günstiger), wenn auch die Feinheiten im Aufbau des Meeres mit Hilfe unserer Methode
nicht aufgedeckt werden können. Es ist aber erforderlich, zunächst von der Wirkung der Oberschicht ab
zusehen. Wir werden also unsere Untersuchungen nur auf das Tiefenwasser ausdehnen.
Tiefe
in m
Spalte 1
Spalte 2
0
0.18
0.09
5
0.19
0.08
10
0.15
0.14
25
0.16
0.25
50
0.00
0.12
75
0.08
0.09
100
0.10
0.05
125
0.10
0.05
150
0.12
0.05
175
0.10
0.04
200
0.12
0.07
250
0.07
0.06
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß auch für das Barents-Meer in erster Annäherung die Vor
aussetzungen, daß die Bewegung stationär und beschleunigungslos sei, gültig sind. Die Frage, wie sich die
vielen einzelnen Beobachtungen und errechneten Werte in ein großes Gesamtbild der Strömungen des
Barents-Meeres einbauen lassen, wird erst später zu untersuchen sein.
§ 4. Die Reibung und die Voraussetzung, daß das Wasser am Boden ruht.
Bei der Herleitung der Gleichung 11 des § 2 war ja u. a. auch der Einfluß der Reibung vernachlässigt,
es muß hier deshalb noch einmal darauf eingegangen werden, weil das Barents-Meer als Schelfmeer relativ
flach ist, und der Boden auf die Wasserbewegung beträchtlich einwirken kann. Nach der Theorie von
Prandtl 16 ) können sich Störungen in Gestalt von Wirbeln nur an den Begrenzungen der Flüssigkeit bilden,
die dann in das Innere wandern. In unserem Falle spielt der Boden die Rolle der Begrenzung und seine
Rauhigkeit wird einen entscheidenden Einfluß für die Ausbildung von solchen Störungen haben. In diesem
,3 ) Prandtl, L. und Betj, A.: Vier Abhandlungen zur Hydrodynamik. Göttingen 1927.