Dr. Oito-Heinr. Felber: Oberflächenströniungeu des Nordatl. Ozeans zwischen 15° u. 50° N. B. H
Für die Gewässer der Großen Bank südlich von Neufundland ergibt sich, wie O. Krümmel (23)
schon zeigt, ein mittleres Strömungsbild mit durchweg südlicher Richtung. Der Labradorstrom setzt
nicht nur durch die Rinne zwischen der Großen Bank und Neufundland und an der Ostseite der
Großen Bank nach Süden, sondern breitet sich auch über der Großen Bank aus. Daß der Strömungs
verlauf im einzelnen von der mittleren Richtung erheblich abweichen kann, zeigen die Beobachtun
gen der International Ice Observation and Ice Patrol Service in the North-Atlantic Océan (22). Der
Leiter E. Smith lehnt zuerst (1922) ein Ausbreiten der arktischen Gewässer in südwestlicher Rich
tung ab, kommt aber später (1925 ff.) zu dem Schluß, daß eine nicht regelmäßige süd- und südwest
liche Trift der Gewässer auf der Großen Bank vorhanden ist.
Südlich der Neufundlandbank weist der Golfstrom eine scharfe Ausbiegung nach Süden auf. Zwar
ist die Ausbiegung nach den Besteckversetzungen nicht so scharf und eng begrenzt, wie sie z. B. B.
Helland-Hansen und F. Nansen (19,20, 21) zeigen, aber sie kommt aus den Besteckversetzun
gen für jeden Monat klar zum Vorschein. Das Aufkoppeln vieler Beobachtungen zu einem Mittel,
Stromschwankungen und die in diesem Falle zu große Einheit des Eingradfcldes werden eine Abschwä
chung der Ausbiegung verursachen. Dieser Keil ist eine Bestätigung eines von V. Ekman und B. Hel
land-Hansen (14) gefundenen Gesetzes über die Wirkung der morphologischen Verhältnisse und der
Bodentopographie auf die Strombahnen.
Die Polarfront, das Zusammentreffen der kalten, salzarmen Gewässer mit dem warmen, salz
reichen Golfstrom und ihre jährliche Schwankung zeigt Abb. 12 (Tafel 3). Sie liegt mit ihren
Wirbelbildungen, die durch die schmalen hornförmigen Krümmungen der Konvergenzlinie, Abb. 12
(Tafel 3), angezeigt werden, die einer Zone geringer Beständigkeit, im Mittel etwa 30 Prozent, und
geringer Geschwindigkeit von weniger als 5 sm im Etmal. Dies zeigt, daß diese Stromgrenze gewissen,
aber nicht sehr bedeutenden jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen ist. Diese Schwankun
gen scheinen nicht periodischer Natur zu sein; im Sommer liegt die Konvergenzlinie im allgemeinen
etwas nördlicher als im Winter. Das schraffierte Gebiet bezeichnet die nördlichste und südlichste
Grenze der Verschiebung. Der Deutlichkeit wegen ist sie nur für die Monate Februar, Mai, August
und November eingetragen worden. Die Polarfront kennzeichnet sich auf allen Darstellungen durch
eine starke Häufung der Isolinien der einzelnen Elemente. So tritt sie z. B. bei Caste ns (6. Tafel
5) auf der Darstellung der Dichtigkeitsfläche des .Atlantischen Ozeans in der — 30-cm-Linie in Er
scheinung.
An dieser Konvergenzlinie sinken die kalten schweren Wassermassen zum Teil unter Wirbelbil
dung, die durch die Dichteunterschiede und duich die Bodenkonfigurationen entstehen, unter di
leichteren des Golfstromes. So ergeben die Besteckversetzungen für alle Monate einen zyklonalen
Wirbel an der Südostseite der Großen Bank. Seine Ausdehnung beträgt etwa 2° bis 3°, und seine
Lage ist offenbar durch den Verlauf der Großen Bank bestimmt.
Bestätigt wird dieser Wirbel nicht nur durch die Eisbergtriften, sondern auch durch die dynami
schen Berechnungen der Strömungen von E. Smith (Intern. Ice Obs. 1925 ff, 22). Im einzelnen scheint
das Zentrum dieses Wirbels an der Ostkante der Bank um etwa 2 Breitengrade hin und her zu wan
dern. Die dynamische Berechnung wird mit Vorsicht zu gebrauchen sein. Denn die für ihre Gültig
keit erforderlichen stationären Zustände werden in dieser Zone der Wirbelbilduug nicht immer hin
reichend vorhanden sein. So weichen viele Eisbergtriften von der errechneten Strombahn ab. Hier
bei wird der Wind ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Aus den genannten Gründen berücksich
tigt der Intern. Ice Obs. seit 1929 mehr die Temperaturkurven, um hieraus .Strom- und Eisbergtriften
abzuleiten.
Ein zweiter Wirbel contra solem mit stationärem Charakter bildet sich an der Südwestseite der
Großen Bank aus. Seine Ausdehnung beträgt etwa 3 0 bis 4 0 und seine Lage ist bestimmt durch die
vorgelagerten Bänke von Neufundland und Neuschottland, die ein nach Süden offenes Dreieck bilden.
Für die Monate März bis Oktober ist er aus den Besteckversetzungen leicht zu finden, für die Winter
monate ist aus den Strompfeilen mit Ausnahme des Dezembers keine Wirbelbildung zu erkennen. In
den Monthly Current Charts for the Atlantic Océan (10) ist dieser Wirbel für den Januar und Okto
ber angedeutet. E. Smith (22) schloß ihn aus der Eisbergtrift; seine Annahme zeigt das schematische
Strömungsbild im Intern. Ice Obs. 1924. Für die Monate Mai bis Juni ergab ihn 1926 die dynami
sche Berechnung und 1927 vermutet ihn E. Smith über das ganze Jahr.