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Aus dem Archiv der Deutschen See warte. — 46. Bd. Nr. 2.
die mit der Höhe über NW nach W zurückdrehte. Beim Nachmittagaufstieg (Nr. 29) erstreckte sich
die NW Richtung bis 2400 m, wo dann eine Reibungsschicht einsetzte. Darüber erfolgte in den höheren
Schichten ein ganz allmähliger Übergang zur W Strömung, die bei 6000 m sich durchsetzte. Am 21.
hatten wir den Bereich des zykionalen Systems verlassen und gelangten ganz unter den Einfluß der
Antizyklone, deren Schwerpunkt sich etwas weiter südöstlich verlagert hatte. Eine kräftige NE-Strö-
mung überflutet das ganze Karibische Meer und kommt in dem Morgenaufstieg von La Guayra (Nr. SO)
zum Vorschein. Bei diesem Aufstieg reicht bis 500 m der Seewind mit einer NE-Komponente, darüber
herrscht dann bis 5000 m die gleichmäßige ENE Strömung, die mit weiterer Höhenzunahme rechts dreht
und von 6000 m ab von einer Gegenströmung aus W, von 8000 m ab aus SW abgelöst wird. Ein Auf
treten des Antipassats ist darin nicht zu erblicken, da in diesen Breiten, wie bei Besprechung der
Gruppenmittel schon gezeigt wurde, derselbe erst bei 10000 m einsetzt. Tatsächlich ist auch bei diesem
Aufstiege zwischen 10 000 und 10 400 m ein scharfer Knick in der Kurve zu beobachten, der den Über
gang aus der SW Strömung in eine WNW Strömung darstellt. Hier ist wohl das Auftreten des Anti
passats anzusetzen. Diese Wetterlage verdient insofern besondere Erwähnung, weil in diesen Breiten
mit der sonst üblichen Ostströmung eine so ausgesprochene Westwind-Wetterlage auffallend ist. Die
durch diese Wetterlage geschaffenen Strömungsverhältnisse gaben, wie schon früher erwähnt, Anlaß
zur Trennung des Küstenstreifens von Venezuela in eine östliche und eine westliche Hälfte bei der
Zusammenfassung der Höhenwindergebnisse nach Gruppen.
Nach den durch Polarlufteinbrüche stark gestörten Tagen unseres Aufenthaltes in Curaçao ver
dient auch der erste höhere Aufstieg, der am Nachmittag des 26. 4. (Nr. 37) möglich war, erwähnt zu
werden. Nach einer flachen, landeinwärts gerichteten Bodenströmung zeigt er eine mächtige SE Schicht,
deren oberes Ende bei 9 km noch nicht erreicht ist Es ist dies die für diese Breiten normale passa-
tische Strömung. Sie wurde mit einer sehr eindrucksvollen Konstanz in den nächsten Tagen immer
wieder angetroffen (siehe den bereits besprochenen Schnitt über das Karibische Meer).
Das normale Strömungsfeld wurde erst im Laufe des 2. Mai bei Annäherung an die Insel Haiti
durch einen sehr rasch einsetzenden, empfindlichen Kaltlufteinbruch umgestoßen. Dieser kam in den
Temperatur- und Feuchtigkeitsregistrierungen deutlich zum Ausdruck und war in den Spätnachmittag-
und Nachtstunden von Regenböen und Gewittererscheinungen begleitet. Er ist aber wohl nicht als ein
der im Karibischen Meere bekannten Norder zu bezeichnen, sondern als Folgeerscheinung eines über
Nordamerika hinwegziehenden intensiven Tiefdruckwirbels aufzufassen. Es zog nämlich unter gleich
zeitiger Vertiefung ein abgeschlossener Wirbel in der Zeit vom 28. April bis 2. Mai auf der in Karte No. 4
(s. Tafel 5) angegebenen Bahn von etwa 100° nach 60° westlicher Länge, der am 30. nachmittags mit
seinem Kern bis 35° N. Br. herabreichte. Wie die Druckverteilung am 2. 5. morgens zeigt, lag der
Kern dieses Wirbels an der Südostküste Neufundlands, während eine Antizyklone über der südlichen
Ostküste Nordamerikas mit einem umfangreichen Hochdruckgebiet im Norden des Kontinents durch eine
Brücke hohen Druckes, die sich auf der Rückseite des abziehenden Wirbels aufgebaut hatte, verbunden
war. An der Ostflanke dieses Hochdrucksystems strömten nun Kaltluftmassen südwärts vor und hatten
am Morgen des 2. Mai bereits den Golf von Mexiko erreicht, wo die Temperaturen zwischen 21° und
24° lagen, während sie im Gebiet der Antillen noch um 28° schwankten. Der Morgenaufstieg an diesem
Tage (Nr. 47) zeigte bis 2250 m ESE-Strömung. Der passatische Charakter der unteren Strömung hatte
noch keinerlei Änderung erfahren. Darüber erfolgte eine bemerkenswerte langsame Linksdrehung, die
von 2750 m ab sich als reiner NE-Wind zeigte — ein starker Gegensatz zu den vorhergehenden Tagen.
Beim Nachmittagaufstieg (Nr. 48) der bis zum str - cu - Niveau in 510 m reichte, hatte sich bereits
durchweg eine NEzN-Strömung bis zum Boden durchgesetzt. Die Kaltluftmassen mit ihren bekannten
Begleiterscheinungen kamen nun ganz zur Auswirkung. Die Differenz zwischen Wasser und der sich
abkühlenden Luft nahm dabei innerhalb von 6 Stunden um 2.9° zu. Die Pilotmessungen am folgenden
Tage (Nr. 49) vom Hafen St. Marc auf Haiti aus zeigte in den höheren Schichten bereits wieder den
Übergang zum zykionalen System. Wir befanden uns am Südabhang des von der amerikanischen Ost
küste rasch ostwärts wandernden Hochdruckes und kamen immer mehr in den Einflußbereich des