16 Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 46. Bd. Nr. 2.
westindischen Inselbereich als das Niveau der ni-Bewölkung stark in Erscheinung. Darüber hinaus bis
etwa 2400 m (Hergesells Passat-Inversion) tritt die virtuelle Reibung in den Vordergrund. Es ist das
die Zone der hochschießenden Turbulenzwirbel. Die große Unregelmäßigkeit der Höhenlage der Un
stetigkeiten zwischen 1200 und 1500 m ist wohl als ein Ausdruck dafür anzusehen, daß je nach den
thermischen Verhältnissen der untersten Schichten eine verschieden hohe Turbulenzzone sich einstellt.
Dasselbe Bild der Reibungsverhältnisse zeigt sich auch an der Oberfläche der Passatschicht, wo der
nach Richtung und Geschwindigkeit verschiedene Oberwind einsetzt. Die mi so großer Gleichmäßigkeit
auftretenden Grenzschichten bei 3200 und 3600 m dürften wohl damit Zusammenhängen. Die Störungs
schichten über 5000 m sind mit dem Antipassat in Verbindung zu bringen. Sie geben die Struktur des
Antipassats mit den mittleren Grenzschichten 6200, 7200, 8600, 9600 in, 11 und 12 km. Diese Werte
liegen im Bereiche, wo die Drehschicht zwischen passatischen Ostwinden und dem Antipassat und die
Grenze zwischen abgelenktem und reinem Passat anzusetzen ist
Die Ilauptstönmgsschichten sind aber keineswegs an das Passatgebiet gebunden, sondern kommen
ebenso im europäischen Westwindgebiet deutlich zum Ausdruck. Die untersten Schichten 500—700 m
und 1200—1500 m sind in unseren Breiten ebenfalls als das Niveau der Turbulenzwolken fr-cu, str-eu
und cu ausgezeichnet. Die nächste Doppelschicht bei 2400—2800 m ist gleichfalls im Westwindgebiet
markant ausgeprägt. W. Pep p ler 11 ) hat nach den Lindenberger-Aufstiegen nachgewiesen, daß die
Hauptschichtflächen des Westwindsystems eine Doppelschichtung besitzen, und zwar häufen sich die In
versionen bei 2400 und 2800 und dann wieder bei 4000 und 4400 m. Letztere Schichtung tritt auch in
obiger Tabelle klar hervor. Die aerologischen Flugzeugaufstiege haben ergeben, daß bei 4000 bis 4500 m
fast regelmäßig Luftunruhe oder Böigkeit angetroffen wird und daß gleichzeitig dort sehr häufig eine
Dunstschicht auftritt. Die Doppelschicht 3200 und 3600 mit einer Wolkenschicht bei etwa 3500 m, die
mit so großer Regelmäßigkeit beobachtet wurde, scheint im Westwindgebiet nicht derart klar zum Aus
druck zu kommen. Die Wolkenbeobachtungen über den Festlandstationen des internationalen Wolken
jahres 1896/97, die von Süring”) zusammengestellt worden sind, zeigen auch das Fehlen der 3000 m
Schichten in der Reihe der Wolkenhöhen. Diese Schicht scheint mehr an das Passatgebiet gebunden
zu sein.
3. Höhenwinde und Wetterlagen.
Die Zusammenfassung der Aufstiege zu Gruppen bringt naturgemäß eine gewisse Verwischung
charakteristischer Einzelheiten mit sich. Es erscheint daher angebracht, in ähnlicher Weise, wie dies
auch in den meisten vorhergehenden Berichten geschehen ist, einige charakteristische Züge der Einzel
messungen mit der Wetterlage in Verbindung zu bringen.
Um die Wetterlage möglichst genau feststellen zu können, wurden für den Nordatlantik die Tages
wetterkarten des Nordatlantik noch durch weitere Schiffsmeldungen ergänzt, soweit diese den im Archiv
der Seewarte befindlichen Tagebüchern deutscher Schilfe entnommen werden konnten. Allerdings wagen
es die Verfasser nicht zu behaupten, daß es ihnen selbst nach diesen Ergänzungen gelungen ist, Druck-
und Strömungsfeld vollkommen zu erfassen. Die für den täglichen Wetterdienst nur in spärlichem Maße
zur synoptischen Darstellung verfügbaren Wettermeldungen vom Ozean täuschen in den meisten Fällen
ein gegenüber den wirklichen Verhältnissen sehr einfaches Bild vor. Die Verfasser mußten sich wäh
rend der Fahrt mehrfach davon überzeugen, daß die vom Lande her gegebenen Situationsberichte sich
gar nicht mit den am Schiffsort angetroffenen Strömungen in Einklang bringen ließen. Bedeutend ge
sicherter ist die Darstellung der Wetterlage zur Zeit des Aufenthaltes im Bereiche der Westindischen
Inseln und im Karibischen Meer. Hier standen zunächst die Wetterkarten der Vereinigten Staaten und
von Mexiko zur Verfügung. Und diese konnten in schöner Weise durch ein sehr reichhaltiges Schiff s-
II ) W. P e p p 1 e v , Ergebnisse der Eindenberger Messungen der Wolkenhöhen mit Drache« und Fesselballons,
Met. Z. 1920, S. 189.
,a ) Sprung und Süring, Ergebnisse der Wolkenbeobachtuugen in Potsdam, Berlin 1903.