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Aus dein Archiv der Deutschen Seewarte. 53. Bd. Nr. 1.
beträgt das ganze Jahr hindurch 50 bis 75 Prozent, seine Geschwindigkeit 10 bis 15 sm/Etmal. Seine
Breite ist nur geringen jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen, wie G. Wüst (45) bereits betont.
Auf 28 0 N. B. ergibt das holländische Material auf Grund der Eingradpfeile für November bis Fe
bruar 76 0 W. L., für alle übrigen Monate durchgängig 77 0 W. L. als östliche Grenze.
Vor seiner Vereinigung mit dem Floridastrom wird der Antillenstrom durch einen antizy-
klonalen Wirbel eingeengt. Die Lage dieses Wirbels erfährt ebenfalls eine unerhebliche jahreszeit
liche Aenderung. Sein Zentrum verschiebt sich im Laufe des Jahres von 27° N. B. und 73° W. L.
im Januar auf 30° N. B. und 76° W. L. im August. Die Ursache wird auch hier in den Passaten zu
suchen sein, die im August ihre nördlichste Lage erreichen (Atlas der Deutschen Seewarte 1901).
Das spärliche Material läßt zwar eine einwandfreie Deutung der einkurvenden Wirbelfäden nicht
zu, daher zeigt sich eine gewisse Abweichung mit dem von G. Wüst (45, Fig 6) entworfenen Strom
bild in der Lage und Ausdehnung dieses Wirbels. G. Wüst gibt für den März bis Mai den Wirbel in
28 0 N. B. und 77 0 W. L. mit einer Ausdehnung von etwa 2 0 an. Verfährt man aber nach den ein
gangs erwähnten Methoden — folgt also vor allem den hohen Beobachtungszahlen mit großen Be
ständigkeiten, berücksichtigt das Strombild in der ganzen Umgebung und zieht das Material der
Nachbarmonate heran, — so kommt man zu den oben angegebenen Zentren und zu einer etwa 5 0 um
fassenden Ausdehnung des Wirbels.
Auf etwa 30 0 N. B. erfolgt die Vereinigung des Floridastroms mit dem Antillenstrom. Zwischen
beiden, in dem toten Winkel nördlich der kleinen Bahamabank. bilden sich rückläufige, von beiden
Strömen unterhaltene Kompensationsbewegungen aus. die eine Geschwindigkeit von 10 bis 15 sm,
Etmal besitzen.
Aus den Besteckversetzungen ergibt sich für den vereinigten Florida- und Antillenstrom, den
Golfstrom, eine sehr geringe jährliche Schwankung. Das mittlere Strombild zeigt bis Kap Hatte-
ras für alle Monate denselben Verlauf, so daß auf eine Beschreibung hier verzichtet sei, weil sie
nichts Neues bringt und sich mit den Ergebnissen neuerer Arbeiten deckt (H. II. F. Meyer, 28), (G.
Wüst 45, 46).
Unter dem Einfluß der ablandigen Winde und der ablenkenden Kraft der Erdrotation entfernt
sich der Golfstrom nördlich von Kap Hatteras mehr und mehr vom amerikanischen Kontinent und
geht zur ENE-Riehtung über. Seine rechte Flanke ist stark verwaschen: hier biegen Stromfäden mit
Geschwindigkeiten von 5 sm/Etmal und wechselnder Beständigkeit zur Sargassosee ab. Seine linke,
nördliche Flanke dagegen ist gegen die salzärmeren und kühleren Küstengewässer scharf abgesetzt
und bildet mit diesen den westlichen Teil einer ausgesprochenen Konvergenzlinie, der sogenannten
nördlichen Polarfront.
Inwieweit nun der aus dem St. Lorenzgolf kommende Cabotstrom, weiter östlich der die Insel
Neufundland umströmende Labrador ström und das an der linken Flanke des Golfstromes aufquel-
lende kalte Auftriebswasser an der Bildung dieser Gewässer, des „kalten Walles“, beteiligt sind, ist
aus den Besteckversetzungen nicht zu ersehen. Aus diesen ergibt sich nämlich für das ganze Jahr
ein ziemlich einheitliches Strömungsbild: bis etwa 65° W. L. setzt ein Strom mit geringer Beständig
keit und 5 sm/Etmal Geschwindigkeit in südwestlicher bis südlicher Richtung zwischen dem ameri
kanischen Kontinent und dem Golfstrom. Von 65 0 W. L. und weiter westlich zeigen die Strompfeile
mehrfach Wirbelbildung.
Für die Gewässer um Neufundland und Neuschottland bestätigt das wenige Material das von
J. W. Sandström (35) entworfene Strombild. Der Labradorstrom, dessen Geschwindigkeit zwischen
5 bis 10 sm/Etmal beträgt, umspült nicht nur die Ost- und Südküste Neufundlands, sondern dringt
an der Westküste durch die Cabotstraße in den Golf von St. Lorenz hinein. Der Cabotstrom drängt
an der Ostküste von Neuschottland aus dem St. Lorenzgolf heraus, wird sich mit Stromfäden des
Labradorstromes vereinigen und breitet sich, wie schon erwähnt, in südwestlicher und südlicher Rich
tung aus. Auch für den Golf von Maine zeigen die Besteck Versetzungen im wesentlichen dasselbe
Strombild, wie es H. B i g e 1 o w (5,4) angibt. Das geringe Material und die zu große Einheit des Ein
gradfeldes lassen eine jahreszeitliche Aenderung des Strömungsverlaufes für dieses Gebiet nicht er
kennen.