8
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49. Bel. Nr. 3.
Fischleber) zur Kolonie zum Verkauf. Soweit wir bei kurzem Besucht erkennen konnten, wendet die
Dänische Regierung erhebliche Mittel für Verwaltung, ärztliche und geistliche Versorgung dieser
Kolonie auf, und die Fernhaltung fremden Einflusses, insbesondere auch des Alkohols scheint durchaus
im Interesse der eingeborenen Bevölkerung zu liegen.
Während des dortigen Aufenthaltes wurden mehrere Pilotaufstiege ausgeführt, um zur Frage des
Föhnwindes beizutragen. Der Fjord selbst ist von mäßig hohen, etwa unter 30° einfallenden Höhen
zügen umgeben und nach Breite und Länge für Flugzeuglandung gut geeignet, von gelegentlichen Eis
bergen abgesehen. Allgemein fällt die Küste in dieser Gegend Südwestgrönlands weniger steil ab, als
näher an Kap Farewell und vor allem an der sehr steilen Ostküste. Doch teilte der zugleich als meteoro
logischer Beobachter tätige Telegraphenvorsteher Herr Thane mit, daß sehr rasches Auffrischen des
Windes und plötzliche Richtungsänderung an der Tagesordnung sei. Es dürfte sich hierbei um Fall
winde handeln, die die Station auf dem Weg durch die beiden hier zusammentreffenden Fjorde ab
wechselnd erreichen. Eine erhebliche Schwierigkeit, die auch für die Navigation des „Meteor“ stets be
stand, liegt nach der Erfahrung des schwedischen Fliegers Hassel vom August d. J. in der unver
meidlichen Ungenauigkeit der grönländischen Karten, soweit es sich um von der Küste abliegende Ge
biete oder die Identifizierung von Bergen handelt.
Für unsere Aufgaben besonders fruchtbar wurden eingehende Informationen über den drahtlosen
Verkehr innerh^b Grönlands, mit Island und Dänemark. Die Funkstation Julianehaab ist mit Lang-
und Kurzwelle modern ausgebaut und bildet die Zentrale für die übrigen, nur auf langer Welle
arbeitenden grönländischen Stationen (Angmagsalik, Scoresbysund, Godthaab, Godhavn) und für den
Verkehr mit dem Mutterland. Ferner traf ich dort den rumänischen Meteorologen Dr. Dombrava,
der in Angmagsalik überwintert hatte. Seine Mitteilungen über die Höhenwindverhältnisse von Ang
magsalik waren für die Bearbeitung unserer eigenen Ergebnisse sehr wertvoll.
Am 21. früh wurde Julianehaab bei ruhigem Wetter verlassen. Eisberge trieben vereinzelt noch im
Fjord oder umsäumten gestrandet die freie Küste. Sie zeigten im Gegensatz zu den ostgrönländischen
Bergen stark ausgewaschene Abschmelzformen, was mit ihrer Herkunft mit dem bei Kap Farewell längs
der Westküste nordwärts setzenden Ostgrönlandstrom gut in Einklang steht. Julianehaab wird erst im
Juni oder sogar Juli für Schiffe zugändlich, wesentlich später, als die weiter nördlich gelegenen Häfen
der Westküste.
Wir liefen in guter Sicht des Landes südwärts auf Kap Farewell zu. Bei heiterem Wetter beobach
teten wir prachtvolle Luftspiegelungen (Bild 4 u. 5, Taf. 2). Die Höhe der umkehrenden Schicht konnte
durch Höhenmessung (12' 30") bei bekannter Entfernung (17 sml) zu 114 m bestimmt werden, falls ein
geradliniger Verlauf des Sehstrahls angenommen werden darf. Zum Teil waren durch die Art der
Spiegelung mehrere Inversionen (blätterförmige Struktur) der untersten Schicht angedeutet. Auch der
Schornsteinrauch breitete sich flächenhaft aus und umschloß unter dem Einfluß wechselnder Wind
richtungen zeitweise den ganzen Horizont.
Am Abend passierten wir Kap Farewell und beschlossen auf Grund einer gemeinsamen Besprechung
mit dem Kommandanten, den geplanten Vorstoß in die Belle-Isle-Straße aufzugeben, da die ungünstige
Witterung auf der Herfahrt und die nachts regelmäßig erforderlichen Fahrtunterbrechungen erheblich
mehr Zeit gekostet hatten, als ursprünglich geschätzt wurde. Da somit der weitere Vorstoß nach SW
technisch unmöglich gemacht war, entschlossen wir uns, die Rückfahrt nach Reykjavik nicht auf einem
nach S ausgebogenen Kurs zurückzulegen, der uns wieder in die Nähe der am 20. verlassenen Sturm
zyklone gebracht hätte, sondern längs der grönländischen Ostküste bis zum 64. Breitengrad zu gehen
und dann längs dieses die Dänemarkstraße zu überqueren. Auch flugmeteorologisch schien dieser Weg
zweckmäßig zu sein, da wir gerade vom südlichen Ende der Ostküste auf der Herfahrt bei Sturm und
Nebel nichts gesehen hatten und die Ausführung einiger Pilotaufstiege in Sicht der Küste besonders
aussichtsreich erschien. Tatsächlich konnten am 22. August sechs Ballonaufstiege ausgeführt und wert
volle Beobachtungen über Temperatur- und Windrichtung gewonnen werden.