Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49. Bd. isr. 8.
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Nordsee bis zur Biscaya führt (vgl. Tafel 8 und 6), und die man die „Warmfront“ nennt, östlich dieser
„Warmfront“ findet sich keine subtropische Warmluft mehr an der Erdoberfläche vor, sondern kühlere
Kontinentalluft. Beim Aufgleiten kühlt sich die warme Subtropikluft ab. Ihr Feuchtigkeitsgehalt muß
also z. T. kondensieren. Es treten Wolken und schließlich Niederschläge auf. Damit ist eine Antwort
auf die Frage unter II. erstmalig gefunden. Als langes Band zieht sich die Zone des „Aufgleitrogens“
(vgl. Tafel 4 und 3) von der Südspitze Norwegens über die Nordsee (hier fehlen Meldungen!), Holland,
Aachen bis Tours und Rochefort. Dieser „Aufgleitregen“ liegt bezeichnenderweise östlich, d. h. vor der
„Warmfront“. Er entstammt der auf geglittenen subtropischen Warmluft.
Wir wenden uns jet’zt der Betrachtung der westlichen Begrenzung der Warmluft zu (Tafel 3):
Auch hier herrscht kein Gleichgewicht; denn auch hier findet sich ein Neben einander von kalten
und warmen Luftmengen, d. h. kein stabiler Zustand. Im Gegensatz aber zu den Verhältnissen im Bereiche
der „Warmfront“ strömt hier die kalte Polarluft mit größerer Energie als die warme Subtropikluft und zwar
„h i n t e r“ dieser, und trifft unter einem kleinen Winkel auf sie. (Vgl. Tynemouth-Renfrew-Tiree, Roches
Point-Valentia-Schiff auf 17%° W-Länge.) Infolgedessen gleitet hier nicht die warme Luft über der kalten
auf, sondern die kühlen Luftmassen schieben sich mit ziemlicher Heftigkeit böenartig unter die leichteren
warmen Luftschichten, um ins Gleichgewicht zu kommen. Die Linie, längs der sich dieser Vorgang an
der Erdoberfläche vollzieht, zugleich die Grenze zwischen Warmluft und vordringender Polarluft, wird
„Kaltfront“ oder „Böenfront“ genannt. Sie verläuft am 3. 1. 30 von der ndl. Nordsee nach Südirland. (Vgl.
Tafel 3 und 6.) Wo wir in ihrer Nähe kalte Luft am Erdboden finden, haben wir uns darüber hochge
rissene Warmluftmassen zu denken, in welchen sich bei der im Auf steigen plötzlich eintretenden starken
Abkühlung hoch hinauf reichende Wolkentürme bilden. Diese entlassen Niederschläge in Schauerform,
heftige Regengüsse bei teilweise heiterem Himmel. (Vgl. Tafel 7, beachte den Gegensatz in der Bewölkung
zwischen den Bereichen der „warmen“ und „kalten Front“.)
Im Gebiete der einbrechenden Polarluft treten auch weiter rückwärts noch Schauer auf. (Vgl. Schiffs
meldung bei 28° Westl. Länge.) Diese Schauer stehen nicht mehr mit der „Kaltfront“ im Zusammenhang,
finden ihre Erklärung aber in ähnlichen, nur auf ein kleineres Gebiet beschränkten, Vorgängen. Die
unterste Schicht der aus polaren Gegenden herabströmenden Kaltluft wird nämlich vom Meere allmählich
erwärmt und befindet sich deshalb bald nicht mehr im Gleichgewicht mit den Luftmassen der Umgebung.
Zum Aufstieg gezwungen, kühlt sie sich ab und kondensiert ihren Wasserdampfgehalt in Schauerwolken,
aus welchen Regen- oder Graupelschauer fallen. So entsteht das sogen. „Rückseitenwetter“ mit seinem
Wechsel von Sonnenschein und schauerartigen Niederschlägen.
Am 3. Januar 1930 regnet es nicht nur längs der beiden Fronten und im Bereiche der Schauerluft
im Rücken der Zyklone, sondern auch im Gebiete der Warmluft, im sog. „warmen Sektor“ (Südengland,
Kanalgebiet), und zwar haben die Niederschläge hier die ausgesprochene Form feinen Sprühregens. (Vgl.
Tafel 7.) Er wird durch Abkühlung der warmen Subtropikluft am kühleren Meerwasser und Erdboden
erzeugt. Die Feinheit des leise herabrieselnden Sprühregens, welcher deutlich vom großtropfigen Landregen
der Aufgleitzone zu unterscheiden ist, zeugt davon, daß nur die untersten Luftschichten betroffen werden.
VI. Wie erklären sich die Niederschläge im Raume Island — Färöer — Norwegen angesichts des Fehlens
warmer Luftmassen?
Im gekennzeichneten Raume fehlen die warmen Subtropikluftmassen an der Erdoberfläche. (Vgl.
Tafel 5.) (Nur der Golfstrom hält hier die Temperaturen verhältnismäßig hoch.) Infolge des energischen
Nachdrängens der grönländischen Kaltluft schreitet die „Kaltfront“ rascher vorwärts als die „Warmfront“,
welche nur verhältnismäßig langsam nach Osten wandert. Früher oder später muß dieses ungleiche Tempo
der beiden Fronten dazu führen, daß die „kalte Front“ die „warme“ einholt, und zwar dort zuerst, wo der
Polarluftstrom am kräftigsten vqrstößt. (Vgl. Thorsbavn: SW 9.) Hier trifft also grönländische Kaltluft auf
festländische Kaltluft, und die gesamte Warmluftmasse ist an dieser Stelle vom Erdboden abgehoben, daher