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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49. Rd. Nr. 3,
Die beiden Luftthermometer sinken schon топ 12.00 ab und erreichen ihre Endlage in etwa 8 Stunden.
Hierbei bleibt die Hüttentemperatur etwa У%° C über der Wassertemperatur, die Masttemperatur ca. l'A
es herrschen also die gleichen Temperaturverhältnisse, wie bei abendlicher oder winterlicher Ausstrah
lung des Erdbodens. Diese Verhältnisse finden wir vor in Abb. 20, 22. August 23.00 h bis 23. August 04.00 h
Ortszeit (BZ). Aber sie können die aufgesetzten Spitzen der Mastkurve nicht erklären.
4. Der letzte und möglicherweise entscheidende
Faktor kann in dynamischen Vorgängen gefunden
werden, die auf die Küstennähe beschränkt sind.
E n g e 11 “) gibt das in Abb. 21 dargestellte, etwas
ergänzte Zirkulationsschema für die grönländische
Westküste im Sommer. Ähnliche Erscheinungen hat
nach freundlicher mündlicher Mitteilung Dr. Dom-
brava in Angmagsalik gefunden, jedenfalls nicht
den klassischen Inlandeis-Föhn, der sich, wie auch
Prof. H о b b s betont, offenbar an keiner Stelle weit
vom Inlandeisrand entfernt. Da der Antrieb dieser
Zirkulation über dem eisfreien Küstenland von
diesem ausgeht, wird die in der Höhe rückkehrendeStrömung nicht weit von der Küste herabsteigen und
hier eine mehr oder weniger beträchtliche dynamische Erwärmung zur Folge haben. In der Tat wurden,
wie bereits erwähnt, föhnartige Wolkenlücken und Wolkenformen über Küste und See während dieser Tage
oftmals beobachtet. Aus Abb. 20 geht hervor, daß der Gleichgang der Inversion mit der Sonnenstrahlung
nicht sehr gut ist, außer an dem Termin 23. August 20.45 h BZ. Eine Tagesperiode ist deutlich sichtbar,
aber die Maxima können nicht immer mit maximaler Sonnenstrahlung in Beziehung gebracht werden.
Hier erweist sich ebenfalls die Annahme dynamischer Erwärmung als hilfreich. Denn die erwärmten
Gesteinsmassen des Küstengebirges vermögen die Zirkulation unablässig von den unregelmäßigen
Schwankungn der Sonnen- und Himmelsstrahlung in Gang zu erhalten und den Tagesgang der Ein
strahlung geglättet zur Darstellung zu bringen. Auch die hiermit notwendig verbundene Phasenver
schiebung der Strahlungs- und Zirkulationskurve läßt sich in der Nacht des 21./22. und 22./23. August
deutlich erkennen.
Diese Inversionserscheinung zeigt qualitativ gute Übereinstimmung mit den von W. P e p p 1 e r ie )
oftmals auf dem Bodensee festgestellten Kaltluftkissen mit einer Inversion von etwa 2° bis zur Höhe von
im Mittel 170 m. Auch ist hierbei die Lufttemperatur in 2 m über dem Wasser im Mittel um 1.3° höher,
als die Temperatur der Wasseroberfläche. Sogar sind in unserem Fall am 21., 16 bis 17 h , über der Küste
cu-Bildungen beobachtet worden, wie dies in den von P e p p 1 e r behandelten Fällen die Regel war; über
der grönländischen Küste wurde also die Kondensationshöhe von der aufsteigenden Luft ebenfalls
überschritten.
Ein glücklicher Zufall hat es gefügt, daß die vorstehenden Überlegungen zum Teil nachgeprüft
werden können, insbesondere, was den nicht wesentlichen Anteil der Sonnenstrahlung anlangt. Denn in
Abb. 17 (S. 41) finden wir zwischen 19. August 18 h und 20. August 06 h BZ ohne Mitwirkung von Sonnen
strahlung die ganz gleichmäßige Inversion von etwa 1° im Mast gegenüber der Hütte, ohne Andeutung
einer täglichen Periode. Dies ist der vorstehend unter Nr. 3 dargelegte Fall der Einwirkung des kalten
Wassers, sei diese in der oben als möglich geschilderten Weise oder einfach durch Ausstrahlung der
Luft gegen das kältere Wasser zu deuten.
Naturgemäß können diese Messungen zunächst nur orientierenden Charakter besitzen. Das Ziel
weiterer Untersuchungen wird sein müssen, derartige Temperaturmessungen durch Messungen nicht nur
der einfallenden Sonnen- und Himmelsstrahlung, wie in diesem Fall, sondern auch durch Ausstrahlungs-
Inlandeis
Wasser
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Abb. 21. Schema der Windverhältnisse des Küsten
landes von Grönland nach Engell (1903).
(Gestrichelte Windbahnen erglänzt.)
1S ) Met. Zeitsehr., 1903, S. 275.
ie ) Der Einfluß v. Wasserflächen a. d. Cumulus-Bildung. Ann. Hydr., 1926, S. 401.